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„Du arroganter Pinsel“Buhrufe bei Wahl des SPD-Bürgermeisterkandidaten in Wesseling

Lesezeit 4 Minuten
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SPD-Ortsvereinsvorsitzender Oliver Koch (l.) und Ralph Manzke

Wesseling – Unerwartet unruhig ging es bei der Kür des Kandidaten der Wesselinger SPD für die Bürgermeisterwahl zu.

Zwar erhielt der vom Vorstand favorisierte Ralph Manzke bei der Mitgliederversammlung eine überwältigende Mehrheit, doch aus dem von der Parteiführung erhofften harmonischen Abend im Hotel am Rhein wurde nichts.

Ehemaliger Bürgermeister von Wesseling meldet sich

Überraschend meldete sich mit Rüdiger Kibilka doch noch ein Herausforderer für Manzke. Der 66-Jährige, von 1994 bis 1998 letzter ehrenamtlicher Bürgermeister und dann bis 1999 erstes hauptamtliches Stadtoberhaupt der Kommune, machte ebenfalls seine Ambitionen auf die Kandidatur deutlich.

Begeisterung rief das nicht hervor. Nachdem seine Vorstellung noch mit kurzen Applaus quittiert worden war, reagierten einige der Genossen mit Rumoren, als er kurz darauf erneut zum Mikrofon schritt, um mehr zu seinen Zielen zu sagen. Als Kibilka, inzwischen in Rente, die Qualifikation seines Kontrahenten in Frage stellte, indem er sagte, der Wahlkampf sei „keine Zeit für Lehrlinge“, hagelte es Buhrufe. Einer der Anwesenden rief: „Du arroganter Pinsel“. Versammlungsleiter Hans Mauel mahnte zur Ruhe: „Es bringt jetzt nichts, wenn wir uns gegenseitig an die Köppe kriegen.“

Wesseling: Kandidat betont Erfahrung

Kibilka betonte, er besitze anders als Manzke durch viele Wahlkämpfe und lange Jahre jene Erfahrung, die es für eine erfolgreiche Kandidatur und Amtszeit benötige. Er sei bereit für ein Comeback.

Das sahen die SPD-Mitglieder anders. Bei der Abstimmung votierten 35 Genossen für Manzke, es gab eine Enthaltung und lediglich eine Stimme für Kibilka. Letzterer verschwand nach kurzem Händedruck für den Gewinner in den Wesselinger Abend.

Kandidat arbeitet für Rhein-Erft-Kreis

Manzke ließ sich indes feiern. Der 53-jährige Polizeidirektor und Leiter Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz im Rhein-Erft-Kreis betonte, er wolle für die kommenden acht Jahre Bürgermeister und damit Nachfolger seines Parteifreundes Erwin Esser werden. Dieser hatte sich aus gesundheitlichen Gründen zum Rückzug entschlossen und die Neuwahl am 30. Oktober erforderlich gemacht.

„Erwin Esser hat mich zur Kandidatur ermuntert“, so Manzke, der seit 1996 in Wesseling lebt. Der Polizeibeamte ist verheiratet und Vater dreier Kinder. Parteipolitisch ist der 53-Jährige noch nicht in Erscheinung getreten. Als Stadtoberhaupt wolle er Wesseling in die Zukunft führen und schöner machen, sagte der Keldenicher, der seit 24 Jahren der SPD angehört. Zu seinen Zielen gehöre es, das Bahndepot aus dem Herzen der Stadt zu entfernen. Manzke will sich für den Ausbau von Solaranlagen auf Dächern stark machen, die Ladeinfrastruktur für E-Autos ausbauen und sich für eine Stadtbahn-Verbindung über Brühl nach Hürth einsetzen.

Wesseling: CDU schickt bekanntes Gesicht ins Rennen

Die CDU schickt ihren Stadtverbandsvorsitzenden Olaf Krah in den Bürgermeister-Wahlkampf. Mit 55 Ja-Stimmen wurde er bei der Mitgliederversammlung am Donnerstagabend im Pfarrsaal St. Josef nominiert. Sein Kontrahent Dr. Thomas Kreitsch erhielt 44 Stimmen. Drei Wahlberechtigte haben sich ihrer Stimme enthalten. Der Wahl voraus ging eine recht hitzige Diskussion zwischen beiden Lagern.

Krah ist in Wesseling kein Unbekannter. Er ist dort aufgewachsen, in vielen Vereinen aktiv, dort verheiratet und Vater von zwei längst erwachsenen Töchtern. Seit fast zehn Jahren ist der 47-Jährige Vorsitzender des CDU-Stadtverbands, seine politische Arbeit in Ausschüssen und Stadtrat begann bereits 1994. Mitglied in der CDU ist er seit 1993. Als gelernter Bankfachwirt arbeitet er seit neun Jahren bei den Stadtwerken Wesseling, wo er unter anderem für die Abfallwirtschaft, den Betriebshof, die Straßenreinigung, Personal und den ÖPNV zuständig ist. „Mein Herz schlägt für Wesseling“, versicherte Krah.

Kandidat arbeitet bei der Stadt Köln

„Wesseling ist meine Wahl“, stellte sich Kreitsch vor. Er kam der Liebe wegen 2014 aus Eisenhüttenstadt nach Wesseling. Erst seit Mai ist der promovierte Staats- und Wirtschaftswissenschaftler Mitglied der CDU. Aktiv ist er im Tennisverein. