„Rechnet sich kaum noch“Große Kritik an der Wohnungspolitik im Rhein-Erft-Kreis

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Sozialwohnungen baut das Unternehmen GWG Rhein-Erft an der Hermülheimer Straße in Hürth-Gleuel.

Sozialwohnungen baut das Unternehmen GWG Rhein-Erft an der Hermülheimer Straße in Hürth-Gleuel.

Bergheim/Rhein-Erft-Kreis – Mit Kritik reagieren sowohl der Verein Haus und Grund als auch der Mieterverein Köln, die beide jeweils eine Geschäftsstelle in Bergheim haben, auf die Wohnraumbilanz der Bundesregierung (siehe Infokasten). Bundesbauminister Horst Seehofer hatte die Entwicklung der vergangenen zweieinhalb Jahre als Erfolg bewertet.

„Es sind größtenteils die falschen Wohnungen gebaut worden“, sagt Jörg Hänsel, Sprecher des Kölner Mietervereins, nämlich nicht die günstigen und bezahlbaren. Außerdem übt er Kritik an Seehofers Zahlenspielen. Zwar seien öffentlich geförderte Wohnungen gebaut worden, aber ihr Anteil am gesamten Wohnungsangebot schrumpfe letztlich trotzdem. Denn bei vielen bereits bestehenden öffentlich geförderten Wohnungen laufe dieser Status aus. „Einmal geförderte Wohnungen sollten ihren Status aber behalten“, fordert Hänsel.

Viele Suchende weichen von Köln in den Rhein-Erft-Kreis aus

In Köln sei die Situation besonders prekär. In der Folge wichen viele Wohnungssuchende auf das Umland aus, zum Beispiel in den Kölner Westen in den Rhein-Erft-Kreis.

„Positive Signale in der Baupolitik, große Fehler beim Umgang mit dem Mietwohnungsmarkt“, bilanziert die Vermieter-Vereinigung Haus und Grund die Entwicklung seit dem Wohngipfel von 2018. Das Baukindergeld sei gut angenommen worden, besonders bei einkommensschwächeren Familien, sagt Eva Fielitz, die Vorsitzende von Haus und Grund Bergheim. Dadurch hätten viele Familien in NRW die hohe Grunderwerbssteuer etwas ausgleichen können.

Kritik an Seehofers Bewertung

Im September 2018 hatten Bund, Länder und Kommunen Schritte für eine Wohnraumoffensive beschlossen. Es sollten 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen. Fünf Milliarden Euro sollen in dieser Legislaturperiode in den sozialen Wohnungsbau fließen. 2020 sind 300.000 neue Wohnungen gebaut worden.

Horst Seehofer hatte erklärt, dass man die 1,5 Millionen Wohnungen erreichen werde. Kritik übte die Gewerkschaft IG Bau: Der Bundesbauminister addiere alle gebauten, im Bau befindlichen Wohnungen und solche, für die eine Genehmigung vorliege. Bis Ende des Jahres entstünden bestenfalls 1,2 Millionen neuen Wohnungen. (nip)

Zugleich moniert sie aber Fehler auf dem Wohnungsmarkt: „Viele Eigentümer denken daran, die Vermietung aufzugeben. Es rechnet sich kaum noch.“ Fielitz macht das an zu strengen Regulierungen für Vermietung fest. „In NRW wurde die vom Bund verschärfte Mietpreisbremse mit der Mieterschutzverordnung fortgeschrieben. Die Mietspiegel wurden vom Bund durch einen langen Betrachtungszeitraum entwertet“, sagt die Vorsitzende.

Eva Fielitz gegen Solarpflicht für Hausdächer in NRW

Fielitz fordert einen fairen Ausgleich zwischen Mietern und Vermietern. Die große Mehrheit der Vermieter pflege ein partnerschaftliches Verhältnis zu ihren Mietern, halte ihre Immobilien in Schuss und investiere hohe Summen in energetische Modernisierungen und Barrierefreiheit. Dafür seien faire Mieten nötig, mit denen Mieter nicht abgezockt würden, die sich aber für die Vermieter rechneten.

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Fielitz kritisiert die Forderung, eine Solarpflicht für Hausdächer in NRW einzuführen: „Im letzten Jahr haben die Eigentümer in Deutschland doppelt so viele Solaranlagen auf ihren Dächern installiert wie im Vorjahr, trotz Corona-Krise und ohne Zwang und Vorschriften.“ Zumindest gelte das für Eigentümer, die selbst in ihrer Wohnung leben. Auf Mietshäusern gebe es dagegen kaum Solaranlagen, berichtet die Haus-und-Grund-Vorsitzende.

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