Doppelspitze in Rhein-ErftNeues SPD-Duo aus Rhein-Erft

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Pulheim_Kreisparteitag_SPD_Wahlsieg

Der neue VorKreisparteitag der SPD am Geschwister-Scholl-Gymnasium: Sascha Solbach, Daniel Dobbelstein, Simone Weesbach, Dagmar Andres und Dierk Timm.

  • Dagmar Andres und Daniel Dobbelstein führen die SPD Rhein-Erft.
  • Andres und Dobbelstein kündigten an, „sich auf die Kernkompetenzen“ der SPD besinnen zu wollen.
  • Beide sind glücklich über den Sieg von Walter-Borjans und Esken als Führungsduo der Bundes-SPD

Pulheim – Dagmar Andres und Daniel Dobbelstein führen die SPD Rhein-Erft. Beim Kreisparteitag im Geschwister-Scholl-Gymnasium in Pulheim wählten die SPD-Mitglieder am Samstag erstmals ein Führungsduo. Die Erftstädterin Andres und der Kerpener Dobbelstein treten die Nachfolge des Bedburger Landtagsabgeordneten Guido van den Berg an, der im Mai gestorben war.

Eine Überraschung war die Wahl nicht, denn weitere Kandidaten gab es keine. Die 49-jährige Steuerfachfrau Andres und der 40-jährige Informatiker Dobbelstein erzielten jeweils das exakt gleiche Ergebnis von 86,1 Prozent von 122 gültigen Stimmen in eigenen Wahlgängen. Andres erhielt mehr Nein-Stimmen (12) als Dobbelstein (9).

Die Beisitzer

Die 15 Beisitzer im neuen Vorstand der SPD Rhein-Erft sind: Panagiota Boventer aus Hürth, Mark Brehme aus Erftstadt, Nadine Eilenberger aus Frechen, Dino Fuchs aus Kerpen, Lukas Gottschalk aus Hürth, Jacques Gripp aus Frechen, Roman Haenßgen aus Hürth, Helge Herrwegen aus Wesseling, Hilde Holz aus Bedburg, Oliver Koch aus Wesseling, Torsten Rekewitz aus Pulheim, Melani Schmielewski aus Elsdorf, Thomas Thielemann aus Frechen, Hildegard Venghaus aus Brühl und Iris von Gallera aus Frechen. (dv)

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„Ein sehr ehrliches Ergebnis“

„Das ist ein sehr ehrliches Ergebnis“, kommentierte die frühere Landtagsabgeordnete Andres den Ausgang der Wahl. Dass beide Kandidaten denselben Prozentwert erzielt hätten, „unterstreicht den Teamgedanken, das finde ich gut“. Nun breche für die SPD im Kreis eine neue Zeit an. „Das ist ein Signal zum Aufbruch.“ In ihrer gemeinsam gehaltenen Rede kündigten Andres und Dobbelstein an, „sich auf die Kernkompetenzen“ der SPD besinnen zu wollen. „Wir wollen der moralische Kompass sein, wir wollen denen eine Stimme geben, die keine Stimme haben“, sagte Dobbelstein, der seiner Partei mehr Mut zu Maximalforderungen wünschte.

Zu Stellvertretern wählte der Parteitag den Bedburger Bürgermeister Sascha Solbach mit 97,5 Prozent, den Vorsitzenden der Kreistagsfraktion Dierk Timm aus Pulheim (89,9 Prozent) und die 25-jährige Simone Weesbach aus Brühl (89,9 Prozent). Kassierer ist Torsten Bielan aus Kerpen (83,3 Prozent), Schriftführerin Ute Meiers aus Wesseling, die sich mit 60 Prozent der Stimmen gegen Torsten Rekewitz durchsetzte. Ausgeschieden aus dem Vorstand sind Schatzmeisterin Claudia Lemke und Brigitte Dmoch-Schweren, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr antrat und auch beim Parteitag fehlte.

Dieser stand unter dem Eindruck großer Verluste in der Rhein-Erft-SPD: So sind innerhalb eines halben Jahres mit Guido van den Berg, Klaus Lennartz und Richard Kasper gleich drei Sozialdemokraten gestorben, die die Politik im Kreis über Jahrzehnte in unterschiedlichen Funktionen maßgeblich geprägt hatten – sei es als Landräte, Landtags- oder Bundestagsabgeordnete, als Kreistagsmitglieder oder Kreisparteivorsitzende.

