LehrermangelBis zu 30 Kinder sitzen im Rhein-Erft-Kreis in einer Klasse

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Viele vakante Lehrerstellen können nicht besetzt werden. 

Rhein-Erft-Kreis – Mit Sorge blickt der Verband Bildung und Erziehung (VBE) dem heute beginnenden Schuljahr entgegen. An den meisten Grundschulen gelinge es so gerade eben, die Anforderungen an den Minimalstundenplan zu erfüllen. Förder- und Forderangebote werde es kaum geben.

Probleme im Schwimmunterricht

Riskant sei der Verzicht auf Doppelbesetzungen im Schwimmunterricht, die für die Sicherheit und den Lernerfolg in den wenigen Schwimmstunden, die es noch gebe, notwendig seien, kritisiert die VBE-Vorsitzende Rhein-Erft, Sandra Ziesse-Junghans.

Selbst der Minimalstundenplan könne nur mit Hilfe von Seiteneinsteigern aufrecht erhalten werden – ungeachtet anderslautender Versprechen der Politik. Der Lehrerberuf, zumal an den Grundschulen – 78 sind es im Kreis –, ist für viele unattraktiv.

46 Stellen unbesetzt

Die VBE untermauert dies mit Zahlen: Im Mai waren im Kreis 57 volle Dauerbeschäftigungsstellen für ausgebildete Grundschullehrerinnen und -lehrer ausgeschrieben worden. Nur vier Stellen konnten regulär besetzt werden. Sieben wurden mit Seiteneinsteigern für Sport, Kunst, Musik oder aus anderen Lehrämtern besetzt. 46 volle Stellen blieben unbesetzt.

Schulweg

Keine Zusatzbusse mehr

Mit Beginn des Schuljahrs werden die Busse wieder voller. Die Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft (REVG)  bietet keine zusätzlichen Busse vor Schulbeginn und nach Ende des Unterrichts an. Wie eine Sprecherin am Dienstag mitteilte, sei das  Corona-Sonderprogramm „Verstärkerfahrten im Schülerverkehr“ des Verkehrsministeriums mit Beginn der Sommerferien  ausgelaufen. Das Tragen medizinischer Masken (mindestens OP-, besser FFP2-Masken) ist in den Linienbussen immer noch Pflicht.

Auch der Fahrplan wurde zum Beginn des neuen Schuljahrs  geändert. Die neuen Fahrpläne sind über die REVG-Website, die REVG-App und die elektronische Fahrplanauskunft abrufbar. (jtü) 

Und von den vier Stellen für die Vertretungsreserve konnte keine besetzt werden. Von den sechs Stellen für Sonderpädagogen für das „Gemeinsame Lernen“ (Inklusion) konnte nur eine besetzt werden, sagt VBE-Sprecher Johannes Schuck. An den weiterführenden Schulen sieht die Situation kaum anders aus.

Gesamtschule Teamschule Elsdorf

Auch an der Teamschule fehlen zwei bis drei Kräfte. Thorsten Kleppe, der die Gesamtschule seit der Pensionierung von Tina Wingen-Pahr kommissarisch leitet, begründet die Vakanz damit, dass wegen des großen Zulaufs der erste Oberstufenjahrgang EF (Einführungsphase) dreizügig gebildet wurde. Bei Gründung der noch im Aufbau befindlichen Schule war dafür eine Zweizügigkeit vorgesehen. Die Besetzung der beiden vakanten Stellen sei für das zweite Halbjahr avisiert, sagt Kleppe.

Bis dahin werde einiges an Zusatzveranstaltungen „außerhalb der harten Stundentafel“ ausfallen. „Aber wir können das gut kompensieren“. Ein Problem sei die Zuweisung ukrainischer Kinder. „Das sind bei uns aktuell 28 Kinder und Jugendliche, so viel wie eine ganze Klasse“. Da sie auf die Klassen verteilt würden, sei die Zahl dort auf bis zu 30 Schülerinnen und Schüler angewachsen. „Mehr können wir nicht puffern“, sagt Kleppe und fordert, dass weitere Flüchtlingskinder außerhalb der Stadtgrenzen unterrichtet werden. „Wir sind in Elsdorf die einzige weiterführende Schule. Daher kann das nicht innerhalb der Stadt kompensiert werden.“

