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Porträt Grünen-KandidatDas sagt Maik Außendorf zu Mobilität, Gendern und Schulen

Lesezeit 5 Minuten
Treffpunkt Saaler Mühle: Maik Außendorf mit dem Kollegen von Radio Berg und Autor Matthias Niewels.

Treffpunkt Saaler Mühle: Maik Außendorf mit dem Kollegen von Radio Berg und Autor Matthias Niewels.

Rhein-Berg – Maik Außendorf kommt standesgemäß mit dem E-Bike zum Termin „1000 Schritte zur Bundestagswahl“. Startpunkt Saaler Mühle, Bergisch Gladbach. Die Anschaffung eines Elektroautos ist vom Direkt-Kandidaten der Grünen geplant. Aber auch dann will er, wenn es geht, so viel wie möglich Fahrrad fahren. Außendorf, 1971 in Münster geboren, hat Mathematik und Informatik in Münster studiert, in Kolumbien erste Berufserfahrungen für Siemens gemacht und in Köln ein Unternehmen für IT-Beratung gegründet.

Er ist so etwas wie die personifizierte Weiterentwicklung der Grünen. 2021 soll es für ihn mit dem E-Bike nach Berlin gehen. Außendorf will nicht aufhalten und verhindern, er will gestalten. Mit Frau und zwei Kindern, Zwillingen, führt er ein ziemlich bürgerliches Leben. Sein Hobby Eisschnelllauf ist vielleicht hipp, aber auf keinen Fall alternativ.

Autos auch noch in Zukunft, nur eben weniger

Mit dem Landeslistenplatz 18 ist so gut wie sicher, dass Außendorf seine Überzeugungen und seinen ruhigen Stil der politischen Auseinandersetzung in den nächsten Bundestag einbringen wird. Nur wenn die Grünen unter zwölf Prozent kommen, muss er um seinen geplanten Umzug bangen. Das hält er für ausgeschlossen: „Ich muss mich wohl daran gewöhnen, dass ich nun Berufspolitiker bin.“

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Direktkandidaten

Um das Direktmandat für den Bundestag im Wahlkreis 100/Rheinisch-Bergischer Kreis bewerben sich bei der Bundestagswahl am 26. September Dr. Hermann-Josef Tebroke (CDU), Kastriot Krasniqi (SPD), Christian Lindner (FDP), Maik Außendorf (Grüne), Dr. Harald Weyel (AfD), Isabelle Casel (Linke) , Uwe Wirges (Freie Wähler), Markus Blümke (Volt) und Helga Aufmkolk (Die Basis). (wg)

An der Saaler Mühle, gleich neben dem alten Bahndamm zwischen Bergisch Gladbach und Bensberg, erklärt Außendorf, dass es sicher auch noch in Zukunft Autos geben wird. Aber eben wesentlich weniger. Das Wort „Zwang“ vermeidet er beim Thema Mobilität. „Wir müssen das eine attraktiver machen und das andere weniger attraktiv.“

In Klimaschutz investieren lohnt sich

Also Schluss mit der offenen und versteckten Subventionierung für das Auto und mehr Geld, direkt und indirekt, fürs Rad und für öffentlichen Nahverkehr. Außendorf, der dabei von Städten wie Kopenhagen schwärmt, glaubt, dass auch die Menschen hier bei seinen Visionen mitziehen. „Mehr Räder und ÖPNV entlasten ja die Straßen und sorgen für weniger Staus.“

Beim Rundgang um die Saaler Mühle weicht Außendorf keinen Zentimeter vom grünen Programm ab. Das wirkt fast ein wenig zu eingeübt, zu glatt. Manchmal kann Außendorfs Ruhe wie Arroganz wirken. Sind Grüne wirtschaftsfeindlich? Nein, natürlich nicht. Jeder in Klimaschutz investierte Euro rechne sich. Und wenn wir weiter warten, wird es nur noch teurer. 50 Milliarden wollen Außendorfs Grüne pro Jahr in die Verbesserung der digitalen Infrastruktur stecken. Erst mit Einsatz von schnellem Internet in jedem Winkel des Landes sei die Voraussetzung gegeben, bei der Digitalisierung durchzustarten.

