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Pure GlücksgefühleFanclubs im Kreis feiern den Klassenerhalt des 1. FC Köln

Lesezeit 4 Minuten
So sehen Sieger aus: Beim Bergheimer Fanclub „Em Pittermännche“ waren der Jubel und die Erleichterung riesengroß.

So sehen Sieger aus: Beim Bergheimer Fanclub „Em Pittermännche“ waren der Jubel und die Erleichterung riesengroß.

Rhein-Erft-Kreis – Eine sportlich wie wirtschaftlich heruntergekommene Geißbock-Truppe, die sich in den Niederungen der zweiten Bundesliga mit harten Konkurrenten wie Schalke, Bremen, dem HSV und am Ende sogar noch Fortuna Düsseldorf vielleicht viele Jahre lang um den Wiederaufstieg ins Fußball-Oberhaus balgen muss: Diese Horrorvision hatte spätestens nach der kölschen 0:1-Heimniederlage am vergangenen Mittwoch im Relegationsspiel gegen Holstein Kiel ziemlich konkrete Formen angenommen.

Doch zumindest einen unerschütterlichen FC-Fan konnte dieses Schreckensszenario nicht schocken. „Warum soll ich mich mit Dingen beschäftigen, die ohnehin nicht eintreten werden? Ich bin fest überzeugt, ich fühle es: Wir steigen nicht ab, auf gar keinen Fall“, gab sich Ludger Möers am Samstag kurz vor dem Anpfiff des alles entscheidenden Rückspiels gegen die Kieler Störche ganz cool und gelassen.

Eine Kerze in St. Martinus

Aber man kann ja nie wissen. Vorsichtshalber zündete der fußballverrückte Pfarrer von St. Martinus in Kerpen dann doch noch ein Kerzlein für den FC an, bevor er im Pfarrhaus an der Stiftsstraße das Radio und den Internet-Liveticker anknipste: „Bezahl-Fernsehen muss ich nicht haben“, sagte Ludger Möers.

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Doch nicht überall waren das FC- und das Gottvertrauen so groß wie bei Pfarrer Möers. „Ich muss ehrlich sagen: Uns allen ist wirklich angst und bange. Der Abstieg wäre eine absolute Katastrophe“, bibberte Gaby Lautenschläger dem Anpfiff in Kiel entgegen. Sie ist die erste Vorsitzende des traditionsreichen Bergheimer Fanclubs „Em Pittermännche“. Mit rund drei Dutzend Gleichgesinnten traf sie sich im endlich wieder geöffneten Biergarten der gleichnamigen Fußballkneipe an der Zeiss-Straße. In Kleingruppen nahmen die Fans eine Stunde vor Spielbeginn die reservierten Tische vor den Bildschirmen in Beschlag, konnten das schöne Wetter, das zurückgewonnene Gemeinschaftserlebnis und das frisch gezapfte Kölsch zunächst aber nicht wirklich genießen. Zu groß war die Anspannung.

Skepsis weicht Freude

Doch alle Skepsis sollte sich schon bald in grenzenlose Freude verwandeln. Noch eher ungläubig verfolgten die Fans die furiose Frühphase der Partie mit die drei Treffern für Köln und dem Tor für Kiel. Doch spätestens, als Rafael Czichos kurz vor der Pause das 4:1 für den FC erzielte, waren nur noch pure Fußballglücksgefühle angesagt. Skhiris Tor in der Schlussphase war die Kirsche auf der Sahnetorte.

„Endlich haben die Jungs mal richtig Biss gezeigt. Das hätte ich in dieser Form nicht für möglich gehalten“, atmete Gaby Lautenschläger erleichtert und freudestrahlend auf. „Jetzt hoffen wir natürlich alle, dass wir nächste Saison endlich wieder ins Stadion dürfen. Wir sind in den vergangenen Corona-Monaten zwar über Whatsapp ganz gut in Kontakt geblieben, doch das ist kein Ersatz für richtiges Fanclub-Leben.“

Feier geplant

Das bestätigt auch Michael Neugebauer von den Geißbock-Fründen aus Hürth-Efferen. „Eigentlich wollten wir im vergangenen Jahr das 20-jährige Bestehen unseres Fanclubs ganz groß feiern. Dann kam Corona. Hoffentlich können wir das bald nachholen. Es ist schon hart, wenn man wie ich seit 25 Jahren eine Dauerkarte hat und plötzlich draußen bleiben muss.“

Vorerst wurde noch im kleinen Kreis gejubelt. Neugebauer, seine Ehefrau und ein befreundetes Paar sahen sich Spiel coronakonform im heimischen Wohnzimmer an. Vor dem Spiel haderte der Vorsitzende des 50-köpfigen Fanclubs noch mit der Kaderplanung von FC-Manager Horst Heldt und dem seiner Ansicht nach zu späten Trainerwechsel. Nachher war auch in Efferen Erleichterung angesagt: „Es ist kaum zu beschreiben, wie viele Nerven diese Saison gekostet hat“, sagt Michael Neugebauer. „Sowas möchte ich nicht noch mal erleben.“

Derweil bereitet Pfarrer Möers in Kerpen schon die große Saison-Analyse vor. Wenn die Pandemie es zulässt, soll am 16. Juli endlich wieder ein „Fußball und Bier“-Gesprächsabend im Kolpinghaus steigen. Eingeladen ist der „Kicker“-Reporter und FC-Spezialist Frank Lussem.

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Wer sich schon vorher beim Fußballgott für die Rettung bedanken möchte, ist am Sonntag, 13. Juni, in die Stiftskirche eingeladen, wo um 18.30 Uhr unter dem Motto „In Freude und Trauer vereint“ ein „Gottesdienst für alle Fußballfans“ beginnt. Nicht nur FC-Fans seien willkommen, betont Möers: „Die Idee stammt von einer Firmgruppe und ist schon vor den Spielen gegen Kiel entstanden. Aber jetzt haben wir am Beispiel des Fußballs noch einmal ganz eindringlich erlebt, wie dicht Freude und Enttäuschung beieinander liegen können.“

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