Artisten am TrapezNeue Seilverbindungen zwischen Strommasten an der B 265

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Buchstäblich in den Seilen hingen am Wochenende die Freileitungsmonteure in den Hochspannungsmasten.

  • Wie Artisten am Trapez bewegte sich dort in luftiger Höhe das Team von Thomas König.
  • Schwindel und Furcht – das ist bei ihrer Arbeit schlichtweg undenkbar.
  • Für welches teure Projekt die Freileitungsmonteure diesen Drahtseilakt auf sich genommen haben.

Erftstadt-Ahrem – Jedermanns Sache ist das ganz sicher nicht: In einer Höhe von 36 bis 52 Metern – gesichert nur durch Seile – arbeiten zu müssen. Solche Gedanken dürften am Wochenende auch einigen Passanten gekommen sein, als sie fasziniert hinauf zu den Strommasten an der Bundesstraße 265 blickten. Dort wurde nämlich fleißig gearbeitet. „Aufgabe der Freileitungsmonteure war es, Seilverbindungen zwischen den neugebauten Strommasten und den Bestandsmasten herzustellen“, erklärte Freileitungsprojektleiter Jörg Arends vom Unternehmen Westnetz.

Die Trasse in Zahlen

Die Stromtrasse zwischen Kierdorf und Euskirchen ist 21,6 Kilometer lang. Sie versorgt auch Lechenich mit Strom. Die Bauarbeiten begannen im August 2019 und enden im April 2021. Westnetz investiert dort rund 29 Millionen Euro. Die neuen Leitungen sind aus Stahl und Aluminium und wiegen pro Meter etwa ein Kilogramm. Nach der Fertigstellung kann eine theoretische Übertragungsleistung von 1360 Ampere erreicht werden.

Die am Wochenende von der Firma C-Team in Erftstadt-Ahrem gezogenen Leitungen werden schon unmittelbar nach der Fertigstellung in Betrieb genommen. Das neue Leitungssystem hat nichts mit dem Ultranet, der Gleichstromverbindung zwischen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, zu tun, das aktuell von der Firma Amprion gebaut wird und in Teilen auch durch Kommunen im Rhein-Erft-Kreis führt. (mkl)

Wie Artisten am Trapez bewegte sich dort in luftiger Höhe das Team von Thomas König. Schwindel und Furcht – das ist bei ihrer Arbeit schlichtweg undenkbar. Mit 16 Freileitungsmonteuren war König von der Firma C-Team vor Ort. Mit sogenannten Steigleinen waren sie permanent gesichert. Über Funk hielten die Mitarbeiter untereinander und König mit seinem Kollege Oliver Schille Kontakt.

65 neue Maste auf insgesamt 21,6 Kilometern

Auf einer Strecke von insgesamt 21,6 Kilometern werden zwischen Kierdorf und Euskirchen insgesamt 65 neue Maste gesetzt, die abschnittsweise mit neuen Leitungen verbunden werden müssen. Sowie die Leitungen ans Netz geschlossen sind, werden die alten Maste, die teils noch aus dem Jahre 1925 stammen, zurückgebaut. Bis April 2021 soll das 29 Millionen Euro teure Projekt abgeschlossen sein.

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Bis ins Detail haben Jörg Arends (2.v.l.), Casten Weber (3.v.l.) sowie Thomas König (r.) und Oliver Schille (l.) die Arbeiten geplant.

Wie der technische Projektleiter von Westnetz Carsten Weber erläuterte, sind die neuen Maste zehn bis zwölf Meter höher und die neuen Leitungen mit 22 Millimeter Durchmesser erheblich dicker als ihre Vorgänger. „Mit den neuen Leitungen können wir mehr als doppelt so viel Strom transportieren“, erklärte Weber.

Bundesstraße 265 Samstag und Sonntag gesperrt

Wegen der steigenden Ansprüche, aber auch um den verstärkten Einspeisungen durch Solar- und Windstrom gerecht zu werden, seien diese Leitungen nötig. Mehrere Monate dauerten alleine die Detailplanungen für die Arbeiten am Wochenende. Der Bauabschnitt führte von einem Bestandsmast aus dem Jahre 2000 zu einem Mastneubau in rund 250 Metern Entfernung über die B 265.

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Die Straße musste deswegen zwischen Ahrem und Lechenich am Samstag und Sonntag gesperrt werden. „Es wäre für die Bevölkerung anders einfach zu gefährlich“, erklärte Weber. Durch eine Windböe zum Beispiel könnte ein Seil herunterfallen. „Dies kann, wenn eine Person unglücklicherweise genau dort am Boden steht, tödlich enden“, erläuterte er. Dies war den etlichen Verkehrsteilnehmern wohl nicht bewusst, als sie zu Fuß oder mit dem Fahrrad die Absperrungen einfach ignorierten. „Wir sperren ja nur ab, damit nichts passiert“, sagte Weber.

Wetter blieb genau im Blick

Unwirsch seien auch ein paar Autofahrer gewesen. „Einige hielten sogar an und schimpften, weil sie die Ausschilderung der Umleitung übersehen hatten“, ergänzte Arends. Ganz genau hielten sie auch das Wetter im Blick. Der am Samstagnachmittag teils heftige Regen und Wind ließ sie äußerst wachsam bleiben. „Noch gefährlicher sind Gewitter und Vereisungen am Mast“, sagte Weber.

Keiner der Arbeiter hätte in diesem Fall hinaufgedurft. „Bei gutem Wetter ist die Aussicht von da oben einfach fantastisch“, schwärmte König. Er weiß das aus Erfahrung. Schließlich hat er früher auch als Freileitungsmonteur gearbeitet.

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