Kreativer SelbstversuchEine Familie aus Pulheim verzichtet auf Plastikmüll

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Familie Mainz lebt eine Woche ohne Plastikmüll.

  • Eine vierköpfige Familie will eine Woche ohne Plastikmüll auskommen.
  • Dabei ergeben sich Schwierigkeiten, aber auch kreative Lösungen.
  • Tipps und Tricks, wie man im Alltag seinen Plastikkonsum reduziert, auf einen Blick.

Pulheim-Sinnersdorf – „Plastik? Kommt mir nicht mehr in die Tüte“, sagt Sonja Mainz (39). Jedenfalls für eine ganze Woche. Ob das funktioniert? „Das Thema ist für uns ganz groß“, sagt die zweifache Mutter. „Es geht ja um die Zukunft unserer Kinder, da achte ich schon darauf, was ich einkaufe“.

Die Frühstücksbrote für die Kinder Isabel (8) und Maximilian (3) kommen sowieso in Brotboxen. Trinkpäckchen wurden schon längst vom Einkaufszettel verbannt, es gibt für jedes Kind wiederverwendbare Getränkeflaschen. Aufgefüllt aus dem Wasserhahn, das spart Müll. Soweit, so gut. „Mama, was ist mit Kartoffelchips?“, fragt Isabel. Tja. Sind wohl eine Woche lang gestrichen.

Im Urlaub an der Ostsee gab es die frisch aus der Papiertüte, aber Familie Mainz lebt in Sinnersdorf und unnötig in der Gegend herumfahren will Sonja Mainz auch nicht. Daher geht sie auch meist im örtlichen Supermarkt einkaufen, zu Fuß und mit dem Stoffbeutel. Diese Woche hat sie eine Tupperdose dabei, für Wurst und Käse. Mal sehen, ob das klappt.

Einkaufen im Supermarkt

Am Obststand hat sie Glück. Es gibt dort neuerdings Äpfel im wiederverwendbaren Netz. Bananen, Gurke und Paprika kommen so in den Korb, ihre Verpackung heißt Schale. Joghurt und Milch gibt es in Glasflaschen. „Die sind zwar etwas teurer“, sagt Sonja Mainz, „aber das ist es mir wert“.

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Sonja Mainz kauft Äpfel im plastikfreien Netz.

Kurios, ausgerechnet Bio-Obst und -Gemüse ist oft in Plastik eingeschweißt. Das gibt es diese Woche bei Familie Mainz also nicht. Viele Supermärkte haben das Problem erkannt und werden in punkto Verpackungen immer kreativer.

Fleisch in Tupperdosen

Der Discounter Netto bietet Bio-Möhren in einer Verpackung an, die zu 85 Prozent aus Zuckerrohr besteht und Bio-Apfel-Körbchen mit 40 Prozent Grasanteil in der Verpackung. Aber auch das kommt bei Sonja Mainz nicht in den Beutel, sie erledigt diese Woche schließlich alle Einkäufe klimafreundlich zu Fuß.

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Sonja Mainz kauft das Fleisch an der Fleischtheke nur noch im Metzgerpapier

An der Frischfleischtheke dann die Enttäuschung: Wegen der strengen Hygienevorschriften kommen ihre Tupperdosen nicht zum Einsatz. „Wir haben aber neuerdings Metzgerpapier statt Plastik für die Wurst“, berichtet der Inhaber des Edeka-Marktes Holger Blomeier. „Das ist zwar doppelt so teuer, mache ich aber trotzdem“.

Bilanz nach fünf Tagen

Fünf Tage später hat sich doch ein kleiner Berg Plastikmüll angesammelt und wird auf dem Küchentisch verteilt. Darunter auch eine Chipstüte . „Wir konnten es nicht verhindern“, sagt Vater Lars (42) und lacht.

Maximilian war derweil erfinderisch. Er wollte in seinen Milchshake partout einen Trinkhalm. „Da haben wir eine Makkaroni genommen“, sagt er stolz. „Das geht. Nur im warmen Kakao wird sie unten weich. Dann kann man sie aber immer noch essen“.

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Auch Sonja Mainz bewies Erfindergeist. Sie schaffte sich eine wiederverwertbare Eierbox an. „Damit kaufe ich jetzt auf dem Bauernhof oder auf dem Markt ein. Das spart die Verpackung.“ Demnächst steht ein Einkauf in einem Bioladen in Köln an. „Dort gibt es Shampoo-Steine und Kosmetikartikel ohne Plastik“.

Die Hindernisse

Ganz ohne Plastik ging es bei Familie Mainz dann doch nicht:  „Plastik lauert überall“, stellte Sonja Mainz nach einer Woche Plastikverzicht fest. „Man braucht schon viel Zeit, Kreativität und auch Geld, um Plastik auf Dauer aus dem Weg zu gehen.“ Dann komme auch noch die Gewohnheit hinzu. Familie Mainz liebt Kartoffelchips und Milchbrötchen, die gibt es so nur in der Plastikverpackung. Auch die praktischen Feuchttücher in der Plastikhülle sind für die zweifache Mutter nahezu unverzichtbar.

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Sonja Mainz verzichtet beim Einkauf auf Plastikprodukte.

Allgemein sind es vor allem Kosmetikartikel, die die Plastikbilanz der Familie in die Höhe treiben, die Shampooflasche, Cremedose, Taschentücher in Plastikverpackungen. Familie Mainz will daher in Zukunft öfter in Bio- und Unverpackt-Läden einkaufen. Die sind allerdings in Köln und damit auch nicht ideal für die Umweltbilanz. Und dann waren da auch noch die Plastikverpackungen, die ungefragt ins Haus flattern und die man nur sehr schwer wieder loswird: in Plastik eingeschweißte Kataloge und Werbung. 

Mehr ausgeben für den Umweltschutz

Allerdings ist das, was gut für die Umwelt ist, nicht immer gut für den Geldbeutel. Glasflaschen kosten oft mindestens zehn Prozent mehr als Plastikflaschen und unverpacktes Brot hält sich oft nicht so lange wie eingeschweißtes. „Ja, da kommt was zusammen. Aber das ist es mir wert“, sagt Sonja Mainz.

Vor allem gehe es darum, das Bewusstsein der Kinder zu schärfen. Isabel macht demnächst mit ihren Mitschülern eine „Müllwanderung“ durch den Ort und sammelt den Abfall am Wegesrand ein. „Der landet schon mal nicht im Meer“, sagt sie.

Fazit nach einer Woche Plastikverzicht: Ganz ohne geht es nicht. Aber mit einer Portion Kreativität kommt man mit viel weniger aus. Manchmal reicht sogar eine Makkaroni.

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