Kollege RoboterWie in Hürth künstliche Intelligenz ein Logistiklager leitet

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Vollautomatisch flitzen die batteriebetriebenen Roboterwagen über das Schienensystem und greifen sich die darunter liegenden Lagerbehälter.

Vollautomatisch flitzen die batteriebetriebenen Roboterwagen über das Schienensystem und greifen sich die darunter liegenden Lagerbehälter.

  • Der DocCheck-Shop ist nach eigenen Angaben einer der größten Versender von Medizinprodukten, Medizintechnik sowie medizinischen Einrichtungen.
  • Im Hürther Logistikzentrum gibt es neben Lager- und Büroflächen auch ein Studio, in dem Produktvideos für das Internet gedreht werden.
  • Das Lager funktioniert mittlerweile mit Robotern, die selbstständig Bestellungen zusammen sammeln.

Hürth – Wie von Geisterhand gesteuert, flitzen die Roboterfahrzeuge mit sirrenden Elektromotoren kreuz und quer über die Aluminiumschienen. Die Bahnen sind in 6,50 Metern Höhe zu einem 350 Quadratmeter großen Gitternetz verknüpft. Jeden Moment rechnet man mit einem Zusammenstoß, doch der Computer steuert die Wagen präzise aneinander vorbei an ihren Zielort.

Dort senken sich Greifer in die Tiefe, packen jeweils einen von 10 000 Kunststoffbehältern, die in Stapeln von bis zu 13 Stück gelagert sind, und bugsieren sie zur Ausgabestelle. Fast alles läuft automatisiert im neuen Roboterlager von DocCheck, einem europaweit aktiven Versandhändler für Medizinprodukte.

Firmensitz seit vergangenem Jahr in Hürth

Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen seinen Firmensitz aus der Nähe von Stuttgart nach Hürth verlegt. Im November wurde ein neues Logistikzentrum in einer schlichten, 2000 Quadratmeter großen Gewerbehalle an der Daimlerstraße im Gewerbegebiet Nord-Ost in Betrieb genommen.

Vorher hat dort die Filmproduktion Action Concept für die TV-Serie „Alarm für Cobra 11“ gedreht. „Als wir hier angekommen sind, lagen noch alte Stoßstangen herum, und auf dem Hof standen Schrottautos“, sagt Geschäftsführer Helmut Rieger schmunzelnd.

Künstliche Intelligenz sortiert gesamtes Lager

Für 1,8 Millionen Euro hat DocCheck die Halle umgebaut. Allein 1,3 Millionen Euro hat das Herzstück des Logistikzentrums gekostet: die Autostore-Anlage, die abgeschirmt hinter Wänden werkelt; nur von oben kann man in das Roboterlager hineinschauen.

„Wo genau welches Produkt lagert, können wir selbst nicht sagen. Das weiß nur das Computerhirn“, sagt Geschäftsführer Rieger. Der Rechner sagt auch voraus, wann welche der hauptsächlich mit Klinik- und Praxisbedarf wie Verbandsmaterial, Stethoskopen, Kitteln, Arzttaschen und Spritzen beladenen Boxen wohl gebraucht wird und gibt den elf Roboterwagen entsprechende Anweisungen zur Einlagerung.

Schnelligkeit und kurze Lieferzeiten zentral

3000 Medizinprodukte hat der DocCheck-Shop ständig auf Lager, insgesamt umfasst das Sortiment 15 000 Artikel. Abnehmer sind Arztpraxen, Medizinische Versorgungszentren und Firmen. Die Kunden können sich auf der Internet-Plattform austauschen und ausschließlich im Online-Shop bestellen.

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Versendet wird nach Deutschland, Österreich, in die Schweiz, in die Benelux-Länder und nach Frankreich. Die zentrale Lage und das benachbarte DHL-Paketzentrum Eifeltor seien Argumente für Hürth gewesen, sagt Geschäftsführer Rieger. Denn im Handel mit Medizinprodukten komme es auf Schnelligkeit und kurze Lieferzeiten an – meist über Nacht.

„Die Ware kommt zum Mitarbeiter“

Das vollautomatische Lager beschleunigt Logistikprozesse, spart aber auch Geld. „Dabei geht es nicht in erster Linie um Personaleinsparung“, betont Rieger. Vielmehr komme das Roboterlager im Vergleich zum klassischen Regallager mit viel weniger Platz aus. Raum sei knapp und teuer, zumal die Halle im Winter beheizt und im Sommer gekühlt werden müsse.

Der Roboter erleichtere aber auch den Mitarbeitern die Arbeit, betont der Geschäftsführer. Im herkömmlichen Lager am alten Standort hätten die Mitarbeiter lange Wege gehabt und bis zu zehn Kilometer am Tag laufen müssen. „Das ist Knochenarbeit“, weiß Rieger. Nun laufe es anders herum: „Die Ware kommt zum Mitarbeiter.“

Qualitätskontrolle kann keine Maschine übernehmen

Der Mensch spielt auch im Roboterlager noch eine entscheidende Rolle. Die Qualitätskontrolle beim Wareneingang, die bei Medizinprodukten besonders wichtig sei, könne keine Maschine übernehmen, betont Geschäftsführer Rieger. 

Darüber hinaus füttern die sechs Mitarbeiter und eine Handvoll Aushilfen an fünf „Ports“ die Autostore-Anlage mit den zuvor per Scanner am Computer erfassten Produkten und entnehmen dort die Ware auch wieder aus den Lagerboxen, um sie anschließend an sechs Stationen für den Versand zu verpacken.

Bis zu 500 Warensendungen verlassen täglich das Hürther Logistikzentrum. Es gibt nach Angaben von DocCheck-Manager Rieger noch Kapazität für weiteres Wachstum: „2000 Sendungen am Tag wären locker möglich.“ Und wenn das einmal nicht mehr reichen sollte, steht hinter der Lagerhalle noch eine 2000 Quadratmeter große Erweiterungsfläche bereit.

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