Hambacher ForstKerpen-Buir richtet sich trotz Demo-Absage auf Proteste ein

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An Menschenmengen haben sich die Buirer mittlerweile gewöhnt. Zum Wochenende stehen ihnen wieder Proteste bevor.

An Menschenmengen haben sich die Buirer mittlerweile gewöhnt. Zum Wochenende stehen ihnen wieder Proteste bevor.

Kerpen-Buir/Morschenich – Obwohl die Polizei der geplanten Großdemo am Hambacher Forst eine Absage erteilt hat, werden am Samstag (06.10.) in Kerpen-Buir Proteste erwartet. Die ansässigen Bewohner stellen sich auf ein turbulentes Wochenende ein.

Wolfgang Hartwig ist gewissermaßen der letzte Außenposten. Sein Haus ist das vorletzte an der Straße, dann beginnt das Feld. Und hinter dem Feld der Hambacher Forst. Sein Nachbar ist längst weggezogen, das Haus verrammelt und vernagelt wie so viele im sterbenden Ort Morschenich, der – wie der Wald – dem Braunkohletagebau weichen soll.

Von Totenstille kann aber keine Rede sein, jedenfalls nicht in den vergangenen Wochen. Hartwig erzählt von nächtlichen Brüllereien, von Menschenmassen, die sich durch die sonst stille Dorfstraße wälzen. Am Wochenende dürfte es besonders lebhaft werden, dann werden an die tausende Menschen erwartet, die für den Erhalt des Hambacher Forstes demonstrieren wollen – trotz Großdemo-Absage der Polizei.

Der Morschenicher bereitet sich – und vor allem seinen Vorgarten – auf den Ansturm vor. Er hat das kleine Stück Grün mit Flatterband eingezäunt, Schilder verbieten, den Rasen zu betreten. Einige Demonstranten hätten die Blumenzwiebeln, die seine Mutter gesetzt habe, plattgetreten. „Und das wollen Umweltschützer sein!“

Nicht spannungsfrei

Noch mehr Gedränge als vor Hartwigs Haustür dürfte am Samstag am Buirer Bahnhof herrschen. Der liegt an diesem Donnerstagmittag ziemlich verlassen da, die Uhren stehen hartnäckig auf zwölf.

An einer Treppe hat jemand „Hambi“ und einen Pfeil nach links auf ein Schild gesprüht. Die Vorstellung, dass Tausende Menschen durch die engen Abgänge müssen, ist beklemmend. Aber es gibt noch mehr Wege vom Bahnhof in Richtung Forst.

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Die Stimmung unter den Buirern scheint geteilt und durchaus nicht spannungsfrei. Viele möchten sich gar nicht äußern zum Thema Hambach, manch einer, der seine Meinung sagt, möchte dann doch lieber seinen Namen nicht nennen. „Ich will ja keinen Ärger hier im Dorf“, sagt eine Frau.

Elke Kaufmann hat damit kein Problem. Sie finde es gut, dass mittlerweile so viele, „ganz normale“ Menschen für den Erhalt des Waldes einträten, sagt sie. Der Chef der Tankstelle im Ort möchte seinen Namen nicht nennen. Für ihn dürfte der Ansturm am Wochenende ein gutes Geschäft werden, er hat vorsichtshalber schon mal reichlich Bier eingekauft und auch das Personal aufgestockt. 

Mit Aktivisten und Demonstranten gebe es in der Regel keine Probleme, erzählt er, allenfalls machten sie mal ein paar „blöde Sprüche“, wenn Polizisten da seien. Allerdings müsse er schon mal länger lüften, wenn mehrere Waldbesetzer im Verkaufsraum gewesen seien. Ärger macht ihm nur der Müll: Viele der Menschen, die vorbeigingen, würfen Abfall in seinen Tonnen, und er müsse den auf eigenen Kosten entsorgen.

Mehr Brötchen über die Theke

Die Frau an der Kasse meldete schon Bedenken gegen die geplante Großdemo an. Ihr Mann müsse am Samstag nach Köln zur Arbeit, aber vom Buirer Bahnhof komme er wohl nicht weg. „Dann muss ich ihn nach Horrem fahren – und wer ersetzt mir die Kosten?“

Das Café Schneider hat sich darauf eingestellt, dass am Samstag mehr Brötchen als sonst über die Theke gehen. Die beiden Verkäuferinnen halten sich mit einer Beurteilung der Lage zurück. Einen Kritikpunkt haben sie aber: Aktivistinnen hätten die Tür der Damentoilette mit Parolen beschmiert.

Michael Falkenberg, der gerade seine Einkäufe ins Auto räumt, denkt weniger an den Wald als an die Arbeitsplätze im Tagebau.

Sein Sohn arbeite da , erzählt er, und müsse sich mit Steinen bewerfen lassen. Ja, er habe Verständnis für die Protestierer: „Aber man muss doch anständig miteinander umgehen.“

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