„Ein Desaster“Der Grippe-Impfstoff im Rhein-Erft-Kreis ist vergriffen

Lesezeit 3 Minuten
Die Grippeimpfung ist in diesem Herbst besonders gefragt. Vielen Praxen im Rhein-Erft-Kreis ist der Impfstoff schon vor Tagen ausgegangen.

Die Grippeimpfung ist in diesem Herbst besonders gefragt. Vielen Praxen im Rhein-Erft-Kreis ist der Impfstoff schon vor Tagen ausgegangen.

  • Wer sich aktuell im Rhein-Erft-Kreis gegen die Grippe impfen lassen möchte, braucht viel Geduld.
  • „In diesem Jahr werden wir überrannt“, sagt unter anderem die Leiterin der Rathaus-Apotheke in Horrem.
  • Sie ist nicht die einzige, die eine deutlich erhöhte Nachfrage in diesem Jahr erlebt.

Kerpen-Horrem – „Es ist eine Unverschämtheit“, empört sich Marie Luise Hahn aus Kerpen-Horrem. Die 86-Jährige will sich gegen Grippe impfen lassen wie auch in den vergangenen Jahren. Sie ist Allergikerin und gehört zur Risikogruppe. Doch es scheint derzeit so gut wie unmöglich, an eine Impfdosis zu gelangen.

„Überall wird mir gesagt, dass es gerade keinen Impfstoff gibt“, berichtet Hahn. Bei ihrem Hausarzt habe sie angerufen – ohne Erfolg. „Dort bin ich beschimpft worden, obwohl ich schon jahrelang Patientin bin“, schildert die 86-Jährige ihre Erlebnisse. Ihre Frage, ob man ihr Bescheid geben könne, wenn neuer Impfstoff eingetroffen sei, und ihn auch für sie reservieren könne, habe die Arzthelferin verneint, berichtet Hahn.

Arztpraxis: „Das ist ein allgemeines Desaster“

„Derzeit gibt es einfach keinen Impfstoff“, bestätigt eine Mitarbeiterin ihrer Hausarztpraxis. „Das ist ein allgemeines Desaster, und es tut uns sehr leid, dass wir nicht alle Patienten bedienen können.“ Bei einer anderen Praxis bekam Hahn die Information, dass derzeit keine neuen Patienten aufgenommen würden. „Für unsere Patienten haben wir noch ein paar Impfdosen vorrätig. Aber wir können gerade keine neuen Patienten aufnehmen“, bestätigt eine Mitarbeiterin der Praxis. „Wir haben reichlich bestellt und auch schon nachgeordert.“ Die Nachfrage nach der Grippeimpfung sei dieses Jahr besonders hoch.

Wer sollte sich impfen lassen?

Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts empfiehlt die ständige Impfkommission die Grippeimpfung für folgende Gruppen:

alle Senioren ab 60 Jahren

Schwangere ab dem zweiten Drittel der Schwangerschaft, in begründeten Fällen auch schon im ersten Drittel

Personen mit Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten

Bewohner von Alters- und Pflegeheimen

Männer und Frauen, die mit Risikopatienten in einem Haushalt leben

Menschen mit erhöhtem beruflichen Risiko. (jes)

Die Apotheken in Kerpen können nur anbieten, Marie Luise Hahn auf eine Warteliste zu setzen. „Im Moment ist kein Impfstoff zu bekommen“, sagt Beate Sauern-Hall, Leiterin der Rathaus-Apotheke in Horrem. „Wir führen Bestelllisten und informieren unsere Kunden, sobald wir neuen Impfstoff bekommen. Das geht der Reihe nach.“

Zwar sei es in den vergangenen Jahren ähnlich gewesen, dass die Nachfrage nach dem Grippeimpfstoff im Oktober sehr hoch gewesen und es zu zwischenzeitlichen Engpässen gekommen sei. Jedoch habe sich das mit der neuen Lieferung im November reguliert. „In diesem Jahr werden wir aber überrannt“, sagt Sauren-Hall. Dabei haben die Ärzte oft schon mehr geordert als in den vergangenen Jahren. „Wir hoffen, dass wir im November genügend Impfstoff für alle bekommen.“

Grippe-Impfung: Nachfrage deutlich höher

Der Apothekerverband Nordrhein, zu dem auch der Rhein-Erft-Kreis zählt, hat eine Blitzumfrage bei seinen Mitgliedern durchgeführt. „Nahezu alle bewerten die derzeitige Nachfrage nach Grippeimpfstoffen als »sehr viel höher« als im Vorjahr und beurteilen die Verfügbarkeit als »schlecht« oder »sehr schlecht«“, schreibt der Verband in einer Pressemitteilung. Aktuell seien weder Großpackungen noch Einzeldosen zu bekommen, heißt es weiter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Das Kreisgesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises hat keinen Überblick über die Impfdosen im Kreisgebiet. „Es gibt keine Erfassung oder zentrales Register“, sagt Kreissprecher Marco John.

Marie Luise Hahn betont, dass es ihr vorrangig nicht um sie selbst gehe, sondern um die anderen Risikopatienten, die keinen Impfstoff bekommen. „Ich muss abwarten und auf November hoffen“, sagt sie.

KStA abonnieren