Eine-Welt-Grundschule Elsdorf

Hier fehlen zurzeit zwei Lehrkräfte. Ausschreibungen blieben erfolglos. Für eine weitere fehlende halbe Stelle zeichne sich eine Besetzung ab, wie Schulleiterin Christa Sommer sagte. „Wir fahren eine Minimalstundentafel. In den beiden ersten Klassen werden bis zu 30 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. In den dritten und vierten Schuljahren sind es bis 26. Ähnlich ist die Situation in den beiden anderen Grundschulen.

Albert-Schweitzer-Grundschule Kerpen-Brüggen

Relativ zufrieden ist Susanne Klein, Schulleiterin der zweizügigen Grundschule, mit der aktuellen Lehrerversorgung. Nur eine reguläre Lehrerstelle sei zurzeit trotz mehrfacher Ausschreibung nicht besetzt. Dafür habe sie es aber geschafft, genügend Vertretungslehrer einzustellen. Vertretungslehrer können die Schulleiter auf eigene Faust einstellen. Diese brauchen keine Lehrerausbildung zu haben, sondern können auch Quereinsteiger oder Lehramtsstudenten sein. Die Stellen sind auf ein halbes Jahr befristet.

So habe sie etwa eine Sportstudentin eingestellt, die nun Sportunterricht gebe, berichtet Klein: „Die hat eine Trainerlizenz und ist so dafür gut geeignet.“ Das helfe, an ihrer Schule den Engpass im Sportunterricht– besonders im Schwimmunterricht – zu beseitigen.

Gymnasium Erftstadt-Lechenich

Rein rechnerisch sei die Lücke in ihrem Personal gar nicht so groß, sagt Schulleiterin Karin Freiburg. Fachspezifisch gebe es aber einen deutlichen Mangel: Den Unterricht beispielsweise in Biologie und Musik zu gewährleisten, sei schwierig. Zwei Mitglieder des Kollegiums seien längerfristig krank, zwei in Elternzeit, ein drittes in Elternzeit bis zu den Herbstferien. Und auf die eine Vertretungsstelle, die immerhin schon ausgeschrieben sei, habe sich schlicht noch niemand beworben. Freiburg: „Ich hoffe jetzt auf die Referendare, deren Prüfungsphase am 23. August beginnt.“

Hauptschule Herbertskaul Frechen

Hier gibt es keine größeren Probleme. „Ich kann tatsächlich die Stundentafel rechtskonform umsetzen“, berichtet Schulleiterin Monika Azizmohammadi. Da zwei Kollegen für längere Zeit erkrankt seien, könne die Stufe 6 jedoch nicht weiter geteilt werden. Derzeit gibt es zwei Klassen in der sechsten Jahrgangsstufe, drei wären möglich. „Die Klassen sind mit 27 Schülerinnen und Schülern sehr groß, darunter leiden alle Schüler, die in kleinen Lerngruppen individueller gefördert werden müssten“, sagt Azizmohammadi. Sie hofft, dafür eine Vertretungslehrerstelle besetzen zu können. Größer werden die Klassen auch, weil viele Flüchtlingskinder aus der Ukraine aufgenommen werden müssen. Azizmohammadi : „Am Dienstag haben wir noch die Nachricht bekommen, dass zehn zusätzliche Schüler aus der Ukraine zum Schulstart zu uns kommen.“ Sie werden auf die Klassen verteilt.

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Albert-Einstein-Realschule Wesseling

Schulleiterin Kirsten Biere geht optimistisch ins Schuljahr. „Bisher ist alles gut“, sagt sie. „Keiner ist krank, und alle waren bei unserer ersten gemeinsamen Lehrerkonferenz dabei.“ Auch über die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mache sich Biere keine Gedanken. „Wir haben bereits im vergangenen Schuljahr Kinder aus ukrainischen Flüchtlingsfamilien als Schüler aufgenommen. Und wir bekommen auch im neuen Schuljahr noch ein paar dazu. Aber dem sehe ich positiv entgegen.“

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