„Große Gefühlskälte“Staatsanwältin fordert acht Jahre Gefängnis für Kerpener Mutter

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Kerpenerin Landgericht Köln Baby

Eine Kerpenerin steht wegen der Tötung ihres Neugeborenen vor Gericht.

Kerpen/Köln – Im Prozess um einen getöteten Säugling hat die Staatsanwältin wegen Totschlags eine Haftstrafe von acht Jahren und sechs Monaten gefordert. Die 22-jährige Mutter habe bei der Tat einen „erschreckenden Vernichtungswillen offenbart“, sagte Margarethe Heymann in ihrem knapp einstündigen Plädoyer, die Tötung zeuge von „großer Gefühlskälte“.

Die Angeklagte hatte nach einer vor ihrer Umgebung verheimlichten Schwangerschaft im April dieses Jahres im Kinderzimmer ihres Elternhauses in Kerpen heimlich ihre Tochter zur Welt gebracht, den Säugling geschlagen und dann mit einem Handykabel erdrosselt.

„Sie haben Regie geführt und die Hauptrolle gespielt“

Sie habe das Kind zu keinem Zeitpunkt töten wollen und sich fremdgesteuert und wie in einem Film gefühlt, hatte die junge Frau im Prozess gesagt. Das Baby habe sie ursprünglich anonym zu einer Babyklappe bringen wollen.

Eine Behauptung, die die Staatsanwältin der Angeklagten nicht abnahm: „Wie im Film ja, aber Sie haben Regie geführt und die Hauptrolle gespielt.“ Zudem habe die Angeklagte wiederholt gelogen. Die Auswertung des Handys habe ergeben, dass sie sich bereits im sehr frühen Schwangerschaftsstadium über anonyme Geburten im Internet informiert habe. Die 22-Jährige hatte bis zuletzt behauptet, sehr lange nichts von ihrer Schwangerschaft gewusst zu haben.

„Niedrige Beweggründe“

Dass sie unbedingt anonym ein gesundes Kind zur Welt habe bringen wollen passe nicht dazu, dass sie jedes Wochenende Party gemacht, geraucht und getrunken habe. Staatsanwältin Heymann machte keinen Hehl aus ihren Überlegungen, angesichts der „besonders brutalen Art und Weise der Tatausführung“ zunächst an das Mordmerkmal „niedrige Beweggründe“ gedacht zu haben. Dies hatte die Staatsanwältin jedoch letztlich verworfen. Aber sie sagte auch: „Sie haben mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt.“ Die Angeklagte habe sich „gegen das Kind und nur für ihre Interessen entschieden und die Katastrophe auf sich zukommen lassen.“

Die junge Frau hatte behauptet, auch aus Angst vor ihrem dominanten Vater so gehandelt zu haben. Dieser aber hatte im Zeugenstand glaubhaft versichert, dass er zwar sicher nicht erfreut reagiert hätte, „aber ich hätte zwei Tage gebrüllt, und am dritten Tag hätten wir uns zusammengesetzt und eine Lösung gefunden.“ Überhaupt sei die Tochter wohlbehütet in einem liebevollen Elternhaus groß geworden, sagte Heymann. Die wenigen Male, wo ihr Vater ihr eine Ansage erteilt habe, sei nicht ohne Grund geschehen. „Sie haben ihm dafür den Anlass geliefert.“

Angeklagte war schon in der Schulzeit aufgefallen

Immerhin sei die Angeklagte schon als Schulkind durch aufsässiges Verhalten aufgefallen, was sich später an verschiedenen Ausbildungsplätzen wiederholt habe. Strafmildernd wertete die Anklägerin das Geständnis, die Reifedefizite und die gezeigte Reue, wenngleich diese „durch Selbstmitleid gekennzeichnet ist“.

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Strafschärfend sprach Heymann von der „Geringschätzung des neugeborenen Lebens“ und dem Aspekt, dass die Tat „erheblich geprägt ist von Selbstsucht“.

Die Verteidigung sprach hingegen von einem „minderschweren Fall“, es wäre ein Strafmaß von „unter fünf Jahren möglich.“ Die Mandantin habe keineswegs in Tötungsabsicht gehandelt: „Sie wollte nur, dass das Kind still ist.“ Auch sei die Tat nicht vorhersehbar gewesen. Eine Strafe „nicht über sieben Jahre“ sei daher vorstellbar.

Das Urteil wird am kommenden Mittwoch verkündet.

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