Abo

An der BelastungsgrenzeAngebote für Kinder mit erhöhtem Betreuungsbedarf sind rar

Lesezeit 3 Minuten
Die 13-jährige Annika braucht rund um die Uhr Hilfe und Betreuung.

Die 13-jährige Annika braucht rund um die Uhr Hilfe und Betreuung.

Brühl – In den Sommerferien sollen sich Familien erholen können, doch gerade berufstätige Eltern von Kindern mit Behinderungen stellt die lange schulfreie Zeit oft vor Betreuungsprobleme. Denn Angebote für Ferienspiele, an denen auch Kinder mit erhöhtem Betreuungsbedarf teilnehmen können, sind rar.

Der gemeinnützige Verein Sonderspaß bietet seit zehn Jahren für Mädchen und Jungen betroffener Eltern zweiwöchige Ferienspiele in der Maria-Montessori-Schule an. Doch in diesem Jahr sind die Teilnahmekosten deutlich gestiegen. So stark, dass betroffene Eltern in einem Brief an den Verein und an Bürgermeister Dieter Freytag beklagen, dass sie sich diese Freizeitgestaltung nicht mehr leisten können.

Betreuung doppelt so teuer wie vor zwei Jahren

In den Herbstferien 2017 habe der Teilnahmebeitrag pro Kind und Tag für Vereinsmitglieder noch bei 49 Euro gelegen, jetzt bei 76 Euro, rechnen die Eltern in ihrem Brief vor. Und für schwerst mehrfachbehinderte Kinder mit erforderlicher Eins-zu-Eins Betreuung erhöhe sich der Beitrag sogar auf 116 Euro pro Tag – doppelt so viel wie vor zwei Jahren.

Betroffen davon ist zum Beispiel Katrin Kossorz. Ihre 13-jährige Tochter braucht rund um die Uhr Hilfe. Das junge Mädchen kann nicht sprechen, nicht selbstständig laufen und ist geistig beeinträchtigt. In den vergangenen Jahren hat sie an der Freizeitgestaltung teilgenommen, „auch eine Frage der Teilhabe“, wie die Mutter erklärt. Denn das Mädchen konnte in der Gruppe spielen, gemeinsam mit anderen Ausflüge unternehmen und zur Ruhe kommen. „Das ist wichtig für unsere Kinder und uns Eltern, da es auch das einzige Angebot für Brühl und Umgebung ist“, sagt Kossorz.

Das könnte Sie auch interessieren:

Doch in diesem Jahr ist ihre Tochter nicht dabei. „Die gestiegenen Preise haben uns an unsere Belastungsgrenze gebracht“, so die 49-Jährige. Sie kann es zudem nicht nachvollziehen, dass Eltern von schwerst mehrfachbehinderten Kindern für die Betreuung 40 Euro pro Tag mehr bezahlen sollen als Eltern von Kindern mit geringerem Pflegebedarf. Schließlich mache auch die Pflegeversicherung da keinen Unterschied bei den unterstützenden Betreuungsleistungen. Auch andere Eltern haben nach Alternativen gesucht. „Zudem wurden wir über die neuen Preise erst am 11. Juni informiert“, beklagt Sabine Moehring, deren Tochter Emily schwer körperlich und geistig beeinträchtigt ist.

Dirk Siebald, Geschäftsführer von Sonderspaß, kann den Unmut der Eltern verstehen. Doch könne der Verein die Kosten für den Ferienspaß nicht anders kalkulieren. Während früher viele Freiwillige die Freizeiten betreut hätten und dafür mit einer Ehrenamtspauschale bezahlt worden seien, seien Ehrenamtler für so etwas heute kaum noch zu finden. Sonderspaß beschäftige für die Freizeitangebote deshalb Mitarbeiter, die mit Rahmenverträgen angestellt seien und entsprechend Lohn erhielten.

„90 Prozent des Preises sind Lohnkosten“, ergänzt Clemens Krämer vom Verein für den Fall der Freizeitgestaltung. Die Eltern haben sich auch an die Stadt mit der Bitte um Unterstützung gewandt. Dazu führten Sonderspaß-Mitarbeiter nun Gespräche mit dem städtischen Jugendamt. Der Verein könne Zuschüsse nach den städtischen Kinder- und Jugendförderrichtlinien beantragen, erklärt die Beigeordnete Stephanie Burkhardt. „Wir als Stadt wollen helfen. Auf die Leistungen der Pflegekassen haben wir aber keinen Einfluss“, ergänzt sie.

KStA abonnieren