„Intelligente“ Preise entsprechend Klimabilanz

Durch Investitionen in den Klimaschutz werde, so argumentiert Außendorf, ein neues Wirtschaftswachstum ausgelöst. Unterm Strich könnten die aufgenommenen Schulden schnell abgebaut werden. Außendorf propagiert im Vorbeigang an der Krüger-Fabrik („Für den geplanten Verwaltungsneubau darf kein Wald geopfert werden“) nicht mehr und nicht weniger als das Ende einer Wirtschaftspolitik, wie wir sie bisher kennen: Am Anfang jeder Wertschöpfung stehe bisher der Einsatz möglichst billiger Roh- und Betriebsstoffe. Diese sollten allesamt erheblich teurer werden.

Die Preise für Produkte sollen „intelligent“ entsprechend ihrer Klimaschädlichkeit berechnet werden. Etwa wie viel Kohlendioxid bei der Produktion entsteht. Der Ressourcenverbrauch könne durch den Einsatz moderner Technik massiv gesenkt werden.

Personalschlüssen an Schulen drastisch erhöhen

Ein verrückter Ansatz? Außendorf fällt es leicht, Beispiele zu nennen, wie verrückt die bisherige Politik in Sachen Wirtschaft agiert. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum in Leverkusen die Verbrennungsanlage für Giftmüll, die explodiert ist, einen vorgeschriebenen Abstand zur nächsten Wohnbebauung von 300 Metern habe, eine Windkraftanlage aber von 1000 Metern. 80 Prozent der Bevölkerung sei für den Ausbau der Windkraft. Das Land sei für eine neue, progressive Politik bereit.

Kandidaten-Podcast

„1000 Schritte zur Bundestagswahl“: Spaziergänge, bei denen Redaktionsmitglieder mit den Direktkandidaten der im Bundestag oder Rhein-Bergs Räten vertretenen Parteien über ihren Weg in die Politik, ihre Ziele und Arbeit sprechen, kann man im Internet kostenlos anhören und herunterladen – im Podcast von Bergischer Landeszeitung, „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Radio Berg.

Maik Außendorf will Milliarden in Klimaschutz investieren, weitere Milliarden in Bildung. An der Saaler Mühle geht es vorbei an Gymnasium und Realschule. Wenn es nach Außendorf ginge, wäre die Schule der Zukunft eine Gesamtschule – nur eine Gesamtschule. Der Personalschlüssel müsse drastisch erhöht werden. Mehr Lehrer, mehr Sozialarbeiter und mehr Bürokräfte, die die Pädagogen von der Verwaltungsarbeit befreien, damit die sich tatsächlich um ihre Schüler und Schülerinnen kümmern können. Und wieder argumentiert Außendorf mit „gut angelegten“ Geld. Bildungsausgaben als Investitionen, die sich auszahlen.

Kein schlechtes Wort über Annalena Baerbock

In einem Punkt ist Außendorf nicht mit ganzen Herzen bei seinen Grünen. Ja, im schriftlichen gebe er sich Mühe, konsequent zu gendern. Beim gesprochenen Wort falle ihm das schwer. „Da bin ich mit 50 Jahren nicht auf dem neuesten Stand.“ Innerhalb der Grünen werde auf die Gender-Sprache geachtet. Zu einem Zwang dürfe das nicht werden.

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Als Bundestagsmitglied werde sein Mittelpunkt in Gladbach bleiben. Sein Ratsmandat werde er aber niederlegen. „Was ich schade finde, denn ich habe ja die Ampelkoalition mit auf den Weg gebracht.“ Auch in Berlin ist sein Wunschpartner die SPD. In Gladbach laufe es jedenfalls gut.

Außendorf hofft auf das Direktmandat und sieht dafür auch gute Chancen. FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner würde dem CDU-Kandidaten Hermann-Josef Tebroke sicher Stimmen klauen. Er sei hoffentlich der lachende Dritte. Und, nebenbei, kein schlechtes Wort zu Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock. Im Vorfeld hätte man ihren Lebenslauf genauer prüfen sollen. Aber das, was man ihr vorwerfe, seien im Grunde doch Kleinigkeiten.

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