Ex-Bundespräsident Christian Wulff in Brühl„Wir müssen zusammenbleiben“

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Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff hielt einen Vortrag über den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land.

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff hielt einen Vortrag über den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land.

Brühl – Viele wollten ein Bild mit ihm. Geduldig ließ sich der ehemalige Bundespräsident und Ex-Ministerpräsident des Landes Niedersachsen Christian Wulff (60) nach seinem Vortrag im Dorothea-Tanning-Saal des Max-Ernst-Museums am Samstag mit zahlreichen Gästen und türkischen Mitbürgern fotografieren.

Als souveräner Redner hatte er die Besucher an diesem Abend beeindruckt. Dem Türkisch-Deutschen Kulturverein war es gelungen, Wulff für eine Rede mit dem Titel „Gesellschaftlicher Zusammenhalt in einer vielfältigen Gesellschaft“ in Brühl zu gewinnen. „Das Thema macht die Zukunft des Landes aus“, betonte der Vereinsvorsitzende Aydin Parmaksizoğlu in seiner Begrüßungsrede.

„Das Land wieder zu einen“ sei die besondere Herausforderung

Zuvor hatte sich der Gast aus Hannover in das Goldene Buch der Stadt eingetragen und wurde von Bürgermeister Dieter Freytag willkommen geheißen. Wulff kreiste sein Thema vor den knapp 300 Interessierten immer wieder ein: Nach Wiederaufbau und Wiedervereinigung gehe es jetzt darum, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. „Das Land wieder zu einen“ sei die besondere Herausforderung der jetzigen Generation.

Es herrsche eine raues Klima, sagte er. Es gebe ihm zu denken, dass Ausländerfeindlichkeit dort am größten sei, wo es gar keine Migranten gebe. Zu den Ursachen für die Stimmungsverschlechterung zählte er unter anderem den Terrorismus, die Finanzkrise und das Buch von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“.

Wulff setzt auf Zivilcourage, Zusammenhalt und Respekt

Man müsse sich immer wieder klar machen, dass Deutschland durch Vielfalt groß und reich geworden sei. Das Grundgesetz mit seinem ersten Artikel „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ gelte für jeden Menschen in Deutschland. Die Deutschen könnten stolz darauf sein, in einem Land zu leben, in dem jede Religion offen ausgelebt werden könne. Der Hass, der sich beispielsweise in widerwärtiger Weise nach der Ermordung der Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen mutmaßlichen Neonazi in den sozialen Medien zeigte, dürfe nicht um sich greifen.

„Wir müssen uns fragen, in welcher Gesellschaft wir leben wollen“, so der gelernte Jurist. „In einer friedlichen, in der wir menschlich miteinander umgehen. In der sich alle an die gemeinsamen Regeln und Werte halten“, lautete seine Antwort. Dabei setzte Wulff auf mehr Zivilcourage, mehr Zuversicht, mehr Zusammenhalt und Respekt. „Wir müssen zusammenbleiben“, appellierte er.

Wulff ging auch auf aktuelles politisches Geschehen ein

Gut eine knappe Stunde sprach Wulff leidenschaftlich und nachdenklich. Dabei erinnerte auch an seine bewegenden Begegnungen mit Größen wie dem ehemaligen sowjetischen Staatspräsidenten Michael Gorbatschow und dem polnischen Staatspräsidenten und Friedensnobelpreisträger Lech Walesa. Er ging zudem auf die Politik von US-Präsident Donald Trump ein, die für Ängste in Europa sorge und sprach das derzeit schwer belastete Verhältnis zwischen Deutschland und der Türkei an.

Den Satz, dass der Islam inzwischen auch zu Deutschland gehört, würde der Christdemokrat heute noch vehementer sagen, „weil ich ihn für richtig halte“, betonte Wulff im anschließenden Gespräch mit Prof. Dr. Ahmet Ünalan von der Universität Diusburg-Essen.

Eine der letzten Frage aus dem Publikum im Saal lautete: „Muss man Angst vor der AfD haben?“ „Wir sind mehr, die das demokratische Land verteidigen. Die, die Gewalt als Mittel ansehen, müssen uns fürchten“, antwortete Wulff.

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