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Unwetter in Rhein-BergEin Todesopfer – Aufräumarbeiten beginnen im ganzen Kreis

Lesezeit 14 Minuten
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In Hoffnungsthal stand auch noch am Tag das Wasser der Sülz in den Straßen. Dort ertrank ein 80 Jahre alter Mann in seinem Keller. Eine weitere Person wurde in Hoffnungsthal noch vermisst. 

Rhein-Berg – Am Tage nach der Flut heißt es für viele: Realisieren, was eigentlich geschehen ist. Die Nachrichtenlage ist unübersichtlich. In manchen Teilen des Kreises scheint nichts passiert zu sein – in anderen sieht es wie in einem Katastrophengebiet aus. Von „Personenschäden“ war zunächst zumindest im Rheinisch-Bergischen Kreis keine Rede. Große Erleichterung. Dann aber die Meldung aus Rösrath, dass dort ein 80-Jähriger in seinem Keller ertrunken ist. Was dort genau geschah, ist noch unklar. Und eine weitere Person wird vermisst.

Das Sülztal scheint es besonders schwer getroffen zu haben - nicht nur wegen des Toten. Von dort kommen die dramatischsten Bilder. Menschen stehen vor ihren Häusern und können immer noch nicht glauben, was sie sehen. Klar, Hochwasser hat es immer wieder gegeben, aber so etwas? Die Geschichte war auch immer eine andere. Ein Starkregen prasselt auf knochentrockenen Boden und es kommt zu den Überschwemmungen.

Am Abend kippte die Lage

Diesmal war alles anders: Es hörte einfach nicht auf zu regnen. Die Böden waren nass, nicht trocken. Und lange sah es in Rhein-Berg auch so aus, als würde es nur stark regnen. Wenn es am Mittwochnachmittag aufgehört hätte, dann wäre wahrscheinlich überhaupt nichts passiert. Aber es regnet weiter und weiter.

Alles zum Thema Rheinenergie

Und dann kippte die Situation an vielen Orten. Kleine Bäche, Rinnsaale verwandelten sich reißende Ströme. Kurze Zeit später brach das Telefonnetz für die 112 zusammen. Und dann hörte der Regen endlich auf. Die Anwohner der Bäche konnten als erste aufatmen – aber Pegel der Flüsse wie die Sülz stiegen nun zeitversetzt. Es dauerte die ganze Nacht, bis das Wasser sich wirklich zurückzog.

Naturschutzverein fordert Umdenken der Politik

Und dann der Morgen. Überall Schlamm und der modrige Geruch nach Feuchtigkeit. In weiten Teilen des Kreises war der Strom ausgefallen – ein Problem am ganzen Tag. Menschen, deren Wohnungen unbewohnbar geworden waren, suchten eine neue Bleibe. Es war dann auch die Stunde der Hilfsbereitschaft. Und die wird in den nächsten Tagen weiter notwendig sein. Das Aufräumen hat erst begonnen.

Der Bergische Abfallwirtschaftsverband öffnet seine Wertstoffhöfe bis Ende nächster Woche von 10 Uhr bis 18 Uhr. Und langsam beginnt auch die Aufarbeitung. Der Vorsitzende des Bergischen Naturschutzvereins Mark vom Hofe fordert ein Umdenken und den Erhalt und den Ausbau von Retentionsflächen. Das Thema Hochwasserschutz bekommt nach dem 14. Juli 2021 sicher eine neue Bedeutung. 

Die Ereignisse im Ticker zum Nachlesen

  • Donnerstag, 15. Juli

Unwetter Lage entspannt sich weiter

17.26 Uhr: Nach einem weiteren Zusammenkommens des Städtischen Stab für Außergewöhnliche Ereignisse (SAE) schildert die Stadt Bergisch Gladbach, dass sich die Lage weiter entspannt. 

Die Gebäude an der Odenthaler Straße, die besonders stark überspült war, waren am Vormittag noch auf ihre Statik überprüft worden, konnten aber am Nachmittag wieder an ihre Eigentümer übergeben werden.

Die Feuerwehr ist weiter im Stadtgebiet im Einsatz. Von mehreren hundert Einsatzorten seien noch etwa 20 offen, so die Stadt in einer Pressemitteilung.

