„Eine Herzensangelegenheit“Stadt Brühl vergibt Max-Ernst-Stipendium

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In dieser Rauminstallation rekonstruiert Belia Brückner den aktuellen Buchbestand der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand.

In dieser Rauminstallation rekonstruiert Belia Brückner den aktuellen Buchbestand der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand.

Brühl – „Das Max-Ernst-Stipendium ist für alle Beteiligten eine Herzensangelegenheit“, betonte Bürgermeister Dieter Freytag. Und die langjährige Vorsitzende der Jury, Arta Valstar-Verhoff, hätte zur Not „mit Klauen und Zähnen“ für die Durchführung gekämpft, obwohl die Jurymitglieder ihre Sitzungen in diesem Jahr gänzlich digital abhalten mussten.

Das mit 10.000 Euro dotierte Stipendium, das zu gleichen Teilen von der Stadt Brühl und der Max-Ernst-Gesellschaft aufgebracht wird, wegen der Corona-Pandemie ausnahmsweise auszusetzen, stand auch deshalb nicht zur Debatte, weil sich die Kulturschaffenden „seit Frühjahr 2020 in einer schlimmen wirtschaftlichen Situation befinden“.

Bewerberfeld ist internationaler geworden

„Der Preis ist von höchster Bedeutung für junge Künstler“, bekräftigte die Bonner Kunsthistorikerin Valstar-Verhoff. Das lässt sich an den außergewöhnlich hohen Bewerberzahlen ablesen: Trafen im vergangenen Jahr 176 Bewerbungen im Rathaus ein, so waren es jetzt 383 Künstlerinnen und Künstler, die 1732 Arbeiten einreichten, die die Jury in einer ersten Sitzung im Dezember sichtete.

„Das Bewerberfeld ist internationaler geworden“, stellte der Bürgermeister mit Blick auf Anwärter aus Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und England fest. Acht Bewerber schafften es in die Endrunde, dabei standen sechs Künstlerinnen zwei männliche Kollegen gegenüber. Die Kernjury, die um den Künstler Andreas Noßmann als Vertreter der Brühler Bürgerschaft und Leonie Radine als „Jungjurorin“ ergänzt wurde, hatte in der finalen Sitzung höchst unterschiedliche Werke zu begutachten. Skulpturale und installative Arbeiten waren ebenso dabei wie Malerei und Grafik.

„Mit unglaublicher Sorgfalt vorgegangen“

„Das digitale Verfahren hat wunderbar geklappt, wir haben uns auf diese Weise womöglich noch intensiver mit den Werken auseinander gesetzt“, versichert Arta Valstar-Verhoff. „Wir sind alle mit unglaublicher Sorgfalt vorgegangen“, pflichtet Stefan Kraus vom Kölner Museum Kolumba bei, der dem Gremium seit fünf Jahren angehört.

Das Rennen machte schließlich Belia Brückner, die sich in ihren konzeptuellen Arbeiten Fragen der Kulturpolitik und des menschlichen Zusammenlebens widmet.

Zugang zu Bildung

Die 28-jährige gebürtige Mönchengladbacherin studiert an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg das Fach „Zeitbezogene Medien“.

Sie überzeugte die Jury mit einem „recherchebasierten, feministisch fundierten und politisch umsichtigen Werk“, das Valstar-Verhoff als „hochengagiert“ und „investigativ“ lobt. Ein Beispiel dafür ist die Rauminstallation „Rekonstruktion des aktuellen Buchbestandes der Jugendstrafanstalt Hahnöfersand“. Anhand von drei Bücherregalen macht Belia Brückner der Öffentlichkeit den Lesestoff der JVA zugänglich und stellt damit zugleich Fragen nach gesellschaftlicher Teilhabe und Zugang zu Bildung.

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Die Verleihung des Stipendiums, an die sich eine Ausstellung mit den Werken der Preisträgerin im Max-Ernst-Museum anschließt, soll am 17. April stattfinden, wenn die Pandemie-Lage es zu diesem Zeitpunkt zulässt.

Am selben Tag soll auch der Vorjahresstipendiat, der Koreaner Minjae Lee, geehrt werden; außerdem wird das 50-jährige Bestehen des Max- Ernst-Stipendiums gefeiert.

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