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SPD-Kandidat Rösrath im Interview„Ich wurde bei wichtigen Themen ausgebremst“

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Brian Müschenborn hat sich als SPD-Bürgermeisterkandidat von der Wahl zurückgezogen.

Brian Müschenborn hat sich als SPD-Bürgermeisterkandidat von der Wahl zurückgezogen.

  • Brian Müschenborn hat sich nach „unglaublichen Kommunikationsschwierigkeiten“ aus dem Rennen um das Rösrather Bürgermeisteramt zurückgezogen.
  • Im Interview spricht er über die Probleme seiner Partei und die Absage zur Wahl.
  • Außerdem schaut er auf die Zukunft der Rösrather SPD, wenn es denn eine gibt.

Rösrath – Nach „unglaublichen Kommunikationsschwierigkeiten“ in seiner Partei hat Brian Müschenborn darauf verzichtet, als SPD-Bürgermeisterkandidat anzutreten. Über die Hintergründe und neue Wege der SPD sprach er mit Thomas Rausch.

Ihren Rückzug haben Sie damit begründet, dass ein „konstruktiver Dialog“ im SPD-Vorstand nicht möglich gewesen sei. Wie kann man sich das vorstellen?

Müschenborn: Ich habe viel nachgedacht in diesen sehr anstrengenden Wochen und mich gefragt: Bekommen wir das Ruder noch einmal herumgerissen? Ein Bekannter hat die Angst der gesamten SPD verglichen mit der Angst einer Person an einem Geldautomaten, die schon zweimal die falsche Geheimzahl eingegeben hat. Das habe ich an vielen Stellen gespürt – die Angst, den großen Wurf zu machen. Auch die Angst, Stammwähler zu verlieren. Ich wollte wegkommen von einer verwalteten Politik, hin zu einer politisierten Verwaltung, zu einer größeren Bürgerbeteiligung.

Und dabei hat Ihre Partei nicht mitgemacht?

Ich stieß immer wieder auf Ängste, Verfahrensfehler zu machen. Ich wurde bei wichtigen Themen ausgebremst. Ein Beispiel ist die Veränderung der Mobilität. Dazu habe ich eine Aktion – wohlgemerkt nicht mehr als eine Veranstaltung – vorgeschlagen, einen autofreien Sonntag im Sülztal. Damit stieß ich auf unglaubliches Unverständnis. Danach hat sich die Kommunikation immer mehr verhärtet.

Gab es keinen Ausweg?

Ich habe vorgeschlagen, eine externe Person hinzuzuziehen, um unsere Kommunikation zu strukturieren. Aber auch damit konnte ich mich nicht durchsetzen. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie frustrierend es ist, wenn man den Eindruck hat, dass Menschen einen nicht verstehen wollen oder können, selbst wenn man Themen immer und immer wieder durcharbeitet. Ab einem bestimmten Punkt gab es eine regelrechte Kommunikationsverweigerung.

Hatten Sie im SPD-Vorstand von Anfang an Gegner?

Der Vorstand hat mich einstimmig nominiert. Es kann aber sein, dass ich so manchem Bauchschmerzen bereitet habe. Ich bin kein Klein-Klein-Denker. Vielleicht habe ich manche mit meiner Art und meinen Ideen bedauerlicherweise überrollt und überfordert. Zwischen dem letzten Bürgermeisterkandidaten Dirk Mau und mir liegen Welten. Da haben Sie einen, der sich hervorragend mit der Verwaltung auskennt und einen, der darüber hinaus unkonventionell nach vorne denkt.

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Mit welchen Themen könnte die SPD in Rösrath punkten?

Als Neubürger habe ich mitbekommen, dass viele keine Ahnung haben, wer Bürgermeister ist. Der Bürgermeister wird nicht mit Themen verbunden. Da kann die SPD ansetzen. Wichtig ist, über den Tellerrand zu schauen und zu fragen: Wo sind die Nöte der Menschen, auch derjenigen, die gut situiert sind? Da geht es um Sicherheit bei der Kinderbetreuung. Um sozialen Wohnungsbau und darum, den öffentlichen Nahverkehr besser nutzbar zu machen. Ein Verkehrskonzept für Rösrath ist die zentrale ökologische Frage. Ich kann mir auch einen Rösrath-Pass – vergleichbar mit dem Köln-Pass – vorstellen, um Menschen teilhaben zu lassen. Wir müssen Armut, Nöte erkennen.

Was haben die Rösrather Probleme mit der Krise der SPD im Allgemeinen zu tun?

In der Gesellschaft gibt es massive Vorbehalte gegenüber unserer Partei. Es mangelt an Glaubwürdigkeit und an Konsequenz bei den Inhalten. Das lässt sich mit einem Personalwechsel nicht ändern. Das gilt auf Bundesebene, aber auch in Rösrath ist es mit einem neuen Kandidaten nicht getan. Wir haben das Problem, dass wir junge Leute nicht ansprechen, nicht erreichen. Wenn wir eine Politik für jedermann machen wollen, brauchen wir eine sozial-ökologische Ausrichtung. Nur so erreichen wir junge Leute und nicht nur die 14 Prozent Stammwählerschaft, die übrig geblieben sind.

Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf den Scherbenhaufen in der Rösrather SPD?

Ich spüre wenig Verbitterung. Mir tut die Entwicklung außerordentlich leid. Für mich bedeutet sie eine verpasste Chance, der sozial-ökologischen Herausforderung unserer Zeit gerecht zu werden. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Partei in Rösrath aus der Krise lernt und mutige Schritte wagt.

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