Nach 40 JahrenTausende Tiere gerettet – Pulheimerin gibt ihre Igel-Auffangstation auf

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Seit etwa 40 Jahren nimmt die Pulheimerin jedes Jahr mehrere Hundert Igel bei sich auf, pflegt und füttert sie, bis sie stark genug sind für ein Leben in freier Wildbahn.

Seit etwa 40 Jahren nimmt die Pulheimerin jedes Jahr mehrere Hundert Igel bei sich auf, pflegt und füttert sie, bis sie stark genug sind für ein Leben in freier Wildbahn.

Pulheim – Gierig saugt der kleine, etwa einen Monat alte Igel die Nahrung auf, die Karin Oehl ihm durch eine Spritze einflößt. Mehrmals täglich füttert sie die mehr als 30 Jungtiere, die sie in ihrer privaten Igelstation aufzieht. Mehrere Tausend Igelbabys waren es in den vergangenen vier Jahrzehnten, die Karin Oehl in ihrer „Igel-Kurzzeitpflege“ aufgepäppelt und auf das Leben in Freiheit vorbereitet hat.

Doch diese Arbeit fällt der 74-jährigen Pulheimerin inzwischen immer schwerer. „Meine Gesundheit und vor allen Dingen mein Rücken machen das einfach nicht mehr mit“, sagt sie. Es sei für sie inzwischen sehr beschwerlich, die Boxen, in denen sie die Igel hält, zu heben und sich für die Fütterungen darüber zu beugen. Deswegen hat sie entschieden: „Im Frühjahr 2019 werde ich die private Igelstation endgültig auflösen.“

Zu hohe Belastung

Dabei würde sie ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen ja noch hinnehmen, jedoch die verbalen und mitunter sogar ziemlich gemeinen Angriffe seien ihr zu viel, sagt sie. Es sei einfach genug. Um ihre kleinen stacheligen Freunde tue es ihr zwar leid, „aber ich kann einfach nicht mehr“.

Mehr als 30 Igel-Babys füttert Karin Oehl derzeit durch. Sie würde sich wünschen, dass sich mehrere Tierfreunde finden, die sich diese Aufgabe in Zukunft in einer Art Netzwerk teilen würden.

Mehr als 30 Igel-Babys füttert Karin Oehl derzeit durch. Sie würde sich wünschen, dass sich mehrere Tierfreunde finden, die sich diese Aufgabe in Zukunft in einer Art Netzwerk teilen würden.

Gerne denkt sie an die vielen glücklichen und bereichernden Momente, die sie bei der rund 40-jährigen Zeit in ihrer Arbeit mit den Igeln erfahren durfte. „Ich habe dabei ganz tolle Menschen kennen lernen dürfen“, sagt sie. Doch auch die freundlichsten Worten können den Ärger nicht dämpfen, der in ihr aufsteigt, wenn sie an die unverfrorene Anspruchshaltung einiger Igelfinder denkt.

„Hier liegt ein Igel, kommen sie den mal schnell holen“, habe sie am Telefon schon von Anrufern aus Wesseling, Kerpen oder Bergheim zu hören bekommen. „Ich bin doch kein Abholservice, auf den man 24 Stunden Tag und Nacht zugreifen kann“, empört sich Oehl.

Beschimpfungen von Igelfindern

Es sei vorgekommen, dass sie sich Beschimpfungen am Telefon anhören müsse, wenn sie nicht wie erwartet springe. „Dieses Anspruchsdenken einiger Finder ist wirklich krass und hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen“, sagt Oehl. Dabei arbeite sie all die Jahre ehrenamtlich, zahle das Futter und kaufe die Boxen für die Igel. „Auch die Kosten für Sprit und den Tierarzt bezahle ich aus eigener Tasche“, erklärt sie. Rund 30 der kleinen stacheligen Wesen sind zurzeit bei ihr in der Pflege.

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Sie nimmt kranke und schwache Igel auf, um sie aufzupäppeln.

Noch habe sie keinen Nachfolger. „Es müsste wirklich eine Igelverrückte Person sein, die sich dieser Station annehmen könnte“, sagt sie. Noch besser fände sie es jedoch, die Arbeit auf mehrere Schultern zu verteilen. Oehl denkt an den Aufbau eines Netzwerks, in dem man sich auch gegenseitig helfen könnte. „Ein kleines Netzwerk gibt es ja schon“, erklärt sie. Aber das reiche bei Weitem nicht aus, um der Nachfrage gerecht zu werden.

Jährlich landeten alleine in ihrer Igelstation inzwischen rund 400 Igel. „Das geht hier zu wie in einem Krankenhaus“, sagt die Igel-Mutter. Kranke und verletzte Igel nehme sie auf, die gesunden entlasse sie in die Freiheit oder vermittle sie zu anderen Pflegestellen.

Im Winter stünden auf ihrer Terrasse und rund ums Haus stets Box an Box, in denen die Tiere überwintern, schildert sie. Die fachgerechte Pflege der Tiere ist ihr ganz wichtig. „Einzeln, aber auch in Gruppen werde ich alle schulen, die Interesse daran haben, im Netzwerk für die Igel mitzuwirken“, sagt sie.

nc-oehl@netcologne.de

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