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3,5-Millionen-Euro-Projekt in OverathProtestanten bauen eine neue Kirche

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In der Friedenskirche predigt heute Pastor Andreas Siemens (M.).

In der Friedenskirche predigt heute Pastor Andreas Siemens (M.).

Overath – Es geschehen noch Zeichen und Wunder: In einer Zeit, in der allerorten Kirchen geschlossen und entweiht werden, entsteht mitten im Bergischen ein neues christliches Gotteshaus.

Seit Ostern 2017 müssen die Overather Protestanten auf eine eigene Kirche verzichten und sind auf die Gastfreundschaft der Katholiken und der Protestanten im Nachbarort Lohmar-Honrath angewiesen, doch kommende Woche setzen sie ein sichtbares Zeichen, dass das Ende ihres Wartens nahe ist. Mit einer symbolischen Schlüsselübergabe an den Architekten beginnt am Mittwoch um 12 Uhr mittags offiziell die „Baumaßnahme Neubau der evangelischen Kirche sowie die Sanierung und der Umbau des Gemeindezentrums“.

Pfarrhaus wird verkauft

Verkauft und Verbracht

Die Versöhnungskirche wurde 1951 als Notkirche für die nach dem Krieg nach Overath gekommenen Flüchtlinge gebaut. Am 22. Juli 1951 fand die Einweihung statt. Das Gemeindezentrum wurde erst 1970 in Betrieb genommen. Entwidmet wurde die Kirche am Ostersonntag 2017, dem 16. April, und im Anschluss in das LVR-Freilichtmuseum nach Kommern verbracht.

Die Friedenskirche wurde am 24. Januar 1965 eingeweiht. Sie wurde vor allem für die Siebenbürger Sachsen errichtet. Den Schließungsbeschluss fasste die Gemeinde am 25. Januar 2015 und verkaufte das Ensemble 2017 für 600 000 Euro an die Freikirche Overath. Am 26. März 2017 wurde die Kirche entwidmet und von der Freikirche am 8. Oktober 2017 neu eingeweiht.

Das Datum für das Signal vom Klarenberg, dem sich beizeiten die offizielle Grundsteinlegung anschließen soll, haben die Protestanten mit Bedacht gewählt. Der 31. Oktober ist der Reformationstag, an dem Martin Luther 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben soll. Das sei doch ein „schöner Tag, um eine evangelische Kirche auf den Weg zu bringen“, sagt die Vorsitzende des Presbyteriums, Pfarrerin Martina-Palm-Gerhards. Fragen zu Architektur und Kosten reicht die Seelsorgerin an den für die Finanzen zuständigen Kirchmeister Christian Schmidt weiter, und der gibt gerne Auskunft: Die erwarteten Kosten lägen jetzt bei „etwas über 3,4 Millionen Euro. Wir haben das Budget auf 3,5 Millionen gedeckelt.“

Um den Neubau zu finanzieren, hat die Gemeinde auch beschlossen, ihr Pfarrhaus zu verkaufen – was in der Folge zu Verzögerungen beim Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans im Stadtrat führte. Zunächst war die Gemeinde nach einem Architektenwettbewerb nur von zwei Millionen Euro Kosten ausgegangen. Maßgeblich für den späteren Anstieg war laut Schmidt aber nicht die Baukonjunktur, sondern die Entscheidung, nicht nur die Kirche neu zu bauen, sondern auch das 1970 errichtete Gemeindehaus energetisch zu modernisieren.

Mit dem jetzt anstehenden Startschuss zum Neubau gehen die Protestanten den Weg weiter, zu dem sie sich Anfang 2015 unter großen Schmerzen entschlossen hatten. Damals gab es noch gleich zwei evangelische Kirchen in Overath: Zum einen die neu zu bauende Versöhnungskirche, zum anderen die Friedenskirche in Neichen (siehe Infokasten).

Zahl der Protestanten ist gesunken

Den Beschluss, sich von beiden Kirchen zu trennen und neu zu bauen, begründete 2015 der damalige Presbyteriumsvorsitzende, Pfarrer Karl-Ulrich Büscher, mit den Worten „Wir setzen uns kleiner.“ Büscher verglich die Situation der Gemeinde mit der einer Familie, in der die Kinder aus dem Haus sind. Die Zahl der Protestanten in Overath sei in 13 Jahren von 5500 auf 4700 gesunken – das seien rund 15 Prozent Rückgang. Ursächlich dafür seien weniger die Kirchenaustritte als der demografische Wandel. „Es werden weniger Kinder geboren, und nicht geborene Kinder können auch keine Kinder bekommen.“

Ganz aktuell senden die Protestanten aber wieder zuversichtlichere Signale. Seit sie vorübergehend kein eigenes Zuhause mehr haben, feiern sie ihre Gottesdienste meist in der katholischen Kirche in Vilkerath. Schön sei es da, nur manchmal ein bisschen kalt, sagt Pfarrerin Palm-Gerhards, aber das Problem hätten die Katholiken dort ja genauso. Für Taufen und Hochzeiten gehe es in die evangelische Kirche in Honrath, und zu Weihnachten gastieren die Protestanten in St. Barbara in Steinenbrück.

In der Zeit der Improvisation habe sich die Zahl der Gottesdienstbesucher nicht verringert, vielmehr steige die Zahl der Taufen und Hochzeiten, und 50 neue Konfirmanden habe die Gemeinde auch. Bei so viel Zuversicht nennt die Pfarrerin auch das erhoffte Einzugdatum für die neue Kirche: Pfingsten 2020 sollte es so weit sein – wenn es denn nicht doch noch die bauüblichen unangenehmen Überraschungen geben sollte.

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