„Schon heftig“So bewältigt der Kerpener Einzelhandel die neuen 2G-Regeln

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Auch wer nur einen Glühwein trinken und ein wenig Livemusik hören wollte, musste bei der Veranstaltung der Aktionsgemeinschaft Kolpingstadt seinen Impfnachweis vorzeigen.

Auch wer nur einen Glühwein trinken und ein wenig Livemusik hören wollte, musste bei der Veranstaltung der Aktionsgemeinschaft Kolpingstadt seinen Impfnachweis vorzeigen.

Kerpen – Die sozusagen über Nacht verschärften Corona-Regeln für große Teile des Einzelhandels und dazu noch eine Reihe weiterer Probleme machen Horst-Daniel Ravenstein derzeit schwer zu schaffen.

Doch der Betreiber des alteingesessenen Spielwarenladens an der Stiftsstraße bleibt gut gelaunt. „Das ist alles nicht erfreulich, aber immer noch besser als der große Lockdown im vergangenen Jahr um diese Zeit. Unser Weihnachtsgeschäft könnte besser, aber auch schlechter laufen“, sagt der Spielwarenhändler und empfiehlt allen, die Spielzeug begehrter Marken auf den Gabentisch legen wollen, sich schnellstens zu versorgen.

Denn neben dem Virus belasten auch Lieferengpässe die Branche zunehmend. Derweil blieb der ganz große Run auf die Geschenke kreisweit auch am zweiten Adventswochenende aus. „Weil wir uns gut eingedeckt haben, sind unsere Regale noch voll. Dass das in zwei Wochen bei den Top-Artikeln etwa von Lego, Ravensburger oder Schleich auch noch so sein wird, kann ich nicht garantieren. Vor allem bei Ware aus China mehren sich wegen des Containermangels bereits die Lieferprobleme. Da wird man vielleicht bald auch im Internet nicht mehr alles bekommen“, sagt Ravenstein, der sowohl im Online-, als auch im stationären Handel mitmischt.

Spielwarenhändler Horst-Daniel Ravenstein  hat mit einigen Baustellen zu kämpfen, ist aber mit dem bisherigen Weihnachtsgeschäft nicht gänzlich unzufrieden.

Spielwarenhändler Horst-Daniel Ravenstein  hat mit einigen Baustellen zu kämpfen, ist aber mit dem bisherigen Weihnachtsgeschäft nicht gänzlich unzufrieden.

Und der Händler hat noch ein Problem: Sein Paketdienstleister, der die Online-Bestellungen am Laden abholen und dann an die Kunden ausliefern solle, sei in der vergangenen Woche an vier Tagen nicht gekommen – wegen Überlastung. So warteten mehrere Hundert Pakete auf Abholung, bis Ravenstein schließlich genervt auf einen anderen Paketdienst auswich.

Auch die verschärften Corona-Regeln, wonach Läden, die nicht mit Waren des täglichen Bedarfs handeln, seit Samstag nur noch von Geimpften und Genesenen betreten werden dürfen, machen Ravenstein Kopfzerbrechen. „Es gibt zwar kein Vertun, dass etwas gegen die hohen Infektionszahlen unternommen werden muss. Aber erstens ist es durchaus diskussionswürdig, wie die Politik den täglichen Bedarf definiert. Und zweitens ist es für uns Händler vor Ort schon heftig, wenn so weitreichende neue Vorschriften am Freitagnachmittag bekanntgegeben werden und am Samstagmorgen schon in Kraft treten.“

Erheblicher Kontroll- und Personalaufwand

„Mit der schnellen Umsetzung wollte die Politik wohl vermeiden, dass die Ungeimpften am zweiten Adventswochenende auf den letzten Drücker noch mal in Massen in die Geschäfte stürmen. So hat es mir jedenfalls Ministerpräsident Wüst am Telefon erklärt“, sagt Jörg Hamel, der im Handelsverband NRW für die Region Aachen-Düren-Köln und damit auch für den Rhein-Erft-Kreis zuständig ist. Sonderlich umsatzstark sei laut seiner Blitzumfrage auch das zweite Adventswochenende unterm Strich nicht gewesen. Es gebe allerdings große Unterschiede je nach Standort oder Branche.

Hauptgesprächsthema unter den Händlerinnen und Händlern sind derzeit aber die Corona-Verschärfungen. „Vor allem die Betreiber großer Geschäfte und Filialen mit hoher Kundenfrequenz laufen wegen des befürchteten Kontroll- und Personalaufwands Sturm und befürchten auch erhebliche Umsatzeinbußen. Kleinere Händler sehen das nicht so problematisch oder erkennen teilweise sogar gewisse Vorteile“, sagt Hamel.

Leoni Fasuli (o. l.) kontrollierte am Eingang zum Modehaus Hövel die Impfnachweise.

Leoni Fasuli (o. l.) kontrollierte am Eingang zum Modehaus Hövel die Impfnachweise.

Das gilt beispielsweise für das Kerpener Modehaus Hövel. „Viele geimpfte oder genesene Kundinnen und Kunden fühlen sich einfach sicherer, wenn sie wissen, dass keine Ungeimpften im Laden sind. Da macht das Einkaufen mehr Spaß. Und auch für die Belegschaft bedeutet 2G erhöhten Schutz vor Ansteckung. Die Pandemie ist nicht vorbei; wir müssen einfach gegensteuern“, meint Frank Hövel.

Obwohl bis Mittwoch nur Stichproben vorgeschrieben sind, ließ sich Hövels Mitarbeiterin Leoni Fasuli von allen, die ins Geschäft wollten, die Impfnachweise zeigen. „Die Leute nehmen es freundlich und gelassen hin“, sagte sie. Zu den Kundinnen, die gern ihr Cov-Pass-Zertikat vorzeigten, gehörte Christine Eimermacher: „Ich finde diese Maßnahme völlig in Ordnung. Die Kontrolle ist schnell erledigt, und im Laden hat man dann einfach ein besseres Gefühl.“

Erst vor fünf Wochen hat Andrea Fuchs (u.l.) ihre Modeboutique an der Stiftsstraße eröffnet.

Erst vor fünf Wochen hat Andrea Fuchs (u.l.) ihre Modeboutique an der Stiftsstraße eröffnet.

In der Kerpener Innenstadt war gestern verkaufsoffener Nachmittag; auf dem Stiftsplatz lief parallel als Weihnachtsmarkt-Ersatz ebenfalls unter 2G-Bedingungen eine gelungene Adventsmusikveranstaltung der Aktionsgemeinschaft Kolpingaktion.

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Einen Steinwurf entfernt wartete Andrea Fuchs vor ihrer erst vor fünf Wochen eröffneten Modeboutique „Auszeit“ auf Kundschaft. Ihr Eindruck: „Die „2G-Kontrolle ist in meinem kleinen Laden kein Problem. Allerdings scheinen die Leute beim Einkaufen generell vorsichtiger zu werden.“

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