Gedenken an verstorbenen Ehrenvorsitzenden

In seinem Grußwort würdigte der Regionalvorsitzende der SPD-Mittelrhein, Jochen Ott, mit Klaus Lennartz den kürzlich verstorbenen Ehrenvorsitzenden der SPD Rhein-Erft. Er sei ein Politiker gewesen, der alles für den Kreis gegeben habe. Ott rief die Partei zu Geschlossenheit auf. „Wir sollten nicht mehr traurig sein und zurückschauen, sondern uns unterhaken, nach vorne gehen und kämpfen.“

Auch die neuen stellvertretenden Vorsitzenden riefen zu einer kämpferischen Haltung auf. Als FC-Fan und Sozialdemokrat sei er gleich doppelt leidgeprüft, sagte Sascha Solbach. „Aber wir dürfen nicht mit hängenden Schultern auf den Platz gehen.“

Und der im Amt bestätigte Dierk Timm gab die Ziele für die Kommunalwahl aus: „Wir wollen wieder die stärksten Fraktionen im Kreistag und auch den Stadträten sein, und wir wollen mehr als drei sozialdemokratische Bürgermeister im Kreis stellen.“

Glücklich über den Sieg von Walter-Borjans und Esken

Die Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zum neuen Führungsduo der Bundes-SPD hat viele überrascht, auch an Rhein und Erft – aber gerade hier hat der Sieg der Außenseiter, die für einen kritischen Umgang mit der Großen Koalition stehen, auch für großen Jubel gesorgt. „Wir sind froh, unsere Wunschkandidaten sind es geworden“, sagte der frischgekürte SPD-Kreisvorsitzende Daniel Dobbelstein am Samstag. „Ich habe darauf gehofft, aber nicht damit gerechnet.“

Seine Kollegin an der Kreis-SPD-Spitze, Dagmar Andres, pflichtet ihm bei: „Die Hoffnung war zuletzt deutlich gesunken, aber es hat doch geklappt.“ Mit einem Bruch der Großen Koalition und baldigen Neuwahlen rechnen weder Andres noch Dobbelstein. „Wir werden einiges aus dem Koalitionsvertrag nachverhandeln müssen“, sagte Andres. Es werde „ein ehrlicher Evaluierungsprozess“ folgen. Nach Ansicht von Dobbelstein stehen noch zu viele wichtige Gesetze auf der Agenda, etwa zur Grundrente und zum Strukturwandel, als dass die SPD die Große Koalition überstürzt verlassen könnte. „Da ist noch zu viel in der Mache, aber die Bundestagsfraktion wird mit dem Auftrag zu Nachverhandlungen in die Große Koalition gehen müssen.“

„Wir sind eine lebhafte Partei“

Der Juso-Vorsitzende im Rhein-Erft-Kreis, Raphael Wronka, ist geradezu euphorisch angesichts des Ergebnisses auf Bundesebene. „Wir haben uns mega gefreut“, sagt der Erftstädter. „Jetzt können wir die Partei endlich erneuern, was mit Olaf Scholz nicht möglich gewesen wäre.“ Bundesfinanzminister Scholz und seine Mitkandidatin Klara Geywitz hatten sich für eine Fortsetzung der Großen Koalition ausgesprochen. Die beiden siegreichen Kandidaten, sagt Wronka, hätten nun auf dem Parteitag vom 6. bis 8. Dezember die Gelegenheit, die Partei hinter sich zu bringen.

Einen Riss sehen Dobbelstein und Andres nicht in der Partei. „Der Abstimmungsprozess wurde, von ein paar Ausnahmen abgesehen, erstaunlich ruhig und fair geführt“, sagt Andres. Für Dobbelstein ist der Ausgang der Wahl in der Höhe genau richtig ausgefallen. „Das knappe Ergebnis zeigt, dass wir eine lebhafte Partei sind.“ Zudem könnten Olaf Scholz und Klara Geywitz mit 45 Prozent der Stimmen ohne Gesichtsverlust vom Feld gehen. „Die Wahl wird respektiert werden“, ist Dobbelstein sicher. „Und Scholz wird nicht als Finanzminister zurücktreten. Er macht gute Arbeit.“

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