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Königsdorfer ForstDer Wald der Geheimnisse

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Viele Wanderwege führen durch den Wald, aber auch Reitwege.

Viele Wanderwege führen durch den Wald, aber auch Reitwege.

Frechen – Bis in den Himmel sind es genau 223 Stufen – jedenfalls wenn man die Himmelsleiter des Königsdorfer Waldes nutzt und sich diese stattliche Anzahl an Stufen aus ehemaligen Eisenbahnschienenbalken bis zur Glessener Höhe heraufschleppt. Von dort oben sieht es tatsächlich aus, als wäre man dem Himmel nahe. Jedenfalls reicht bei gutem Wetter und klarer Sicht der Blick bis zu den zwei Spitzen des Kölner Doms.

Der Königsdorfer Forst ist ein besonderer Wald, geadelt seit 2003 als Naturschutzgebiet und wegen seiner europaweiten Bedeutung als naturnaher Stieleichen-Hainbuchenwald auch als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet ausgewiesen. Neben Waldmeister-Buchenwald gibt es dort auch alte bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen und Seen. Außerdem leben in dem Altforst schützenswerte Vogelarten wie der Mittel-, Schwarz- und auch Grauspecht sowie der Wespenbussard oder die Nachtigall.

Unverritzter Boden

Letztendlich ist er aber auch schützenswert „wegen der Seltenheit und besonderen Eigenart des Waldes insbesondere wegen der vielfältigen Strukturen und seltenen Pflanzen dieses artenreichen Waldes zur Erhaltung des größten zusammenhängenden naturnahen Laubwaldes auf der Ville-Hochfläche auf unverritztem Boden“, wie es auf der Seite des Landesamtes für Naturschutz heißt. Unverritzt nennt man Boden, der noch nicht vom Bergbau berührt wurde.

Tatsächlich hat der 333 Hektar große Forst für einen Besucher vor allem eine Wirkung. Kaum hat man den Wald betreten, taucht man in die geruhsame Stille und Kühle der großen alte Bäume ein. Es gibt dort Überreste eines rund 400 Jahre alten Baums. Die Fischteiche des ehemaligen Klosters Königsdorf befinden sich unweit des Waldparkplatzes zwischen Königsdorf und Pulheim-Dansweiler. Zwar führen sie seit mehr als zehn Jahren kein Wasser mehr, laufen bei starken Regenfällen aber immer noch teilweise voll. Ein kleines Stückchen weiter ist eine Abbaufläche von Quarzsand, in deren tiefen Kuhlen sich Jugendliche abenteuerliche Rampen aus Holz für ihre BMX-Rad-Tricks gebaut haben.

Auf ein trauriges Ereignis weist ein verwitterte Steinkreuz auf der rechten Seite des Weges rund 50 Meter hinter dem Parkplatz hin. Dort hat die 27 Jahre alte Gertrud Dahmen, „die ehrbare Jungfrau“, 1819 Quarzsand mit einem Eimer ausgraben wollen und wurde verschüttet. Damals verwendeten die Menschen Sand zum Scheuern und Putzen.

Wenn man von dort aus Richtung der Glessener Höhe wandert, erreicht man bald die Holztreppe aus Eisenbahnbalken – die Himmelsleiter. Nachdem sie marode und fast nicht mehr zu benutzen war, setzten sich die Bürger der umliegenden Städte für sie ein und bauten sie in Eigenregie wieder auf. Das Regionalforstamt spendete das Holz, die Bürger tauschten die Bohlen aus.

In der Nähe befindet sich ein verwittertes Steinkreuz, das an einen Mord erinnert: „1815, den 7. Mai, starb hier an einem Stickel getroffen der wohledle Oberförster Johann Peter Vochem OK AM RIP“ – lautet seine Inschrift und macht mit diesen simplen Worten darauf aufmerksam, dass der arme Förster mit einem Stock erschlagen wurde, wahrscheinlich, als er einen Wilderer erwischte.

Ein romantischer Ort ist die Ovvenspief – oder der Baum der Verliebten, wie das von zwei Stämmen zu einem zusammengewachsene Unikat auch genannt wird. Die Turtelnden haben dort ihre Initialen mit der Jahreszahl eingeritzt. Und der Wald bewahrt die Geheimnisse der Verliebten, die ihn aufsuchen.

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