„Wir geben nicht auf“Gastronomie im Rhein-Erft-Kreis ächzt auch unter 2G-Plus

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Seit über einem Jahr ist das Café Dampflok geschlossen. Bäcker-Senior Willi Immerath fehlen Personal und Umsatzaussichten. Foto: Fratz

Rhein-Erft-Kreis – Wer derzeit ein Restaurant oder ein Café besuchen möchte, muss geimpft oder genesen sein und zusätzlich einen tagesaktuellen, negativen Schnelltest vorlegen. Ausgenommen sind Geboosterte. Wir haben mit Gastronomen im Rhein-Erft-Kreis über die neue 2G-plus-Regel gesprochen.

Wirtzhaus, Wesseling

Im Speiselokal Wirtzhaus in Keldenich werden die Gäste am Eingang empfangen. Unkompliziert, aber gewissenhaft werden die Impfnachweise kontrolliert. Anschließend erfolgt die Bitte, sich die Hände zu desinfizieren. Erst danach führt die Bedienung die Gäste zu ihren Plätzen.

„Das lief hier vor und nach der jetzt neu in Kraft getretenen Corona-Schutzverordnung eigentlich ziemlich reibungslos“, erklärt Inhaberin Sabine Rodoy. Allerdings seien Kontrollen für sie und ihr Team zeitintensiv, zumal sie auch ihr Team stets über alle Änderungen der Verordnungen auf dem Laufenden halten müsse. „Doch um den Impfstatus zu erkennen, müssen wir stets mehrere Seiten in der entsprechenden App unserer Kunden blättern“, sagt Rodoy. Ist der Gast nämlich mit Johnson & Johnson geimpfte, gelte er bereits mit der zweiten Impfung als geboostert, ebenso bei Genesenen.

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Gabriele und Rolf Arendt mit der Inhaberin des Wirtzhauses in Wesseling-Keldenich, Sabine Rodoy (M.).

Wieder anders ist es bei Schulkindern bis 15 Jahre, die nur in den Ferien einen tagesaktuellen Test vorlegen müssen. „Aber um die Pandemie zu bekämpfen, machen wir und auch unsere Gäste ja gerne alles mit“, so die Gastronomin. „Wir geben nicht auf“, betont sie. Sie wolle positiv denken und nach vorn schauen. „Die Gastronomie ist auch kein Pandemietreiber“, da ist sie sich sicher.

Café Guglhupf, Brühl

„Die ganze Branche hat es gerade hart genug“, bestätigt Konditormeister Hartmut Belzer. Seit 1984 ist er selbstständig, seit 2010 ist er Inhaber von Café und Konditorei „Guglhupf“ in Brühl. Zunehmend beobachte er, dass Kunden durch die sich oft ändernden Verordnungen verunsichert seien.

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Hartmut Belzer beobachtet, dass die Kunden durch immer neue Regeländerungen verunsichert seien.

Auch in der Neuregelung sieht er insofern keine Erleichterung. Zwar könnten Geboosterte wieder spontan sein Café besuchen, doch öfter müsse er auch Gäste wegschicken, weil er sie mit nur zwei Impfungen ohne aktuellen Test nicht ins Café lassen dürfe.

Café Dampflok, Elsdorf

Bäckermeister Willi Immerath aus Elsdorf macht sein Café Dampflok im historischen, 1999 umgebauten Elsdorfer Ostbahnhof weiterhin nicht auf, daran ändert auch 2G-plus nichts. Seit November 2020 ist sein Lokal geschlossen. Allein die Brot- und Kuchentheke ist sonntags geöffnet. Der 78-Jährige betreibt mit seinem Sohn neben dem Stammhaus in Elsdorf auch Bäckerei-Filialen in Bergheim-Kenten und Kerpen-Mödrath.

Er dürfte das beliebte Café zwar längst wieder öffnen, aber während des Lockdowns sind drei seiner fünf Mitarbeiter am Standort abgewandert. „Und jetzt ist einfach kein Personal, schon gar kein Fachpersonal zu bekommen“, klagt er. Für die nötigen Kontrollen benötigte er zudem zusätzliche Mitarbeiter, „und dann rechnet es sich gar nicht mehr.“ In besten Zeiten beschäftigte Immerath, der das 1876 als Bäckerei Hamacher gegründete und 1939 vom Vater übernommene Unternehmen seit 64 Jahren führt, 34 Mitarbeiter. Jetzt sind es noch 24. „Die Einnahmen aus dem Café fehlen uns schmerzlich“, bekundet er.

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Neben Personal fehlt ihm auch die Planungssicherheit, „die durch ständig neue Regeln nicht gegeben ist“. Der Mittelstand, besonders der inhabergeführte, leide unter steigenden Abgaben und immer umfänglicherer Bürokratie, klagt er. „Heute würde ich mich nicht mehr selbstständig machen“, sagt der Meister. „Wie lange das Unternehmen noch durchhält, kann ich derzeit nicht absehen“. Und auch wann das Café Dampflock wieder zur gemütlichen Kaffeetafel öffnet, sei ungewiss.

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