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Fluglärm-MartyriumWarum Kampfflieger aus Nörvenich jahrelang über Oberbolheim flogen

Lesezeit 2 Minuten
Der Fluglärm über Oberbolheim war ein Thema, wie dieser Zeitungsbericht zeigt.

Der Fluglärm über Oberbolheim war ein Thema, wie dieser Zeitungsbericht zeigt.

  • Viele Dörfer im Rheinland sind wegen der Braunkohle schon umgesiedelt worden.
  • Doch die Umsiedlung des alten Örtchens Oberbolheim, das zum Kreis Düren zählte und direkt an der Kreisgrenze zwischen Blatzheim und Nörvenich lag, ist einzigartig.
  • Wir blicken zurück zum 50. Jahrestag der Umsiedlung zurück.

Kerpen/Nörvenich – Oberbolheim wurde wegen des Fliegerhorstes Nörvenich abgerissen und zwei, drei Kilometer weiter am Ortsrand von Nörvenich neu aufgebaut. 

Jetzt feierten die ehemaligen und neuen Bewohner den 50. Jahrestag der Umsiedlung: In Erinnerung an Alt-Oberbolheim wurde auf der alten Dorffläche, in der Nähe der Einfahrt des Fliegerhorstes , vom Nörvenicher Geschichtsverein eine Stele mit alten Bildern und Erläuterungstexten aufgestellt.

Das Fluglärm-Martyrium der Oberbolheimer dauerte lange: von 1954 mit der Inbetriebnahme des Flugplatzes Nörvenich bis 1969, als die Umsiedlung Oberbolheimes mit der Eingemeindung des neuen Dorfes in die Gemeinde Nörvenich abgeschlossen war.

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Protest mit schwarzen Fahnen

Schon 1952 begannen die ersten Planungen für den Flughafen im Wald, den die englische Royal Airforce bauen wollte. Dagegen gab es heftige Proteste aus den Dörfern der Umgebung. Mit „schwarzen Fahnen“ zogen 1953 so etwa 700 Anwohner durch die damalige Bundeshauptstadt Bonn, um den Flugplatz noch zu verhindern.

Doch in den Zeiten des Kalten Krieges nutzte dies wenig – ein Militärflugplatz war wichtiger als Rücksichtnahme auf Anwohner. 1953 begannen 70 bayerische Holzfäller im Wald mit Rodungsarbeiten.

Schon im August 1954 landeten die ersten britischen Strahlflugzeuge in Nörvenich, der Lärm für die Oberbolheimer begann. Ende 1955 – mit Gründung der Bundeswehr – wurde der Flughafen in deutsche Hand übergeben.

Pilot starb bei Absturz

Als am 13. Januar 1958 die erste deutsche Maschine dort landete, war der Lärm in Oberbolheim unerträglich, heißt es in einer Chronik. Das Dorf mit seinen rund 220 Einwohnern lag direkt an der Start und Landebahn. „Ein Unterricht in der kleinen Dorfschule war kaum möglich. Ständig lebten die Bewohner in der Angst vor Flugzeugabstürzen. Die Flugzeuge flogen kaum höher als die Schornsteine der Häuser in den Himmel ragten.“

Am 25. Januar 1962 stürzte dann wirklich ein Düsenjäger in eine landwirtschaftliche Trocknungsanlage am Dorfrand. Der Pilot kam ums Leben. Das alles forcierte den Umzug des Dorfes, den die Bundesrepublik Deutschland finanzierte. Die meisten Oberbolheimer zogen in Richtung Nörvenich, ein kleinerer Teil auch nach Blatzheim und Kerpen um.

Das Dorf wurde abgerissen, nur die Dorfkirche blieb stehen. Sie ist zwar heute nicht mehr als Kirche geweiht. Aber es gründete sich ein Förderverein, der das alte Gebäude mit seiner romanischen Bausubstanz in Schuss hält und als „Antoniuskapelle“ weiter nutzt.

„Hier finden schon einmal kulturelle Veranstaltungen statt“, berichten Arthur Bergrath und Franz-Josef Hellwig vom Nörvenicher Geschichtsverein. Die Erinnerung an das alte Dorf werde so lebendig gehalten. „Auf dem kleinen Kirchhof können heute noch Alt-Oberbolheimer bestattet werden.“

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