Die städtischen Gebäude scheinen den Regen relativ gut überstanden zu haben. Einige Keller müssen leergepumpt werden, und auf Neuigkeiten aus dem Klärwerk werde noch gewartet

40 Menschen mussten in Odenthal evakuiert werden

15.17 Uhr: In Odenthal waren vor allem die Talbereiche stark betroffen. Die Dhünn trat über die Ufer, flutete auch den Friedhof an der Dorfstraße bis über die Höhe der Grabsteine hinweg. Zudem drohten an mehreren Stellen Hänge abzurutschen. Mit Unterstützung der DLRG mussten rund 40 Anwohner am Rösberg, am Mühlenweg und an der Dorfstraße evakuiert werden.

Mitarbeiter des Kreisbauamtes prüfen, ob dort weitere Schäden durch Bewegungen des Erdreichs drohen. Die Freiwillige Feuerwehr war rund um die Uhr im Einsatz, um umgestürzte Bäume zu beseitigen und vollgelaufene Keller abzupumpen. Ein Wehrmann wurde dabei leicht verletzt.

Von den 240 Schadensmeldungen konnten erst knapp die Hälfte abgearbeitet werden, ließ die Gemeindeverwaltung wissen, die ebenfalls etliche Mitarbeiter im Notfalleinsatz hatte. 

Land unter hieß es auch in Altenberg. Obwohl der Dombereich mit Sandsäcken geschützt wurde, liefen die Keller des Doms, der Markuskapelle, von Haus Altenberg sowie der benachbarten gastronomischen Betriebe voll. Am Alten Bauhaus brannte eine Trafostation. „Wir spechen hier von Schäden massiver Art“, sagte Bürgermeister Robert Lennerts, der zudem die Bürger aufforderte, nur das Nötigste in die Kanäle einzuleiten, weil die Kläranlage in Osenau ausgefallen ist und vermutlich erst in einigen Tagen wieder in Betrieb genommen werden kann.

In mehreren Ortsteilen gab es Stromausfälle. „Wir haben enorme Sachschäden, aber es gibt Kommunen im Kreis, die es noch schlimmer getroffen hat“, zog Lennerts Bilanz. Überlegt werde zurzeit, wie man die Bürger bei der Entsorgung der angefallenen Müllmengen unterstützen könne. (kme)

Menschen in Overath mit Booten gerettet

14.56 Uhr: In Overath ist die Feuerwehr noch voll im Einsatz, mit rund 150 bis 170 Kräften. „Wir hatten am Mittwoch rund 300 Meldungen, 150 müssen wir noch abarbeiten“, sagte am Morgen die Pressesprecherin der Overather Wehr, Sabine Schmitz. „Wir haben Wohnungen, die vollständig unter Wasser stehen“, schilderte sie, „bis zur Oberkante der Tür.“

Auf der Olper Straße sei es ganz schlimm gewesen, ebenso in Vilkerath, also an Sülz und Agger. In einigen Bereichen könne die Wehr noch immer wenig tun. Da seien die Flusspegel so hoch, dass das Wasser wieder in die überfluteten Gebiete reinlaufe.

Overaths Bürgermeister Christoph Nicodemus war nur via Handy zu sprechen, der Netzbetreiber sei ebenfalls „abgesoffen“ und die Overather Stadtverwaltung nur über eine Notfallnummer erreichbar, schilderte er.

Nicodemus äußerte sich betroffen über die Überflutungen, der Schaden sei noch gar nicht absehbar und für viele Menschen „eine Katastrophe“. Die Feuerwehr habe Hervorragendes geleistet, Menschen mit dem Boot aus einem Haus gerettet, auch der Bauhof habe rund um die Uhr gearbeitet, um Verkehrswege freizuhalten. 

Nicodemus: „Der Krisenstab hat heute nacht um 3.15 Uhr auch noch getagt, um gemeinsam das Vorgehen zu besprechen.“ Immerhin habe der Aggerdamm gehalten und die Evakuierung ganzer Bereiche sei der Stadt erspart geblieben, sagte der Bürgermeister. Eine Person sei aus einer Unterkunft gerettet worden, und eine Feuerwehrfrau habe einen leichten Stromschlag erlitten. Einige Personen habe die Stadt im Hotel Alte Poststation untergebracht.

