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SterbenDa sein, bis zuletzt – Was Ehrenamtliche im Erftstädter Hospiz erleben

Lesezeit 3 Minuten
Da sein, Halt geben, zuhören: Wer Sterbende begleitet, braucht Empathie – und den Mut, sich zu engagieren.

Da sein, Halt geben, zuhören: Wer Sterbende begleitet, braucht Empathie – und den Mut, sich zu engagieren.

  • Für viele Menschen ist es eine schreckliche Vorstellung, dabei zu sein, wenn jemand stirbt.
  • Der Hospiz-Verein Erftstadt zeigt, worauf es ankommt.
  • Die Beziehung zu einem Sterbenden kann sehr intensiv sein, nicht unbedingt harmonisch.

Erftstadt – Der Kommentar ist meist der gleiche: „Toll, was du da machst. Ich könnte das nicht.“ Christiane Windhausen hat sich an die Reaktion gewöhnt, wenn sie von ihrem Ehrenamt erzählt. Die 52-Jährige engagiert sich im Hospizverein. „Ich finde das Thema ‚Sterben als Abschnitt des Lebens‘ interessant“, sagt sie.

Im Januar 2018 hat sie sich an den Hospiz-Verein Erftstadt gewandt. „Darüber nachgedacht hatte ich schon länger“, erzählt Windhausen. Den letzten Anstoß gab ein Buch: „Die sieben Geheimnisse guten Sterbens“, geschrieben von einer buddhistischen Palliativschwester.

Schulung dauert 80 Stunden

Evelyn Preis ist Koordinatorin für den Erwachsenenhospizdienst. Sie organisiert auch die Seminare, mit denen die neuen Ehrenamtler auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Rund ein halbes Jahr dauert die Schulung, an die 80 Stunden, meist am Wochenende. Ganz oft engagierten sich Leute, die selbst erst kürzlich einen Menschen verloren hätten, erzählt Preis. Zwei sehr unterschiedliche Motivationen habe sie beobachtet. Die einen sagten: „Mir ist so viel Gutes widerfahren, deshalb möchte ich etwas zurückgeben.“ Und die anderen: „Um mich hat sich keiner gekümmert, das möchte ich anderen ersparen.“

Christiane Windhausen hat bereits eine Seniorin begleitet – bis zum Tod. Sie sucht nach den richtigen Worten, um ihr Gefühl zu beschreiben: „Es hat mich nicht belastet. Irgendwie hat alles gestimmt, es war ein runder Fall.“ Für Windhausen war die Zeit der Begleitung eine Bereicherung. Ihre Handbewegung macht deutlich, wie sich Kreise geschlossen haben: der Lebenskreis der alten Frau, der Kreis einer kurzen, aber intensiven Beziehung.

Einer durchaus nicht immer harmonischen Beziehung. „Die Frau war kein lieber Oma-Ersatz“, erinnert Windhausen sich. „Sie war manchmal richtig garstig, sie hat mich auch angeschrien.“ Vielleicht habe gerade das geholfen, dass sie die Balance habe halten können, vermutet Windhausen: „Man darf sich nicht zu sehr emotional binden. Aber Mitgefühl braucht man.“

Mit viel Empathie erzählt die Hospiz-Begleiterin von den Treffen mit der alten Frau. Manchmal habe die gar nicht mit ihr reden wollen, nur stumm dagesessen. „Und dann hat sie mich gefragt, ob ich bis zuletzt bei ihr bin. Das habe ich ihr versprochen.“ Für viele Menschen ist es eine schreckliche Vorstellung, dabei zu sein, wenn jemand stirbt. Windhausen sagt schlicht: „Ich habe mein Versprechen gehalten.“ Knapp 40 Ehrenamtler sind für den Hospiz-Verein Erftstadt im Einsatz, Verstärkung wird dringend gesucht – nicht nur für die Begleitung Sterbender, sondern auch in der Trauerbegleitung.

Was muss man können für die sicher nicht leichte Aufgabe? „Zuhören, Tränen aushalten“, sagt Koordinatorin Christine Beiderwieden. Und Zeit müsse man mitbringen. Wie viel Zeit er letztlich investiere, entscheide der Ehrenamtler aber selbst. Christiane Windhausen macht anderen Mut, sich zu engagieren. Man müsse keine spezifische berufliche Vorbildung haben: „Ich zum Beispiel mache einen Verwaltungsjob.“ Und dann kommt sie zurück auf das Thema „Sterben als Abschnitt des Lebens“. Man könne doch nicht einen ganzen Abschnitt des Lebens aus der Wahrnehmung ausklammern, sagt Christiane Windhausen. Ihr Plädoyer und ein Leitspruch der Hospizarbeit: „Leben – bis zuletzt.“

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