Aktionswoche zu Suchtproblemen in FamilienDamit kein Kind vergessen wird

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Sie stellten die Aktion vor: Britta Schmitz, Franziska Graw-Czurda, Georg Spilles und Volker Heck (v.l.).

Sie stellten die Aktion vor: Britta Schmitz, Franziska Graw-Czurda, Georg Spilles und Volker Heck (v.l.).

  • In Erftstadt und Kerpen kooperieren zwei Beratungsstellen für Suchterkrankungen. Eine Aktionswoche soll nun für dieses Thema sensibilisieren.
  • Die Mitarbeiterinnen der Caritas-Erziehungs- und Familienberatung können unzählige Geschichten erzählen.
  • Vor allem für Kinder ist das Leben in einer Familie mit Suchtproblemen oftmals sehr schwierig.

Erftstadt/Kerpen – Es sind die kleinen Geschichten, die die ganze Not der Kinder suchtkranker Eltern offenbaren. „Jetzt kann ich endlich mal eine Freundin mit nach Hause bringen“, erzählte ein Mädchen, dessen Mutter ihre Alkoholabhängigkeit in den Griff bekommen hatte. Vorher hatte das Kind sich das nie getraut. Es wusste wenn es nach Hause kam nie, in welchem Zustand sich die Mutter und auch die Wohnung befinden würden.

„Zukunftsweisende“ Zusammenarbeit

Die Mitarbeiterinnen der Caritas-Erziehungs- und Familienberatung könnten unzählige solcher Episoden erzählen. Mit der Aktionswoche „Vergessenen Kindern eine Stimme geben“ wollen sie um Aufmerksamkeit für die Kinder in Suchtfamilien werben. Organisiert wird die Aktion in Zusammenarbeit mit der Psychosozialen Beratungsstelle der Caritas – Fachambulanz Sucht – in Kerpen. „Zukunftsweisend“ nannte Dr. Britta Schmitz, Leiterin der Erftstädter Beratungsstelle, die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Gesundheitshilfe. Beide Einrichtungen feierten in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen, berichtete Georg Spilles, Leiter der Kerpener Fachambulanz.

Zum runden Geburtstag fällt die alljährliche Aktionswoche aufwendiger aus. Die Berater haben Karten drucken lassen mit der Frage: Was hilft Kindern suchterkrankter Eltern? Die runden Pappen lagen in der Beratungsstelle aus, die Mitarbeiter gingen aber auch auf Menschen zu und baten um Antworten. Rund 180 Leute – Fachleute, Kommunalpolitiker, Mitarbeiter des Jugendamts, Ärzte, Betroffene und Bürger ohne besonderen Bezug zum Thema – haben die Frage beantwortet. Die einen spontan, aus dem Gefühl heraus, die anderen geleitet von ihrer Fachkompetenz.

Erziehungskompetenz stützen

„Aufmerksamkeit von außen, das Gefühl, nicht allein zu sein“, steht auf einer der Karten. „Dass jemand Zeit mit den Kindern verbringt, dass man ihnen zuhört. Geborgenheit, Liebe, Verständnis. Ganz wichtig ist, dass sie Vertrauen gewinnen und sich öffnen“, hat eine Mutter geschrieben. Und ein Mann hat notiert: „Dass die Sucht kein übles Laster ist, sondern eine schlimme Krankheit.“ Kinder, die in Suchtfamilien aufwüchsen, seien keine Randgruppe, berichteten die Fachleute. Auch Volker Heck, stellvertretender Leiter der Erziehungs- und Familienberatung Erftstadt, und Beraterin Franziska Graw-Czurda waren dabei, als das Projekt vorgestellt wurde. Schätzungsweise jedes sechste Kind in Deutschland sei betroffen – auch im Rhein-Erft-Kreis. Oft werden sie vernachlässigt, manche übernehmen gewissermaßen die Elternrolle, kümmern sich um jüngere Geschwister und den Haushalt. Sie haben Schuldgefühle, sind unsicher, schämen sich für ihre Eltern. Und sie haben ein drei- bis viermal so hohes Risiko, später selbst abhängig von Drogen, Alkohol oder Tabletten zu werden wie Kinder gesunder Eltern.

Doch Spilles brach eine Lanze für die kranken Väter und Mütter: „Sie sind genauso gute Eltern wie andere auch, sie lieben ihre Kinder, wie wir es tun. Sie haben nur nicht die Möglichkeit, das zu leben.“ Deshalb sei es Aufgabe der Caritas-Stellen, sie in ihrer Erziehungskompetenz zu stützen. Stellwände mit den Karten und den Vorschlägen sind ab jetzt in Lechenich im Pfarrzentrum St. Kilian, in VR-Bank und Kreissparkasse zu sehen, in Liblar im Rathaus und in Bergheim im Kreishaus.

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