Nicodemus kündigte an, dass die Stadt Container zur Verfügung stellen werde, zur Entsorgung von Treibgut und beschädigten Möbeln. (jer)

VR Bank Bergisch Gladbach kann Filialen nicht öffnen

14.53 Uhr: Vier ihrer Filialen kann die VR Bank Bergisch Gladbach-Leverkusen wegen der massiven Regenfälle vorerst nicht öffnen. Betroffen sind nach Auskunft von Vorstandsmitglied Alexander Litz zwei Standorte im Rheinisch-Bergischen Kreis und zwei im Bereich Leverkusen.

„In unseren Räumen in Overath-Untereschbach laufen zurzeit noch drei Pumpen, die das Wasser rausholen“, schildert Litz die Lage. Die Filiale in Rösrath-Hoffnungsthal sei nicht zu erreichen, weil rundherum die Straßen gesperrt seien. Das sei auch bei der Filiale in Leichlingen der Fall. Der vierte betroffene Standort der Genossenschaftsbank ist Schlebusch. Dort werde ebenfalls noch Wasser abgepumpt.

„Wir haben in den vier Filialen die Wertsachen gesichert. Auch die Sicherheit der Bankstandorte insgesamt ist trotz des Wasserschadens gewährleistet“, sagt Litz. (dr)

80-Jähriger ertrinkt im eigenen Keller in Rösrath

13.06 Uhr: In Rösrath ist ein 80-jähriger Mann in der Nacht in seinem Keller ertrunken. Das teilten Polizei und Feuerwehr am Donnerstag auf Nachfrage mit. Zu den genauen Umständen des Todes wird zur Zeit noch ermittelt.

Kreisbrandmeister Weiden berichtete, dass in Rösrath auch eine weitere Person vermisst wird. Einsatzkräfte vermuteten auch hier eine Notsituation in einem Keller und schickten Taucher in das betreffende Haus, die allerdings nichts fanden. Die Person wird weiterhin vermisst.

Die Sülz hatte sich zu einem breiten und reißenden Fluss entwickelt, für die Haushalte in Ufernähe wurde es nass und häufig sogar bedrohlich. Besonders betroffen war Hoffnungsthal. Das Sülzwasser reichte fast bis an die Sülzbrücke, die Durchfahrt auf der Hauptstraße wurde gesperrt.

Das zwang die Betroffenen zu enormen Umwegen, als Autoroute von Hoffnungsthal nach Bensberg wählten sie eine Strecke über die Hoffnungsthaler Berge und weiter über Overath-Heiligenhaus. Noch extremer war die Situation im öffentlichen Nahverkehr, die Bahnverbindung mit der RB 25 nach Köln und ins Oberbergische war auch am Donnerstagnachmittag noch unterbrochen, eine Wiederöffnung der Strecke zunächst noch nicht absehbar. Für Fahrten zwischen Köln und Rösrath empfahl die Deutsche Bahn, auf die Straßenbahn-Verbindung mit der Linie 9 nach Köln-Königsforst und den Bus 423 auszuweichen.

Indessen standen in der Hoffnungsthaler Ortsmitte, insbesondere in Volberg, viele Keller unter Wasser, Geschäfte blieben geschlossen. Auch der Keller und das Erdgeschoss des Rathauses waren überflutet, das führte zu einem Ausfall der Technik. Die Stadtverwaltung war zunächst nicht zu erreichen, das Rathaus blieb geschlossen, diese Situation soll bis Montag andauern.

Kreisbrandmeister Weiden zur Lage in Rhein-Berg 

12.43 Uhr: Kreisbrandmeister Wolfgang Weiden äußerte sich am Mittag zur Lage im Rheinisch-Bergischen Kreis. Besonders schwer betroffen seien von den Starkregenfällen am Vortag neben Leichlingen vor allem Bergisch Gladbach, Rösrath, Odenthal und Overath. Überall wurden Straßen überflutet und liefen Keller voll, viele Gebäude mussten geräumt werden und sind noch nicht wieder zugänglich. Das Pflegeheim Wöllner Stift in Rösrath wurde evakuiert.

In Overath drangen die Wassermassen in die Rettungswache der Feuerwehr selbst ein. Während Fahrzeuge und Materialien rechtzeitig gesichert werden konnten, ist die Haustechnik in Mitleidenschaft gezogen. 

