Thorsten Schorn erinnert sichGeschwister-Scholl-Gymnasium in Pulheim wird 20

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Beim Festakt wurde angeregt geplaudert, unter den Gästen war auch Ex-Lehrer Fritz Schramma (l.). 

Pulheim – Vor gut einem halben Jahrhundert, als Pulheim noch ein Dorf war, hatte der damalige Gemeindedirektor Ludwig Schiffer eine Vision. „Hier bauen wir ein schönes dreizügiges Gymnasium hin “, sagte er im Jahre 1969 und zeigte auf eine Wiese mit friedlich grasenden Kühen.

Tatsächlich wurde kurz darauf mit dem Bau neben der Realschule begonnen. Anfangs waren es Pavillons, um die der Wind im Winter pfiff. Hier wurden im gleichen Jahr die ersten Unterrichtsstunden abgehalten, Pulheim hatte ein eigenes Gymnasium. 1974 war dann der kantige Betonbau, wie er heute noch an der Hackenbroicher Straße steht, fertig und die Schüler zogen um. In den „Bunker“, so nannten ihn viele, hauptsächlich wegen der fensterlosen Räume im naturwissenschaftlichen Trakt.

Erinnerungen an die Namensgeber

Die Erinnerungen an die holprigen Anfänge des Geschwister-Scholl-Gymnasiums werden wieder wach im Jahrbuch zum 50-jährigen Bestehen. Der erste Schuldirektor, der bereits verstorbene Dr. Rudolf Nießen, hatte schon vor der Einweihung an die Zukunft seiner Schule gedacht und den Namen Geschwister Scholl-Gymnasium vorgeschlagen, mit Hinweis auf das hohe Gut der Freiheit und der Verantwortung. Dafür sind die Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime Hans und Sophie Scholl 1943 in den Tod gegangen.

„Auch in einer Demokratie bleibt die Freiheit bedroht“, sagte er damals. Die heutige Schulleiterin Stefanie Bresgen erinnerte beim Festakt an seine mahnenden Worte. Der ehemalige Schüler und jetzige Schuldezernent Uwe Zaar sprach von fundierter Bildung, Zivilcourage und sozialer Kompetenz. Richtlinien, die das GSG sehr ernst nimmt. So lautet das Motto des 50-jährigen Jubiläums auch: „Gesicht zeigen“.

Unter den rund 1500 Schülern sind auch Flüchtlingskinder, die hier in zwei Willkommensklassen unterrichtet werden, Inklusion wird seit vielen Jahren an der Schule gelebt, die Schule hat sich den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erarbeitet und positioniert sich klar gegen rechtsextreme Tendenzen.

Berühmte Schulabgänger

Tausende Schüler haben hier gelernt, gelacht, um Noten gebangt. Unter ihnen war auch die CDU-Politikerin und Landtagsabgeordnete Romina Plonsker und der TV- und Radio-Moderator Thorsten Schorn. Stefanie Bresgen, die die Schule seit rund einem Jahr leitet, begrüßte in der vollen Pausenhalle zwei ihrer Vorgänger, Dr. Heinrich Biermann und Andreas Niessen sowie Fritz Schramma, der zwölf Jahre am GSG Latein, Philosophie und Erziehungswissenschaften unterrichtete, bevor er Oberbürgermeister in Köln wurde. „Ich habe damals ein neues Fach hier eingeführt, die praktische Philosophie für konfessionslose Schüler.“

Erinnerungen eines Ehemaligen

Thorsten Schorn hat sich einen Traum erfüllt. Nein, nicht dass er kürzlich als Spielleiter und Schiedsrichter durch eine Show mit Günther Jauch, Thomas Gottschalk und Barbara Schöneberger führte. Das war auch ganz okay, aber nicht vergleichbar mit dem Gefühl, auf dem Lehrerparkplatz vor dem Geschwister-Scholl-Gymnasium aus dem Auto zu steigen. Als Schüler durfte er das nicht. „Wunderbar“, sagt er. „Steht die Schule mittlerweile unter Denkmalschutz?“ Tatsächlich habe sich an dem uncharmanten Betonklotz in den letzten Jahrzehnten wenig verändert. Immer noch der gleiche altmodische Schriftzug in Blau am Eingang und das inzwischen verblasste Fassadengemälde eines lodernden Feuers am Gebäude daneben. „Heute betrachte ich es mit Liebe“, sagt der Ex-Schüler und Journalist. „Damals hat sich mir diese architektonische Schönheit gar nicht so erschlossen.“ Neun Jahre ging der Pulheimer im Geschwister-Scholl-Gymnasium zur Schule, 1995 machte er hier Abitur. Dazwischen jede Menge Erlebnisse aus dem Schulalltag eines Schülers, der selbstbewusst seinen Weg ging, viele Jahre Klassensprecher und ein Jahr lang Schülersprecher war. „Die Lehrer und ich, wir hatten es nicht immer leicht miteinander“, sagt er. „Mein Deutschlehrer Reinhard Müller hat mich ab und zu rausgeschmissen, weil ich zu vorlaut war.“

Er war es aber auch, der einen prägenden Einfluss auf die Aussprache Thorsten Schorns hatte. Sein Zungenbrecher „griechische Pfirsiche“ war für den Pulheimer Jung mit kölscher Sprachfärbung eine echte Herausforderung. Wer weiß, wie sich seine Off-Stimme bei Fernsehformaten wie „Shopping-Queen“ oder als Radio-Moderator bei WDR 2 ohne Reinhard Müllers Sprachkurs jetzt wohl anhören würde.

Seiner Französischlehrerin malte er, anstatt die Klausurfragen zu beantworten, einen Blumenstrauß ins Heft und Renate Bonow, Lehrerin im Fach Sozialwissenschaften, ermahnte ihn einst kopfschüttelnd: „Du könntest ein noch viel besserer Schüler sein, wenn du dich weniger aufs Fernsehen konzentrieren würdest.“ Ein gut gemeinter Rat, denn Thorsten Schorn war damals in jeder freien Minute bei Frank Elstners Sendung „Jeopardy“ beschäftigt, ging von der Schulbank oft direkt ins Fernsehstudio. Manchmal auch während der Schulzeit. Die Radio- und Medien-AG war ihm allemal lieber als Französisch oder Geschichte. „Obwohl ich trotzdem ein ganz passabler Schüler war“, sagt er. „Note 2,1 geht doch selbst für ein NRW-Abi absolut in Ordnung.“ Thorsten Schorn moderierte den Abigag und die Karnevalsveranstaltungen am GSG, auch daran erinnert er sich gern.

 Aber was ihn heute beinahe zu Tränen rührt: Das Büdchen auf der anderen Straßenseite gibt es nicht mehr. „Wir sind manchmal in der Pause verbotenerweise dort hingerannt. Sich anzustellen und es zu schaffen, eine Dose Cola und eine Tüte Chips zu kaufen, ohne dass es bereits zum zweiten Mal gegongt hatte, das war schon eine Kunst.“ Abschließend stellt Thorsten Schorn zufrieden fest: „Diese Schule hat nichts verhindert, aber vieles ermöglicht.“ Und dann macht er sich auf den Weg zurück zum Lehrerparkplatz. (epb)

Schulleiterin Stefanie Bresgen erinnerte an die chronische Raumnot und den stetig steigenden Renovierungsbedarf. Bürgermeister Frank Keppeler versprach „erhebliche Mittel“. Was sich nie ändern wird, ist das Leitmotiv der Schule. An der Betonwand im Treppenhaus steht über den Fotos von Hans und Sophie Scholl: „Jeder ist verantwortlich für das, was er geschehen lässt.“ 

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