Große Unterschiede im KreisSo viel Geld erhalten Kommunalpolitiker in Rhein-Erft

Lesezeit 6 Minuten
Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert erhält Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld. Die Sätze sind unterschiedlich.

Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert erhält Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld. Die Sätze sind unterschiedlich.

Rhein-Erft-Kreis – Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert, ist in der Regel mit ganzem Herzen bei der Sache. Den einen oder anderen Euro können die Politiker dabei aber auch verdienen. Mitglieder des Stadtrates bekommen eine Aufwandsentschädigung, in manchen Fällen ergänzt um ein Sitzungsgeld. Zulagen gibt es für Fraktionsvorsitzende, Vize- uns Ortsbürgermeister sowie Ausschussvorsitzende. Geregelt ist dies in einer landesweiten Entschädigungsverordnung.

Karla Palussek steht seit 2017 an der Spitze der CDU-Fraktion im Frechener Stadtrat. Die Steuerberaterin spricht offen über die Zuwendungen, die sie für ihre politischen Tätigkeiten erhält. So bekommt sie als Fraktionsvorsitzende eine monatliche Aufwandsentschädigung von 1251,60 und als Ratsmitglied weitere 308 Euro. Pro Sitzung werden in Frechen 21,20 Euro gezahlt. Im Jahr kommen bei Palussek für etwa 80 Sitzungen knapp 1700 Euro hinzu, im Monat also im Schnitt 141 Euro. Für ihre Mitgliedschaft im Kreistag erhält sie eine Pauschale von 412,30 im Monat. Auch hier kommt nach der Landesverordnung ein Sitzungsgeld von 21,20 Euro pro Sitzung hinzu. Als Vorsitzende des Schulausschusses erhalte sie eine Pauschale von rund 200 Euro pro Sitzung, sagt Palussek. Der Ausschuss tage etwa dreimal im Jahr.

„Es gibt für die Beträge auch eine Obergrenze“, sagt Karla Palussek. Bei ihr kommen unterm Strich etwa 2300 Euro im Monat zusammen. Die Einkünfte müssten allerdings versteuert werden, wobei Freibeträge zu berücksichtigen seien. Nach Abzug der Steuern blieben etwa 1600 Euro, rechnet Karla Palussek vor. Davon wiederum gibt sie einen Teil an den CDU-Stadtverband ab. „Das ist üblich, aber freiwillig“, berichtet sie. Wenn sie als Politikerin bei Vereinen oder zu Jubiläen eingeladen ist, spendet sie oft einen Betrag aus eigener Tasche. Diese Aufwendungen zusammengenommen belaufen sich bei ihr auf 300 bis 350 Euro im Monat. „Da kann ich aber nur für mich persönlich sprechen“, sagt die Politikerin.

Große Unterschiede im Rhein-Erft-Kreis

Es geht also um 1250 bis 1300 Euro im Monat. Wie groß ist dafür der Arbeitsaufwand? „20 Stunden pro Woche kommen immer zusammen. Wenn wie zuletzt Haushaltsberatungen anstehen, dann ist es auch mal das Doppelte“, sagt Palussek. Die Fraktionschefin liest sämtliche Vorlagen, in der Regel macht sie sich auch ein eigenes Bild von geplanten Projekten.

Ein zusätzliches Thema sind die Fraktionszuwendungen. „Davon wird die Fraktionsarbeit bezahlt“, sagt Palussek. Die Personalkosten für den Fraktionsgeschäftsführer und für die Sekretärin gehören dazu, zudem Kosten für Telefon, Papier, EDV und Fortbildungen. In Frechen erhalten Fraktionen mit mehr als 16 Mitgliedern jährlich 35.000 Euro sowie eine Kopf-Pauschale von 1800 Euro. In anderen Städten ist das erheblich weniger. „Was wir nicht für die Fraktionsarbeit ausgeben, zahlen wir an die Stadt zurück.“ In der Regel handele es sich um einen fünfstelligen Betrag im Jahr.

Andreas Lipp ist seit sechs Jahren Fraktionsvorsitzende der SPD im Kerpener Stadtrat. Seine ersten Erfahrungen als Kommunalpolitiker sammelte er vor 13 Jahren im SPD-Ortsverein. Er habe unterschätzt, wie viel Zeit die Politik in Anspruch nehme. Rund 15 Stunden pro Woche investiere er. Dazu gehörten Besuche auf Festen und Jubiläen, Telefonate und E-Mails sowie Sitzungen. Etwa die Hälfte nehme das Lesen der Sitzungsunterlagen in Anspruch. Das meiste mache er abends, nach seinem Job im Kerpener Computacenter.

