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Johanna Winter vom Klimacamp„Wir müssen uns klarmachen, was auf uns zukommen kann“

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Klimacamp Johanna

Johanna Winter

Erkelenz – Johanna Winter ist 25 Jahre alt. Hauptberuflich ist sie Gemüsebäuerin in Niedersachsen. Sie gehört zum Organisations- und Sprecherteam des Klimacamps im Rheinland. Mit ihr sprach Joachim Röhrig.

In den vergangenen Wochen und Monaten wurden wir mit einer heftigen Hitze- und Dürreperiode konfrontiert, und viele Menschen haben vielleicht zum ersten Mal hautnah gespürt, was Klimawandel direkt vor der Haustür konkret bedeuten kann. Wie haben Sie diese Wetterextreme wahrgenommen – einerseits als Landwirtin, andererseits als Klimaschutzaktivistin?

Für mich als Landwirtin war und ist diese Dürre einfach nur ganz schlimm, eine regelrechte Katastrophe, der ich überhaupt nichts Gutes abgewinnen kann. Allerdings habe ich noch nie so viel wie in den vergangenen Wochen mit Menschen, die sich sonst nicht so sehr mit dem Thema befassen, über den Klimawandel gesprochen. Verdorrte Gärten, Wälder und Felder, Fischsterben in Seen und Flüssen, drastische Ernteausfälle in der heimischen Landwirtschaft – all dies hat viele Menschen sehr nachdenklich gemacht.

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Positiv nutzbar ist diese Erfahrung aber nur, wenn wir alle sie jetzt wirklich als Weckruf verstehen und uns klarmachen, was da noch alles auf uns zukommen kann, wenn wir nicht schnell und entschlossen gegensteuern und Taten folgen lassen. Und eine dieser Taten wäre auf jeden Fall der schnelle Braunkohleausstieg.

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Was erhoffen und erwarten Sie mit Blick auf diese Forderung von der Berliner Kohlekommission?

Wir brauchen unverzüglich einen Sofortplan, der aufzeigt, wie der Ausstieg innerhalb weniger Jahre sozialverträglich gestaltet werden soll. Das ist nach unserer festen Überzeugung machbar und möglich. Ein solcher Plan wäre unbedingt notwendig, aber mit Blick auf die Lobbyisten der Energiewirtschaft und auf manche Politiker, die in dieser Kommission vertreten sind, befürchte ich allerdings, dass dieser Plan nicht kommen wird. Umso wichtiger ist, dass wir mit Aktionen wie unserem Klimacamp gemeinsam mit den direkt Betroffenen die inhaltliche Diskussion intensivieren. Der offiziellen Seite können wir das nicht überlassen; da wird zu wenig kommen. Deshalb müssen wir den politischen Umgestaltungsprozess von der Basis her beschleunigen.

Direkt betroffen sind im rheinischen Revier allerdings auch viele Tausend Arbeitnehmer in den Tagebauen, den Kraftwerken und bei den Zulieferern. Was sagen Sie diesen Menschen?

Ich habe großes Verständnis für die Ängste und Sorgen. Aber mit Blick auf den Klimaschutz führt kein Weg daran vorbei: An diesen Arbeitsplätzen können wir nicht noch jahrzehntelang festhalten. Aber der Verlust kann kompensiert werden. Ein konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien schafft viele neue Arbeitsplätze, und der Rückbau der Kraftwerke und die Rekultivierung garantieren Arbeit noch für viele Jahre. Auch sind zahlreiche Beschäftigte in den Kraftwerken und Tagebauen in einem Alter, wo man mit sozialverträglichen Frühverrentungssystemen Probleme lösen könnte, ebenso mit Umschulungen – wenn man die Subventionen für die Braunkohle gezielt in den Strukturwandel umleiten würden. Mit der Gewerkschaft IG BCE sind wir da durchaus in einem guten Dialog. So erwarten wir am Montagabend um 20 Uhr neben Menschen aus dem von Abbaggerung bedrohten Dorf Keyenberg auch einen Gewerkschaftsvertreter zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion über das Thema „Rheinland der Zukunft“.

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