Angie Berbuer aus Bedburg verlor beide BeineNach Unfall den Lebensmut bewahrt

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Ein Krankentransportwagen war ungebremst auf Angie Berbuer und ein Auto aufgefahren.

Ein Krankentransportwagen war ungebremst auf Angie Berbuer und ein Auto aufgefahren.

  • Die Bedburgerin Angie Berbuer verlor bei einem Unfall beide Beine. Das Leben der jungen Frau änderte sich somit schlagartig.
  • Doch die 21-Jährige hat ihren Lebensmut nicht verloren. Ihre positive Einstellung zeigt sie auf ihrem Instagram-Account.
  • Was ihr nun allerdings zu schaffen macht, sind finanzielle Sorgen: Am Wohnhaus muss einiges geändert werden.
  • Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Text aus unserem Archiv, der unsere Leser besonders interessiert hat. Er wurde zum ersten Mal am 23.01.2020 veröffentlicht

Bedburg – Wenn Angie Berbuer an den schlimmsten Augenblick ihres Lebens denkt, spricht sie immer nur von Glück, riesengroßem Glück. „Ich müsste eigentlich tot sein“, sagt die 21-Jährige. „Aber ich habe überlebt. Das ist nicht selbstverständlich, das ist ein Geschenk.“ Sie sitzt im Haus ihrer Mutter Susanne in Bedburg, rutscht ihre Position im Rollstuhl zurecht und berichtet freimütig. Erinnerungen an den Augenblick, in dem sie beide Beine verloren hat, hat sie nicht. Sie weiß von dem Unfall und den Minuten danach nur aus Erzählungen.

Neun Wochen Krankenhaus

Am 5. November ist sie mit einem Freund in dessen neuem Auto auf der Autobahn 61 bei Koblenz unterwegs. Sie haben bei Tempo 110 einen Zusammenstoß mit einem Lastwagen, bringen das Auto aber sicher rechts auf dem Standstreifen zum Stehen. Bis hierher ist alles glimpflich abgelaufen.

Angie Berbuer will die Unfallstelle sichern und geht zum Kofferraum, um das Warndreieck zu holen. „Dann ist ein italienischer Krankentransportwagen ungebremst mit Tempo 120 auf das stehende Auto aufgefahren“, sagt die junge Bedburgerin. Ein Bein wurde oberhalb des Knies sofort durchtrennt, das andere fast vollständig. „Wäre der Kofferraum nicht geöffnet gewesen, wären die Handbremse gezogen und ein Gang eingelegt gewesen – ich wäre jetzt tot.“

Angie Beduer

Angie Berbuer mit Mutter Susanne und Hund Joy: Die Bedburgerin hat ihre Beine, aber nicht den Lebensmut verloren.

Zwei Zufälle retten Angie Berbuers Leben. Ein Polizist, der eigentlich zu dem Unfall mit dem Lastwagen gerufen worden war, hat ein Tourniquet dabei – einen Gurt mit Drehkreuz, um Venen und Arterien zu stauen. Er bindet einen der beiden Stümpfe ab. Kurz danach kommt ein Feldjäger der Bundeswehr an der Unfallstelle vorbei – auch er hat ein Tourniquet dabei. „Und er hatte erst eine Woche vorher einen Lehrgang im Abbinden großer Gliedmaßen gemacht“, sagt Angie Berbuer. Der Feldjäger legt den ersten Gurt, der nicht richtig gesessen hatte, neu an und bindet auch das zweite Bein ab.

Leben mit einem Schlag geändert

Neun Wochen bleibt Angie Berbuer im Krankenhaus – und realisiert, dass sich ihr Leben mit dem Unfall grundlegend ändert. „Der Unfall geschah genau zwei Wochen vor meiner Aufnahmeprüfung beim Bundeskriminalamt“, sagt die Bedburgerin. „Das erste, was ich nach dem Aufwachen haben wollte, waren meine Unterlagen zum Lernen.“ Doch mit der Ausbildungsstelle wird es nichts, auch die eigene Wohnung in Bergheim, in der Angie Berbuer seit wenigen Monaten lebt, muss sie wieder aufgeben und zurück zu den Eltern ziehen. Und trotzdem: Sie hat zwar ihre Beine, nicht aber ihren Lebensmut verloren. „Ich bin dankbar, dass ich lebe. Und das ist auch meine Botschaft, die ich vermitteln will: In jeder Katastrophe kann man auch etwas Gutes sehen. Wenn es mal ein Tief gibt, wird das Hoch umso schöner.“

Positive Einstellung

Ihre positive Einstellung zeigt sie auf ihrem Instagram-Account als „die Frau, die nie ihr Lächeln verliert“. Mittlerweile folgen ihr dort rund 40 000 Menschen.

Was ihr allerdings zu schaffen macht, sind finanzielle Sorgen: Am Haus muss einiges geändert werden. Eine Rampe in der Einfahrt fehlt noch, ein Treppenlift hilft der Rollstuhlfahrerin, ins obere Geschoss zu kommen. „Die Krankenkasse zahlt eine Pauschale von 4000 Euro für die Umgestaltung des Wohnumfelds – aber allein der Lift kostet mehr als 5000 Euro für die Bereitstellung, hinzu kommt eine monatliche Miete über 360 Euro.“ Auch ein neues Auto wird sie brauchen. „Schaltgetriebe kann ich nicht mehr fahren.“ Ob sie von dem Unfallfahrer Geld bekommt, ist unklar – der Prozess steht noch aus.

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Die Caritas hat ein Spendenkonto für Angie Berbuer eingerichtet. Wer mit ihr in Kontakt treten oder spenden möchte, kann das über Instagram tun. @angieberbuer

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