In Odenthal flutete das Hochwasser unter anderem den Altenberger Dom, als die Dhünn über die Ufer trat. Einige Häuser sind momentan selbst für die Feuerwehr noch nicht zu erreichen. Abpumpen könne man erst, wenn die Dhünn sich etwas weiter zurückgezogen habe, erklärt Weiden, „vorher hat das keinen Sinn.“ 

In der Nacht wurden außerdem zwei Pkw von umgestürzten Bäumen getroffen, eines der Autos war ein Einsatzfahrzeug der Polizei. Schwer verletzt wurde dabei glücklicherweise niemand.

Weiden rechnet damit, dass die Abarbeitung aller Einsatzorte noch mehrere Tage in Anspruch nehmen wird. „Wenn wir alle Einsatzstellen abarbeiten müssen, kann das so fünf, sechs Tage dauern“, so Weiden. Er sehe aber jetzt schon, wie viele Menschen im Kreis beginnen, sich selbst zu helfen und beispielsweise Keller eigenständig abpumpen. 

Besonders wichtig: Auf keinen Fall den Notruf wählen oder in der Leitstelle anrufen, um nachzufragen, wann der Keller ausgepumpt wird. Weiden betonte, dass die Leitstelle gut ausgestattet sei und absolut ausreichende Kapazitäten für echte Notrufe habe. Diese Art von Anrufen, bei denen es sich nicht um eine konkrete Gefahrensituation handle, verstopften aber die Leitungen. In der Nacht konnten deswegen einige Anrufe nicht angenommen werden. Man werde sich um alle Einsatzorte kümmern, so der Kreisbrandmeister, aber die Sicherung und Rettung von Leib und Leben haben eben Vorrang. Notrufe also unbedingt freihalten!

EVK Bergisch Gladbach übernimmt Patienten aus Leverkusen

12.12 Uhr: Nachdem am Mittwochabend das Klinikum Leverkusen evakuiert werden musste, nimmt das Evangelische Krankenhaus Bergisch Gladbach und die angeschlossenen Einrichtungen Patientinnen und Patienten von dort aus. Im Klinikum war in der Nacht der Strom ausgefallen, das Haus musste komplett geräumt werden. Demgegenüber blieb das EVK und die Einrichtungen auf dem Quirlsberg weitgehend ohne Schaden – lediglich in einem wenig genutzten und alten Teil des Krankenhauses war etwas Wasser in einen Keller geflossen, wie das EVK in einer Mitteilung erklärt. 

Einige Leverkusener Patienten konnten bereits untergebracht werden, weitere Kapazitäten würden zur Stunde geschaffen, so die Pressestelle des Krankenhauses. Im EVK Hospiz wird wohl ein Palliativ-Patient aus Leverkusen unterkommen.

Rheinenergie meldet Stromausfälle im Kreis

12.07 Uhr: Die Rheinenergie meldet am Mittag Stromausfälle in einigen Orten im Rheinisch-Bergischen Kreis. Betroffen seien große Teile von Burscheid, Odenthal und Bergisch Gladbach, außerdem viele einzelne Haushalte, in denen der Strom wegen des Wassers abgestellt werden musste oder ausfiel. Alle verfügbaren Teams und Einsatzfahrzeuge sed Mobilen Entstördienstes seien unterwegs, um die Schäden schnellstmöglich zu reparieren heißt es in einer Mitteilung.

A3 Zwischen Rösrath und Königsforst eingeschränkt

12.04 Uhr: Auf der A3 Richtung Oberhausen ist die Fahrbahn zwischen Rösrath und Königsforst zeitweise auf zwei von drei Spuren verengt. Fahrbahnschäden, die durch Unwetter und Hochwasser entstanden sind, müssen repariert werden. Wann die dritte Spur wieder freigegeben wird, ist noch unklar.  

LVR von Hochwasser stark betroffen

11.49 Uhr: Das LVR-Industriemuseum in Bergisch Gladbach teilt am Vormittag mit, dass es „vom Unwetter und Hochwasser stark betroffen“ ist. Auch das Freilichtmuseum in Kommern sei vom Wasser beschädigt. Ein Besuch der Dauerausstellung sei dementsprechend bis auf weiteres nicht möglich. Die Sonderausstellung „Von der Rolle. Klopapiergeschichten“ könne aber ohne Einschränkungen weiterhin bis zum 5. September besucht werden. Besucher werden gebeten, sich auf den Internetseiten zu informieren. Personen, die bereits Tickets gekauft haben, werden per E-Mail über das weiter Vorgehen informiert.

