Zahnarzt Dr. Mecking„Es ist ärgerlich, dass Leute mit Masken soviel Geld machen“

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Die Behandlung von Patienten in der Zahnarztpraxis von Dr. Dieter Mecking findet unter besonderen hygienischen Bedingungen statt.

  • Zahnarzt Dr. Dieter Mecking muss wegen des Coronavirus in seiner Praxis einige Dinge umstellen.
  • Im Interview spricht er über seine Vorkehrungen, den neuen Praxisalltag und Schmerzpatienten.
  • Und er erzählt, wie er und seine Mitarbeiter mit der Angst vor dem Coronavirus umgehen.

Erftstadt – Der Zahnarzt Dr. Dieter Mecking praktiziert seit mehr als 20 Jahren in Erftstadt. Er ist 54 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Über die besonders schwierige Situation einer Zahnarztpraxis in Zeiten des Coronavirus sprach Bernd Rupprecht mit ihm.

Herr Mecking, als Zahnarzt haben Sie und Ihre Helferinnen ein hohes Infektionsrisiko. Wie gehen Sie damit um?

Ja, neben Ärzten und Pflegekräften, die infizierte Patienten betreuen, hat das Personal von Zahnarztpraxen ein erhöhtes Risiko. Wir befragen jeden Patienten, der zu uns kommt, ob er irgendwelche Symptome wie Husten, Heiserkeit, Schnupfen oder Fieber hat. Akut erkrankte Menschen würden wir aus der Regelbehandlung herausnehmen. Wir würden sie beispielsweise am Ende einer Sprechstunde behandeln. Und dann unter noch höheren hygienischen Bedingungen.

Wie organisieren Sie den Praxisalltag?

Unser Wartezimmer ist sechs Meter lang. Dort sitzen höchstens zwei Patienten mit etwa vier Meter Abstand. Weitere Patienten warten dann im Pkw mit hinterlassener Handynummer. Wir rufen sie dann an, wenn sie dran sind. Immunreduzierte Patienten, beispielsweise Organtransplantierte oder Menschen, die von einer Chemotherapie schon angegriffen sind, kommen direkt in ein Behandlungszimmer.

Zahnschmerzen kommen ja oft aus dem Nichts, können Sie denn allen Patienten helfen?

Auf jeden Fall, allen Schmerzpatienten können wir zurzeit helfen. Es ist für uns in der Praxis eben ein erhöhter Zeit- und Hygiene-Aufwand.

Melden sich weniger Patienten für eine Behandlung an?

Wir verzeichnen einen deutlichen Rückgang. Aber andererseits ist ein normaler Praxisalltag gar nicht möglich. Nach jedem behandelten Patienten desinfizieren wir Türklinken, Armlehnen, andere Glattflächen im Behandlungsraum. Dort könnten sich ja Viren und Keime absetzen und bis zu mehreren Tagen überleben. Wirtschaftlich ist unsere Zahnarztpraxis bei dem verringerten Patientenaufkommen zurzeit nicht zu betreiben. Aber wir machen natürlich für unsere Patienten auch in diesem Krisenfall weiter.

Gibt es auch Patienten, die kein Verständnis für die neuen Regeln haben?

Nein, die Akzeptanz bei neuen Patienten wie bei unseren Stammkunden ist sehr groß. Ich hätte das gar nicht so unbedingt erwartet. Aber hier hat sich noch niemand beschwert.

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Sind denn wenigstens Zahnarztpraxen mit ausreichend Schutzbekleidung, Masken und Desinfektionsmittel versorgt?

Wir werden von allen Depots, also Händlern mit Zahnarztverbrauchsmaterial, von Woche zu Woche vertröstet. Teils gibt es bis zu acht Wochen Wartezeiten für Hygieneartikel, die dringend benötigt werden. Das hat es noch nie gegeben. Mit erheblichem Aufwand ist es mir gelungen, spezielle Filtermasken auf Umwegen zu besorgen. Denn die Virenlast ist im Rachen besonders hoch. Einzelne Artikel sind derzeit für Mondpreise im Internet erhältlich. Statt für acht oder neun Euro werden da 30 Euro für eine Maske verlangt. Es ist schon ärgerlich, dass da jetzt Leute soviel Geld mit machen. Entscheidend aber ist, dass der Nachschub organisiert wird.

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Masken wie diese und auch andere werden in Zahnarztpraxen genutzt – und sind nur schwer zu beschaffen.

Wie hätte sich denn diese nicht ausreichende Versorgung verhindern lassen können?

Ich hatte mir vorgestellt, dass solche Schutzausrüstung in ausrechender Menge in Deutschland auf Lager liegt. Aber mir scheint, dass das so ist wie bei Autoersatzteilen. Die Lagerhaltung für diese Artikel findet in Lkw auf den Straßen statt. Hinzu kommt, dass Apotheken zurzeit auch nur zögerlich Medikamente liefern. Aber wenn Antibiotika überwiegend nur im Ausland hergestellt werden, darf man sich nicht wundern.

Auch Sie und Ihre Mitarbeiter haben Familien. Haben Sie Angst vor Infektion?

Die Angst ist schon berechtigt. Auch mit unserer Ausstattung gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Und zu Hause sage ich meinen Kindern, dass der Papa nicht einfach die Praxis schließen kann und das auch nicht will.

Was fordern Sie von Gesundheitspolitikern und Krankenkassen, was muss sich in Zukunft ändern?

Es muss jedem klar sein, dass für ähnliche Krisen vorgesorgt werden muss. Wir brauchen einen Mindestvorrat an Schutzausstattung und Arzneimitteln. Das muss bedingungslos gewährleistet sein. Ich bin für Marktwirtschaft, aber es gibt marktwirtschaftliche Grenzen. Der Staat muss da mehr Verantwortung übernehmen - zum Schutz der Bevölkerung.

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