Elmar Gillet: Hauptjob leidet unter Arbeit als Politiker

Der 45-Jährige bekommt Geld für sein Ratsmandat sowie für den Fraktionsvorsitz. 30 Prozent davon gehen an die Partei. Rund 1000 Euro bekomme er jeden Monat überwiesen, sagt Lipp. Die müsse er versteuern. „Wegen des Geldes wird man unter keinen Umständen Kommunalpolitiker.“

Elmar Gillet (55) ist Ratsmitglied in Wesseling und erhält dafür 313 Euro pro Monat. Seine Arbeit als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Kreistag wird mit monatlich 1236,90 Euro honoriert. Er berichtet von einer 60-Stunden-Woche, die er gerade hinter sich gebracht habe. „Allerdings war das auch schon eine zugespitzte“, sagt er. Gillet meint, die Arbeit als Kommunalpolitiker sei für ihn wie eine Zweidrittel-Stelle. Das schafft er, weil er sich die Zeit in seinem Beruf – als Ein-Mann-Unternehmen für Musikproduktion und alles, was mit Musiksystemen und Aufnahmen zu tun hat – frei einteilen kann. Aber natürlich leide sein Job darunter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Einmal habe ihm ein Lieferant gekündigt, als er in den Bundestag wollte, mit der Begründung, dass er ja nicht mehr zuverlässig sein könne. „Die Leute halten Kommunalpolitiker für Profis“, glaubt er. Aber zeitlich könne ein Ehrenamtler das nicht leisten, was beispielsweise ein Bundestagsabgeordneter schaffe. „Aber bei mir ist das schon fast professionell“, sagt er. Um 9 Uhr sitze er fast täglich zu Hause am Schreibtisch. „Man ist in der Verantwortung. Die Beschlüsse, die man gefasst hat, haben Konsequenzen.“ Bei den Grünen gehen 40 Prozent der Aufwandsentschädigung an die Partei. Bei Gillet ist die Lage etwas anders. Für den Kreis gebe es einen Deckelungsbeschluss bis 6000 Euro, sodass es dort für etwa 35 Prozent seien. Verdienstausfälle habe er noch nie geltend gemacht. Gillet sitzt im Verwaltungsrat der Kreissparkasse. Dafür bekommt er 20.000  Euro im Jahr, die versteuert werden müssen.

Ein Blick auf die Städte

Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert erhält Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld. Die Sätze sind unterschiedlich.

Wer sich in der Kommunalpolitik engagiert erhält Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeld. Die Sätze sind unterschiedlich.

Die Ausgaben für den Politikbetrieb unterscheiden sich in den Städten teilweise deutlich. Das liegt vor allem an deren Größe. Denn laut Entschädigungsverordnung des Landes erhalten Ratsmitglieder in Städten zwischen 20.001 und 50.000 Einwohnern (Elsdorf, Bedburg, Brühl, Wesseling) 313 Euro als monatliche Pauschale, solche zwischen 50.001 und 150.000 Einwohnern wie Bergheim, Frechen und Kerpen 417,20 Euro. Dazu entschädigen nicht alle Kommunen nach demselben Modell. Es ist möglich, eine geringere Pauschale zu zahlen (296,20 Euro bei 20 001 bis 50.000 und 308 Euro bei 50.001 bis 150.000 Einwohnern), dafür aber ein Sitzungsgeld von 21,20 Euro.

Der Kreis zahlt nach der Mischvariante: 412,30 Euro monatlich sowie 21,20 pro Sitzung. Sachkundige Einwohner erhalten in den kleineren Städten 27,30 Euro pro Sitzung, in den größeren sind es 32,30 Euro, auf Kreisebene 43,50 Euro. Der erste stellvertretende Bürgermeister bekommt zusätzlich den dreifachen Satz der Aufwandspauschale, ebenso wie die Vorsitzenden einer Fraktion mit mehr als acht Mitgliedern. In den größeren Städten sind dies 1251,60. Stellvertreter erhalten weniger. Ausschussvorsitzende erhalten noch einmal den einfachen Satz der Pauschale. Diese Regelung kann der Stadtrat außer Kraft setzen, für einzelne oder für alle Ausschüsse.

Bei den Ortsvorstehern richtet sich die Aufwandsentschädigung nach der Größe ihres Ortes. Die Obergrenze liegt bei 203,70 Euro im Monat für Orte mit mehr als 3000 Einwohnern.

Hinzu kommen Verdienstausfall, Fahrtkosten und Fraktionszuwendungen. Hier gibt es große Unterschiede. Die Fraktionen enthalten darüber hinaus oft auch geldwerte Leistungen. So werden ihnen beispielsweise Räume und Mobiliar zur Verfügung gestellt. 

KStA abonnieren