Ortsteile in Kürten flächendeckend unter Wasser

11.19 Uhr: In Kürten traf es die Sülzaue im Hauptort besonders heftig. Im Bereich der Volksbank Berg ging nichts mehr, der Keller des Bankgebäudes stand unter Wasser. Der Altenbach, der hier in die Sülz mündet, flutete die Wipperfürther Straße. „Der gesamte Sülzverlauf war betroffen“, berichtet Bürgermeister Willi Heider. In Waldmühle überspülte der Hommermühlenbach die Landstraße.

Die Ortsteile Eichhof, Sülze und Grundermühle standen flächendeckend unter Wasser. Im Dürschtal musste der Bauhof mit einem Bagger eine Familie aus ihrem Wohnhaus bergen. Weil der Dürschbach die Einfahrt geflutet hatte, konnten die Bewohner ihr Haus nicht mehr verlassen. „Die Feuerwehr war pausenlos im Einsatz von Mittwochnachmittag bis zum Donnerstag“, sagt Heider. Das Splash-Bad, betroffen durch Wasser im Technikkeller, soll nun voraussichtlich am Montag öffnen. (cbt)

Hunderte Einsatzstellen in der Stadt, keine Verletzten

10.57 Uhr: Am Morgen nach dem Starkregen beginnt die Situation in Bergisch Gladbach, sich zu beruhigen. Das Wasser habe sich „zumindest ein bisschen zurückgezogen“, so Feuerwehrsprecher Simon Schwab. Feuerwehr, technisches Hilfswerk und Kräfte der Stadt können jetzt mit den gewaltigen Aufräumarbeiten beginnen.

Weiterhin orientiert an einem Prioritätssystem, bei dem akute Gefahr für Leben vor Sachschäden eingestuft wird, werden alle Einsatzstellen in den nächsten Stunden abgearbeitet, so die Feuerwehr. Gerade besonders drängend: Die Situation auf der Odenthaler Straße. Bereits vor den Regenfällen als neuralgischer Punkt des Wassernetzes ausgemacht, ist die Straße komplett überflutet, viele Haushalte haben keinen Strom. 

Bewohnerinnen und Bewohner wurden in der Nacht in einer Notunterkunft versorgt, diese konnte inzwischen aber aufgelöst werden. Aber: Nicht alle konnten in ihre eigenen Wohnungen zurück, zwei Gebäude könnten einsturzgefährdet sein. Ein Statiker überprüft die Lage vor Ort, so Schwab.

Trotz des Chaos und der mehreren hundert Einsatzstellen hat sich der Einsatz der rund 200 Kräfte fraglos gelohnt: Am Ende der Nacht meldet die Feuerwehr nach wie vor keine Verletzten, weder unter den Bürgerinnen und Bürgern, noch unter den Wehrleuten.

  • Mittwoch, 14. Juli

Pflegeheim evakuiert – 400 Einsätze in Bergisch Gladbach

20.20 Uhr: Nachdem die Niederschläge in der Nacht zu Mittwoch begannen, sieht die Situation am Abend viel ernster aus. „Die Stadt steht unter Wasser“, sagt Feuerwehrsprecher Simon Schwab. Alle Kräfte seien mobilisiert, jeder Ehrenamtler und jede Feuerwehrfrau im Einsatz. Am Nachmittag hatte es noch so ausgesehen, als bleibe der Rheinisch-Bergische Kreis vor Schlimmerem bewahrt. Der Abend belehrte alle eines Besseren. Immerhin: Verletzt wurde niemand, wie die Feuerwehr berichtet.

