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„Dann sehen wir schwarz für die Region“Tagebau-Kommunen machen Druck auf Regierung

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Thomas Hissel, Andreas Heller und Sascha Solbach fordern Unterstützung im Strukturwandel.

Thomas Hissel, Andreas Heller und Sascha Solbach fordern Unterstützung im Strukturwandel.

Rhein-Erft-Kreis – Dichte Schwaden umfangen die Bagger auf den unteren Sohlen des Tagebaus Hambach bei Elsdorf, hinter der Böschungskante geht die Sonne unter. Keine freie Sicht, der Braunkohleabbau im Nebel, Dunkelheit legt sich über das gigantische Loch. Vor dieser symbolträchtigen Kulisse gaben die drei Sprecher der 20 Tagebau-Anrainer-Kommunen am Donnerstagabend einen dringlichen Appel Richtung Berlin ab. Hintergrund: das neu formulierte Zieldatum 2030 statt 2038 für den Ausstieg aus der Kohle.

„Was für die Erfüllung der Klimaziele sicher gut ist, stellt Menschen, Unternehmen und Städte im Rheinischen Revier aber vor immense Herausforderungen“, sind sich Andreas Heller, Bürgermeister von Elsdorf, Thomas Hissel, Erster Beigeordneter der Stadt Düren, und Sascha Solbach, Bürgermeister der Stadt Bedburg, einig.

Sascha Solbach: „Dann sehen wir schwarz für die Region“

Die drei vertreten die 20 direkt und am stärksten betroffenen Kommunen, die Standorte der Tagebaue und Kraftwerke sind. Laut Hissel verdichten sich die Anzeichen, dass das Ausstiegsdatum 2030 im Koalitionsvertrag auftauchen wird, den SPD, Grüne und FDP derzeit in Berlin aushandeln. „Den Strukturwandel bis 2038 zu schaffen, damit die Region wirtschaftlich nicht abstürzt, wäre schon schwer genug gewesen“, sagt Solbach. „Wird der Ausstieg nun noch mal um acht Jahre vorgezogen, sehen wir schwarz für die Region. Das wäre eine Verdopplung der Ausstiegsgeschwindigkeit.“

Die Tagebau-Anrainer fordern nun Verlässlichkeit für die Menschen im Rheinischen Revier und wenden sich mit einem Katalog an Forderungen an die Bundes- und Landesregierung:

  • eine radikal schnellere Planung durch Einrichtung von Sonderplanungszonen
  • eine staatliche Förderung in einer Sonderwirtschaftszone
  • Bundesförderrichtlinien für den Strukturwandel
  • Beendigung der Zweckentfremdung von Fördermitteln bei Aufgaben, die Bund und Land ohnehin übernommen hätten
  • ein langfristig angelegter Investitionsfonds zur Entwicklung der Tagebaukanten
  • Unterstützung der betroffenen Kommunen bei der Planung, etwa personell
  • Aufstockung der Förderung des Rheinischen Reviers von bisher rund 15 Milliarden Euro auf 20 Milliarden Euro

Strukturwandel: Es geht um 22.000 Arbeitsplätze

„Wir brauchen aktuell vom Acker bis zum ersten Arbeitsplatz in einem Gewerbegebiet zehn Jahre“, sagt Solbach. „Wenn das nicht deutlich und sehr schnell geändert wird, ist der Strukturwandel bis 2030 nicht zu schaffen.“ Die Erfahrungen der vergangenen drei Jahre seien ernüchternd. Das Land sei zwar bemüht, die Anrainer zu unterstützen, aber es gebe „bisher nur wenig zählbare und konkrete Fördermittelzusagen“.

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Nach Angaben der Anrainer-Kommunen geht es darum, 22.000 Arbeitsplätze und eine Kaufkraft der Beschäftigten in Höhe von 500 Millionen Euro zu ersetzen. „Wir verschließen uns auch einem nochmal vorgezogenen Zieldatum nicht“, sagt Elsdorfs Bürgermeister Heller. „Aber wenn die Erfüllung der deutschen Klimaziele allein auf dem Rücken der Braunkohlengebiete erreicht werden soll, dann brauchen wir dringend ein schnelles und kräftiges Maßnahmenpaket.“

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