Familie Kaspar gibt nicht aufDas Leben mit einem schwerbehinderten Kind

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Familie Kaspar

Auf den ersten Blick sind die Kaspars eine ganz normale Familie. Doch der kleine Felix ist schwerstbehindert. 

  • Felix wurde mit einem seltenen Gendefekt geboren und kann fast nichts.
  • Der tägliche Kampf der Eltern im Alltag und mit den Krankenkassen ist anstrengend.
  • Nun will Familie Kaspar, gemeinsam mit anderen Familien, auf Aida-Kreuzfahrt gehen.

Pulheim –  „Wenn er manchmal ruhig in meinen Armen liegt und sogar ein bisschen lächelt, weiß ich, dass es ihm gut geht. Und dann geht es auch mir gut“, sagt Jennifer Kaspar leise und streichelt dem kleinen Felix sanft über die Wange. Doch diese Glücksmomente sind selten. Denn Felix wurde vor anderthalb Jahren mit einem ungewöhnlichen Gendefekt geboren. „Unser Kind wird niemals sitzen, stehen, krabbeln oder laufen können. Felix kann nicht sprechen, sich nicht koordiniert bewegen, nur sehr eingeschränkt sehen und hören und nicht essen“, sagt Vater Peter Kaspar.

Vor diesem Hintergrund mutet es auf den ersten Blick seltsam an, dass die Kaspars im nächsten Sommer mit Felix für eine Woche auf Aida-Kreuzfahrt gehen wollen – allerdings nicht allein, sondern mit etwa 20 weiteren Familien, die ebenfalls Kinder mit Pontocerebellärer Hypolapsie (PCH) haben oder hatten. Eine reine Vergnügungsreise kann es nicht werden, der organisatorische Aufwand ist enorm.

Intensivstation nach Geburt

Nach der Geburt ihres gesunden Jungen Max (3) und einer unauffälligen Schwangerschaft ahnten die Kaspars nicht, was auf sie zukommen würde. Doch schon bei der Entbindung hatte Felix schwere Atemaussetzer und wurde gleich auf die Intensivstation gebracht. Die Ärzte äußerten bald den Verdacht auf eine Hirnschädigung. Ein auf seltene Krankheiten spezialisierter Experte der Kölner Uniklinik forschte nach, aber erst nach monatelangen DNA-Untersuchungen erhielten die Eltern die Diagnose PCH Typ 2.

„Wir hatten damit gerechnet, dass Felix mit gewissen Einschränkungen würde leben müssen. Dass es dann aber so schlimm kommen würde, war ein Schock. Ihm fehlen quasi 80 Prozent der Hirnfunktionen“, sagt Peter Kaspar.

Auch schlucken kann Felix nicht. Dem Kleinen läuft nicht nur ständig Speichel aus dem Mund, sondern er leidet auch oft unter Hustenkrämpfen mit lebensbedrohlicher Atemnot. An seinem Bett steht stets ein Beatmungsgerät bereit. Auch Füttern ist nicht mehr möglich. Felix wird per Magensonde ernährt und mit Medikamenten versorgt.

„Die Funktionsweise der Geräte, die Medikamentierung, den ganzen Umgang mit einem so schwerkranken Kleinkind muss man erst einmal lernen. Jeden Tag warten neue Herausforderungen und neue Ängste. Und es gibt in Deutschland kaum einen Kinderarzt, der sich wirklich auskennt“, klagt die 35-jährige Mutter, die das Haus fast nur noch verlässt, um mit dem Kind zum Krankenhaus zu fahren.

Freunde wenden sich ab

Hilfe erhält sie von ihren Eltern. Um ihnen näher zu sein, haben die Kaspars ihr Heim in Kerpen-Horrem aufgegeben und sind nach Weilerswist-Lommersum gezogen. Seinen Handwerksbetrieb führt Sanitär- und Heizungsmeister Kaspar in Pulheim: „Auch das ist nicht einfach, wenn man keine Nacht durchschlafen kann,“ sagt der 48-Jährige.

Dass sich ein Teil der Freunde rar macht, kann er nachvollziehen. „Viel enttäuschender sind die Erfahrungen mit meiner Krankenkasse. Sicher, der Spezialrollstuhl, das Sauerstoffgerät und vieles andere, was mein Junge zum Überleben braucht, sind teuer. Aber fast alles, was man beantragt, wird erst einmal abgelehnt und erst im zweiten oder dritten Anlauf zähneknirschend genehmigt. Und es tut verdammt weh, wenn der Sachbearbeiter laut darüber nachdenkt, ob er die Anschaffung eines so teuren Rollstuhls angesichts der geringen Lebenserwartung von Felix überhaupt befürworten könne.“

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Als Segen hat sich das Internet erwiesen. Bei Facebook tauschen sich im Forum „PCHFamilie“ rund 60 Elternpaare aus. „Ohne dieses Forum wären wir aufgeschmissen. Die Leute dort wissen mehr über PCH als die meisten Ärzte“, sagt Kaspar. Aber das Netz kann den direkten Kontakt nicht ersetzen. So wurde die Idee der Reise geboren. 25 Familien wollen zeigen, dass auch Eltern mit schwerstbehinderten Kindern Teil der Gesellschaft sind. Vor allem aber möchten sie sich kennenlernen und mehr über die Krankheit erfahren. Deshalb sollen Ärzte, Pharmazeuten und Pflegekräften mitreisen.

„Noch ist auch wegen der Kosten nicht klar, ob wir das gestemmt bekommen. Wir suchen noch Unterstützer für unser Abenteuer. Aber die Aida-Geschäftsführung ist sehr kooperativ“, sagt Kaspar. „Anfang August wollen wir in Kiel in See stehen. Hoffentlich klappt es.“

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