„Der Kunde ist König“Bernadette und Harald Seidel geben Lebensmittelladen in Hürth-Stotzheim auf

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Bernadette Seidel steht hinter der Kasse ihres Ladens und hilft einer Kundin beim Einpacken. Zwischen den Frauen auf dem Tresen liegen einige Einkäufe.

Für Bernadette Seidel war es stets selbstverständlich, ihrer Kundschaft auch beim Einpacken zu helfen. Nun schließt der Lebensmittelladen in Hürth-Stotzheim.

Ein Ort, der ganze Generationen geprägt hat: Doch nun schließt der Lebensmittelladen von Bernadette und Harald Seidel in Hürth-Stotzheim. Kundinnen und Kunden sind traurig über das Ende des Geschäfts. 

Bernadette (68) und Harald Seidel (72) mussten mehrfach tief Luft holen, um nicht vor Rührung in Tränen auszubrechen. Nach 35 Jahren öffneten sie am Silvestertag ihr kleines Lebensmittelgeschäft im Herzen von Stotzheim zum letzten Mal.

Doch mit so vielen netten Menschen, die sich mit Blumen, Geschenken und lieben Worten persönlich von ihnen verabschieden und ihnen danken wollten, hatten sie nicht gerechnet.

Ortsvorsteher über Seidels Geschäft: „Hier gab es immer ein nettes Wort“

Im Namen des ganzen Ortes dankte dann auch Willi Winkelhag den Geschäftsleuten: „Hier gab es immer ein nettes Wort“, lobte der Ortsvorsteher. Diese Herzlichkeit und Freundlichkeit sei schon etwas sehr Besonderes gewesen.

Tatsächlich lebten Bernadette und Harald Seidel den Slogan: „Der Kunde ist König.“ Schon vor Jahren wurde Bernadette Seidel deswegen von ihren Stammkunden mit einem Pokal und der Auszeichnung „Verkäuferin mit viel Herz und Humor“ geehrt. „Den nehme ich auch mit“, versicherte die 68-Jährige. Zur Geschäftsaufgabe meinte sie nur: „35 Jahre sind genug.“

Die goldene Plakette eines Pokals. Sie zeigt einen Lorbeer-Strauch.

Für ihre Freundlichkeit haben die Kunden Bernadette Seidel schon vor Jahren mit einem Pokal geehrt.

Das zurückliegende Jahr sei für sie und ihren Mann nicht leicht gewesen. „Aber es gibt Nachfolger“, berichtete sie. Schon im Februar könnte das Geschäft wieder eröffnen. Die Zusammenarbeit mit der Hürther Bäckerei bleibe genauso erhalten wie die mit einer Kölner Metzgerei. „Zuvor soll hier aber alles noch renoviert und modernisiert werden“, kündigt die Geschäftsfrau an.

Viele traurige Stimmen wegen Schließung des Lebensmittelladens von Bernadette und Harald Seidel

Gegründet wurde das Geschäft vor mehr als 60 Jahren. „Wir haben das Geschäft 1987 von der Gründerin übernommen, die das Geschäft selbst zuvor 26 Jahre geführt hatte“, berichtete Harald Seidel. Zunächst sei es jedoch seine Frau gewesen, die den ganzen Geschäftsbetrieb gemanagt habe. Er selbst sei erst vor vier Jahren als Rentner voll mit eingestiegen.

„Und eigentlichen waren am Anfang auch nur fünf Jahre geplant“, sagte er. Letztendlich seien es dann jedoch 35 Jahre geworden. „Hier haben ganze Generationen eingekauft“, sagte Bernadette Seidel. Das unterstrich auch Willi Winkelhag.

Ortsvorsteher Willi Winkelhag (3.v.l.) steht zusammen mit Harald und Bernadette Seidel und weiteren Personen in dem inzwischen fast leer geräumten Laden. Frau Seidel hält einen Blumenstrauß

Ortsvorsteher Willi Winkelhag (3.v.l.) kam mit Blumen, um sich von Harald und Bernadette Seidel zu verabschieden und ihnen zu danken.

Wie gestern komme es ihm vor, dass er selbst dort als Stotzheimer Junge sein Taschengeld über die Verkaufstheke gereicht habe, um eine Tüte Süßigkeiten zu kaufen. „Viele der Kinder von damals kommen bis heute, um sich auch als Erwachsener die Tüte Süßigkeiten hier zu holen“, verriet Bernadette Seidel. Auch ihre belegten Brötchen seien bei großen und kleinen Stotzheimern beliebt.

Einige Kunden haben der 68-Jährige schon gesagt: „Sie haben mehr Brötchen für mich geschmiert als meine Mutter“. Seit Jahrzehnten kommt auch Margareta Reutler (88) regelmäßig zum Einkauf. „Es tut mir richtig leid, dass unser Geschäft hier in Stotzheim schließt“, sagte sie.

„Hier haben wir uns angekommen und richtig zu Hause gefühlt“, beschrieb Josefine Wagner (68) ihre Gefühle. „Am allerschönsten hier war immer die freundliche Bedienung“, schwärmte Peter Keller. Stammkunden hätten ja sogar den Schlüssel vom Getränkelager bekommen, um bei einer Party spontan für Nachschub sorgen zu können.

„Das lief ausschließlich auf Vertrauensbasis“, sagte Bernadette Seidel. „Sie hat ja sogar nach Feierabend die bestellte Ware zu den Kunden nach Hause gebracht“, lobte auch die 75-jährige Brigitte Cohnen das Engagement der Geschäftsfrau. In den nächsten Tagen werden Bernadette und Harald Seidel ihr Geschäft jetzt noch auf- und ausräumen. „Danach beginnt auch für uns etwas Neues.“

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