Am Vormittag sprach die Feuerwehr von einigen wenigen Einsatzschwerpunkten, im Laufe des Tages kamen immer mehr Hotspots dazu, sodass Einsätze im ganzen Gladbacher Stadtgebiet durchgeführt wurden. Am Abend seien rund 400 Einsatzorte gemeldet, etwa die Hälfte von ihnen gegen 20 Uhr abgearbeitet. Dabei gingen die Einsatzkräfte nach klaren Prioritäten vor: „Am wichtigsten ist der Schutz der kritischen Infrastruktur“, so Schwab. Zu erst müsse man „die Alten und Schwachen schützen“. Das gelang: In Herrenstrunden wurde ein Pflegeheim evakuiert, die 24 Bewohnerinnen und Bewohner in Hotelzimmern untergebracht.

Auch andere Krankenhäuser und Pflegeheime, etwa in Bensberg, beobachte man aufmerksam um im Zweifel rechtzeitig einschreiten zu können, so der Feuerwehrmann.

Umfang der Schäden noch unklar

Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und Strundeverband arbeiten angesichts der zahlreichen Einsatzorte mit dem sogenannten Stab für Außergewöhnliche Ereignisse (SAE) zusammen. Nach den stundenlangen Regenfällen waren am Nachmittag die Böden gesättigt, das Wasser versickere nicht mehr, erklärte der Pressesprecher. 

Einzelne Stadtteile ließen sich nicht als Krisenherde identifizieren, so die Feuerwehr. Schwab: „Es ist überall schlimm!“

Am Katterbach, der schon früh über die Ufer trat, errichteten die Einsatzkräfte aus Sandsäcken provisorische Wasserbarrieren. Ob und welcher Schaden genau an Eigentum angerichtet wird, ist für die Einsatzkräfte noch schwer abzuschätzen. „Wenn das Wasser wieder weg ist, werden wir sehen, was zutage kommt", sagte Schwab.

Notruf freihalten, Grundstück aufräumen

Die Feuerwehr erwartet eine unruhige Nacht zum Donnerstag, zumal der Deutsche Wetterdienst eine neue Warnung für den Nachmittag und Abend veröffentlich hat. 200 Kräfte sind also bis mindestens zum Morgen in Bergisch Gladbach im Einsatz.

Der Feuerwehrmann bittet auch dringend um die Mithilfe der Bevölkerung. „Den Notruf bitte freihalten,“ appelliert er. „Natürlich soll sich jeder melden, der Hilfe braucht“, aber um sich über die Gesamtlage zu informieren, sei das nicht die richtige Ressource. Schwab verweist dazu auf den Twitter-Auftritt der Feuerwehr Bergisch Gladbach. Dort werden immer wieder kleinere Aktualisierungen zum Einsatzgeschehen veröffentlicht. Einsätze wie vollgelaufene Keller werden nach einem Prioritätssystem abgearbeitet - potentiell gefährliche Situationen haben also Vorrang vor Sachschäden.

Hochwasserschutz fordert aktive Mithilfe der Bürger

Ebenfalls sehr wichtig ist, dass Anwohnerinnen und Anwohner die Abwasserleitungen nicht versehentlich verstopfen. Also: Gegenstände im Garten oder auf dem Grundstück, die Abflüsse blockieren könnten, sollen beiseite geschafft werden.

Und schließlich: Anrainer von Bächen und Flüssen sind dringend aufgerufen, alle losen Gegenstände aus der Nähe der Gewässer zu entfernen. Darauf weist auch Martin Wagner, Verbandsvorsteher des Strundeverbands hin. Denn wenn sich einmal ein Rechen zugesetzt hat, ist es nur eine Frage von Minuten, bis zum Beispiel eine Straße überflutet oder ein Keller vollläuft.

Große Unterschiede innerhalb des Kreises

Wagner: „Hochwasserschutz funktioniert nur, wenn viele Bürger aktiv mitmachen.“ Und er erinnert daran, die Situation im Bergischen nicht mit dem Hochwasserschutz etwa beim Rhein zu vergleichen sei. Bei diesen großen Flüssen komme das Hochwasser praktisch mit Ansage, im Bergischen gebe es regional vollkommen unterschiedlich. „Es kann in Refrath schon ganz anders aussehen als etwa in Schildgen.“ 

Aus diesem Grund sei es auch nicht sinnvoll, den Pegelstand der Strunde zu überwachen, wie es etwa beim Rhein üblich ist. Der Wasserstand schwanke hier im Minutentakt und was sich schnell aufgestaut hätte, fließe auch genauso schnell wieder ab, so Wagner. (mit nie)

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