Kuschelhunde warten weiter auf ihren EinsatzCorona bremst Demenznetzwerk aus

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Besuchshund Trixie hat eine spezielle Schulung durchlaufen, darf aber nun seit mehr als einem Jahr nicht zum Einsatz kommen.

Besuchshund Trixie hat eine spezielle Schulung durchlaufen, darf aber nun seit mehr als einem Jahr nicht zum Einsatz kommen.

Bergheim – Auf die Ankündigung der Landesregierung, nach der breit angelegten Impfaktion umfassende Lockerungen in den Pflegeheimen zuzulassen, haben die Aktiven der Lokalen Allianz für Menschen mit Demenz in der Kreisstadt Bergheim und des Demenznetzwerks Rhein-Erft-Kreis sehnlichst gewartet.

Vorleser stehen in den Startlöchern

Auch das neueste Projekt aus der Ideenschmiede des engagierten Demenz-Netzwerks, in dem Freiwillige und Fachpersonal aus Verwaltung und Seniorenarbeit zusammenwirken, muss noch mit angezogener Handbremse fahren. 13 Männer und Frauen sind als Vorlesepaten für Menschen mit Demenz online geschult worden. Eine weitere Gruppe wartet lieber noch darauf, dass Schulungen wieder als Präsenzveranstaltung stattfinden können. Das gemeinsame Projekt der Stadtbibliothek und der Alzheimer-Gesellschaft Bergheim in Zusammenarbeit mit dem Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz Köln und das südliche Rheinland besteht aus zwei Modulen und vermittelt Kenntnisse zum Thema Vorlesen und Demenz. Die Stadtbibliothek Bergheim hat zwar gute Erfahrungen mit Online-Veranstaltungen für Kinder gemacht, virtuelles Vorlesen oder Gruppenveranstaltungen am Beamer für Demenzkranke seien jedoch nicht geplant. Der Einzel-Betreuungsaufwand wäre einfach zu hoch, viele Ältere seien auch mit der Technik überfordert. „Emotionen lassen sich eben besser im direkten Kontakt als über den Bildschirm vermitteln“, erklärt Werner Wieczorek, Leiter der Stadtbibliothek. (floss)

„Unsere Bewohner vermissen den geselligen Alltag so sehr. Trotz der Impfungen müssen sie weiter allein auf ihren Zimmer essen, das können wir einfach nicht verstehen“, berichtet Tobias Hochscherf vom Sozialen Dienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Bergheim. Beschäftigungsangebote und Besuche sind seit Monaten nur sehr eingeschränkt möglich.

Viele Angebote liegen auf Eis

Viele Beratungs- und Hilfsangebote der Demenz-Allianz liegen wegen der Corona-Pandemie seit über einem Jahr auf Eis. „Die Situation für pflegende Angehörige zu Hause ist wegen des lang anhaltenden Lockdowns sehr schwierig, der Druck und die Überlastung sind hoch“, erklärt Anni Wilbertz von der Alzheimer-Gesellschaft Bergheim. Das Team steht Ratsuchenden weiter unterstützend bei, aber in der Regel nur telefonisch oder per E-Mail. „In Notsituationen machen wir auch mal ein persönliches Gespräch in unserer Beratungsstelle oder zu Hause möglich“, erläutert Anni Wilbertz.

Schon lange in der Warteschleife gefangen ist auch Anne Schürner vom Deutschen Roten Kreuz mit ihren im Juli gestarteten präventiven Hausbesuchen, ebenso ihre Kollegin Valeria Erlenkötter, Wohnberaterin des Rhein-Erft-Kreises. Geplant war, dass Schürner Seniorinnen und Senioren ab 75 Jahren kostenlos zu Hause berät und durch den Dschungel der vielfältigen Unterstützungsangebote leitet.

Yorkshire-Dame Trixie ist ein Vollprofi und ausgebildete Kuschelanbieterin für Menschen mit Demenz. Ihre Mission ist es, Freude zu schenken und ein Lächeln ins Gesicht von Seniorinnen und Senioren in Pflegeeinrichtungen zu zaubern. Dafür hat sie eine Schulung durchlaufen bei der Hundetrainerin Sandra Lucka von der Firma Salu Dogs aus Königsdorf, finanziell gefördert von der Lokalen Allianz und der Alzheimer-Gesellschaft Bergheim.

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Seit mehr als einem Jahr stehen fünf Frauchen und sechs frisch qualifizierte Besuchshunde in den Startlöchern und warten auf ihren ersten richtigen Einsatz, darunter Trixies Besitzerin Renate Könen von den Tierfreunden Rhein-Erft. Doch Corona hat das Projekt brutal ausgebremst. „Wir wünschen uns so sehr, endlich loslegen zu können, und hätten noch Interessenten für eine Schulung – der Bedarf ist da“, sagt die engagierte Tierschützerin Könen. Sie hofft, bald weitere Pläne umsetzen zu können, etwa ein Tanzkränzchen für Menschen mit Demenz in Zusammenarbeit mit einer Bergheimer Tanzschule. Betreuende Angehörige, die Demenzkranken zu Hause vorlesen lassen wollen, können sich bei der Alzheimer-Gesellschaft melden. „Wir begleiten unsere Vorlesepaten und schauen am Anfang, ob die Chemie stimmt“, versichert Anni Wilbertz.

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