Ex-Schwager erschossenSo eskalierte der Streit vor dem Straßenverkehrsamt in Bergheim

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Seit dem 9. Juni muss sich der 43-jährige Angeklagte vor dem Kölner Landgericht wegen Mordes verantworten.

Seit dem 9. Juni muss sich der 43-jährige Angeklagte vor dem Kölner Landgericht wegen Mordes verantworten.

Köln/Bergheim – Ein 43-jähriger Mann aus Bergheim muss sich seit Mittwoch vor dem Kölner Landgericht wegen Mordes verantworten. Der gebürtige Türke soll Anfang Februar mit einer Schusswaffe auf drei Menschen geschossen haben. Einer starb, zwei erlitten Verletzungen.

Vermutlich sei die Beziehung eines der Opfer zu der Ex-Frau des Angeklagten der Grund für die Tat. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, „heimtückisch einen Menschen getötet und zwei Menschen verletzt zu haben“.

Am 4. Februar dieses Jahres sei der Angeklagte mit zwei weiteren Männern in der Fußgängerzone in Bergheim unterwegs gewesen. Als sie ihr Auto vor dem Straßenverkehrsamt in der Straße Am Jobberath 2 abgestellt hatten, trafen sie zufällig auf den neuen Freund der Ex-Frau des Angeklagten.

Sofort soll der 43-Jährige aggressiv geworden sein und den anderen Mann angegangen haben. Einer der Begleiter griff ein und konnte den Angeklagten wegziehen. Er und seine Begleiter entfernten sich und gingen in ein Eiscafé, wo sich der Angeklagte merklich beruhigt haben soll, heißt es in der Anklageschrift. Zudem habe einer der Zeugen die Ex-Frau des Angeklagten telefonisch über den Vorfall informiert.

Bergheim: Angeklagter zog plötzlich eine Schusswaffe hervor

Später eskalierte die Situation jedoch, als die drei Männer erneut vor dem Verkehrsamt auf den Mann trafen, der nun seinerseits von zwei Bekannten begleitet wurde. Einer von ihnen, der Ex-Schwager des Angeklagten, war von seiner Schwester angerufen worden, die sich um ihren Freund sorgte, seit sie über den Vorfall informiert worden war.

Die verbale Auseinandersetzung eskalierte, als der Angeklagte unvermittelt eine Selbstladepistole vom Kaliber neun Millimeter aus seinem Hosenbund zog und auf seine Kontrahenten schoss. Die Anklage erläuterte, der Mann habe in Tötungsabsicht „alle acht Schüsse seiner Waffe abgegeben und dabei fünfmal getroffen“. Der 43-Jährige traf alle drei Männer, die verletzt zu flüchten versuchten. Die Flucht sei ihnen nur gelungen, weil der Angeklagte keine Schüsse mehr übrig hatte, so die Staatsanwaltschaft.

Der Ex-Schwager des Angeklagten wurde durch die Schüsse so schwer verletzt, dass er noch am selben Tag seinen Verletzungen erlag. Ein weiteres Opfer floh mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus und konnte gerettet werden. Das dritte Opfer erlitt eine Schussverletzung am Fuß.

Bergheimer kam mit Beziehungsproblemen nicht zurecht

Der Anwalt des Angeklagten kündigte an, erst zum nächsten Gerichtstermin Angaben zur Sachlage machen zu wollen. Zum Auftakt des Gerichtsverfahrens ließ der Angeklagte jedoch über seinen Anwalt Angaben zur eigenen Person verlesen. Diese Erläuterungen sollten dazu dienen, dass das „Gericht seine Situation“ verstehe. Er sei in einer Familie mit großen finanziellen und sozialen Problemen aufgewachsen. Außer dem Schulbesuch habe er nie eine Ausbildung erhalten. Seine spätere Frau habe er zum ersten Mal auf einer Hochzeitsfeier in der Türkei kennengelernt und sich sehr schnell in sie verliebt, berichtet der 43-Jährige über seinen Anwalt.

Er sei jedoch ermahnt worden, dass die Frau in Deutschland geboren sei und sich daher „freier“ verhalte. Was dies bedeuten sollte, habe er nicht recht verstanden, so der Türke. Nach ihrer Heirat Ende der 90er-Jahre erwartete die Familie bald das erste Kind. Da die Ehefrau das Kind lieber in Deutschland bekommen wollte, zog die Familie um. Bis 2014 hätten er und seine Frau vier Töchter bekommen, gab der Angeklagte an, und er erklärte, dass es seit 2014 in seiner Ehe Probleme gegeben habe. Das Verhalten seiner Frau habe sich verändert, sie habe kein Kopftuch mehr getragen, sich allein mit ihren Freundinnen getroffen und getrennte Schlafzimmer verlangt.

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Aufgrund der Beziehungsprobleme sei er verzweifelt gewesen, habe sich sogar mit einer Rasierklinge selbst am Handgelenk verletzt und zu viel Alkohol getrunken. Nach der Scheidung von seiner Frau im November 2018 sei es zwischen ihm und ihr zu weiteren Streitigkeiten und Gerichtsverfahren gekommen. Aus diesem Grund habe er nicht mehr so viel Zeit mit seinen Töchtern verbringen dürfen. Er sei depressiv und ängstlich geworden. Er wisse, dass er sich gegenüber seiner Frau oft falsch verhalten habe und wolle sich entschuldigen. „Ich weiß, dass ich durch den Vorfall am 4. Februar viel kaputt gemacht habe“, ließ er durch seinen Anwalt abschließend mitteilen.

Der Prozess wird fortgesetzt, es sind neun Verhandlungstage vorgesehen.

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