18-Jähriger hilft im Ahrtal und Blessem„Ich habe 21 Stunden lang Keller ausgepumpt“

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Fluthelfer Caspar Goss

Caspar Goss half nach der Flut im Ahrtal und in Erftstadt.

Erftstadt/Ahrweiler – Caspar Goss (18) arbeitet bei der freiwilligen Feuerwehr in Köln. Noch in der Flutnacht arbeitete er stundenlang in Köln, fuhr kurze Zeit später nach Erftstadt-Blessem und half dann auch im Ahrtal aus:

„Neben meiner Ausbildung bin ich in der freiwilligen Feuerwehr in Köln. In der ersten Nacht der Flut habe ich 21 Stunden lang Häuser in Köln ausgepumpt, da hatte ich schon einen normalen Arbeitstag hinter mir. In der Woche nach der Flut bin ich zum ersten Mal mit der Feuerwehr nach Blessem gefahren. Ich hatte Respekt davor, ich kannte ja die Bilder – aber was vor Ort los war, hat alle Befürchtungen übertroffen.

Als ich die Zerstörung in Blessem gesehen habe, musste ich erstmal schlucken. Seitdem ich dort war, bin ich bis vor einigen Wochen jeden freien Tag zum Helfen ins Ahrtal gefahren. Mittlerweile gibt es ein gut organisiertes Camp und Shuttle, die einen von Köln dahin bringen. Am Anfang haben wir Straßen freigeräumt, Keller leergemacht, Gärten aufgeräumt, Schlamm geschüppt, Putz gestemmt.

Einmal kam uns auf der Straße eine alte Dame entgegen. Sie weinte. Sie hatte 16 Autos in ihrem Garten – ein Autofriedhof. Es ist ein gutes Gefühl, dann helfen zu können – und ein komisches Gefühl, zurück nach Köln zu kommen in eine heile Welt und die Menschen in der Innenstadt feiern zu sehen.

„Es ist auch nicht so einfach, das alles emotional wegzustecken“

Wenn man einmal mitgeholfen hat und die ganze Verzweiflung, aber auch den Willen, wieder aufzubauen, den Zusammenhalt erfahren hat, packt einen das. Ich habe mir aber auch gedacht: Wir könnten noch viel mehr sein. Mittlerweile bin ich nicht mehr jeden freien Tag im Hochwassergebiet.

Es ist auch nicht so einfach, das alles emotional wegzustecken. Immer wenn ich zurückkam, hatte ich schlechte Laune. An jedem freien Tag habe ich darüber nachgedacht, zu fahren, es hat mich einfach nicht mehr losgelassen. Meine Eltern haben dann irgendwann die Reißleine gezogen und gesagt: Dieses Wochenende bleibst du mal hier. Es hat mir gutgetan, mal wieder mit Freunden was zu machen, runterzukommen.

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Anfang der Herbstferien war ich nochmal mit einem Freund für fünf Tage im Ahrtal – gerade jetzt vor dem Winter brauchen die Menschen weiter dringend Hilfe. Die Arbeiten haben sich natürlich verändert, mittlerweile geht es meistens darum, die Häuser zu entkernen, damit die Wände trocknen können.

Ich würde mir wünschen, dass mehr junge Leute helfen. Es ganz einfach, man kann jeden Tag zum Helfershuttle in Grafschaft kommen. Man bekommt dort alles, was man braucht und wird zu einem Auftrag gebracht. Am Ende gibt es kostenloses Abendessen, Getränke und manchmal sogar Livemusik!

Aufgezeichnet von Tim Morgenstern.

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