Kaiserbesuch 1811Als Kaiser Napoleon in Bergheim die Zeche prellte

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Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen, reiste im Jahr 1811 durch Bergheim. Sein Tross beanspruchte hier mehr als 200 Pferde.

Napoleon Bonaparte, Kaiser der Franzosen, reiste im Jahr 1811 durch Bergheim. Sein Tross beanspruchte hier mehr als 200 Pferde.

  • Am 7. November 1811 besuchte der französische Kaiser die Stadt Bergheim. Mit sich führte er einen Tross von knapp 200 Pferden und 61 Kutschen.
  • Was der Besuch im damaligen 500-Seelen-Örtchen Bergheim auslöste, hat der Geschichtsverein rekonstruiert.

Bergheim – Was für ein Tumult in diesem gottverlassenen Kaff. An jenem 7. November 1811 fahren 61 Kutschen in Bergheim ein, begleitet von zahlreichen berittenen Soldaten. Der Kaiser von Frankreich ist da. Napoleon reist in Begleitung seiner Gemahlin, Kaiserin Marie-Louise von Österreich.

Welches Gesicht die kaiserlichen Majestäten angesichts des Städtchens, durch das nur eine einzige namenlose Straße führt, machten, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass Napoleon die Posthalterstation in dem kleinen 500-Seelen-Ort voll in Anspruch nimmt: 207 Pferde müssen Bürgermeister und Posthalter auftreiben, damit der riesige Tross nach dem Pferdewechsel zügig weiter nach Lüttich reisen kann.

„Damals muss es in Bergheim zu einem erheblichen Verkehrsstau gekommen sein, ein richtiges Chaos“, sagt der Bergheimer Guy Machefer, der den Besuch Napoleons in Bergheim nun für den Geschichtsverein aufgearbeitet hat.

Auf Inspektionsreise

Der Kaiser ist auf Inspektionsreise. Dass der bisher nur vermutete Aufenthalt in Bergheim nun belegt werden kann, ist gleich zwei glücklichen Umständen zu verdanken. Zum einen: Vor gut einem Jahr haben die Familien Bernards und Lipphardt dem Bergheimer Stadtarchiv ihre Sammlungen überlassen, darunter viel Material aus dem Besitz des früheren Bergheimer Kulturamtsleiters Lorenz Kremer. In den 26 Umzugskartons war auch das Korrespondenzbuch der Mairie Bergheim, also der Bürgermeisterei, das sich einst in Kremers Besitz befand – und darin der Hinweis auf den Besuch Napoleons.

Der aus heutiger Sicht zweite Glücksfall: Der Kaiser hat die Zeche geprellt. 207 Pferde haben ihren Preis, auch wenn sie zunächst bei den Bauern im Umland beschlagnahmt oder den benachbarten Poststationen angefordert werden. Doch das Versprechen des Generalpostinspektors Boulenger in Paris, die Kosten für die Pferde zu übernehmen, blieb ein leeres. Zwar erhielt der Posthalter 1400 Francs. „Aber das reichte offenbar nicht aus“, sagt Machefer.

Welche Summe genau offen blieb, ist nicht überliefert. Wohl aber, dass sich der Bergheimer Bürgermeister Gottfried Anton Frentz gleich mehrfach beschwerte, weil er die Pferde in der Gegend habe beschlagnahmen müssen, aber nichts ersetzen könne. Posthalterstationen und Bauern bis nach Bedburg-Pütz oder Kerpen-Türnich mussten ihre Tiere hergeben, damit Kaiser und Kaiserin flott weiterreisen konnten.

Auf Elba verbannt

Der aus einer korsischen Familie stammende Napoleon galt als militärisches Talent und stieg während der Französischen Revolution in der Armee auf. Durch Putsch gelangte er 1799 an die Macht, von 1804 bis 1814 und nochmal 1815 war er Kaiser der Franzosen. Sein Niedergang begann mit dem katastrophalen Russland-Feldzug. Nach einer kurzen Phase der Verbannung auf Elba kehrte er 1815 für hundert Tage an die Macht zurück. In der Schlacht bei Waterloo wurde er endgültig besiegt und bis zu seinem Tod auf die Insel St. Helena, seinem Geburtsort, verbannt. (dv)

Frentz reklamiert bei der Unterpostdirektion in Köln, und er stellt seine Forderung beim Generalpostinspektor in Paris – und findet trotz mehrfacher Schreiben kein Gehör. Am 23. Juni 1813, anderthalb Jahre nach der Zwischenstopp in Bergheim, ist der Ton in einem Brief an den Unterpräfekten recht unmissverständlich. „Ich darf Sie darum bitten, diese Angelegenheit nun endlich abzuschließen, damit ich sie ebenfalls zum Ende führen kann“, schreibt Frentz.

Machefer ist bei der Übersetzung des Korrespondenzbuchs auf das Ereignis gestoßen. „845 Dokumente sind darin“, sagt der gebürtige Franzose, den es in den 80er-Jahren aus beruflichen und privaten Gründen nach Bergheim verschlagen hat. „Eine wahr Goldgrube für Forschungen über den Alltag dieser Zeit.“

„Ob sich der Unterpräfekt mit der verlangten Anforderung zufriedengegeben hat und endlich grünes Licht für die Kostenabrechnung gab, ist aus dem Korrespondenzbuch leider nicht mehr zu erfahren“, sagt Machefer. Bis zum letzten Eintrag am 15. Dezember 1813 findet sich kein weiterer Eintrag mehr zu dem Thema. „Einen Monat später zogen die Franzosen samt Militär- und Verwaltungsapparat aus dem Rheinland ab, gleichzeitig rückten die Preußen ein.“ Und die dürften sicher keine offenen Rechnungen des Franzosenkaisers übernommen haben.

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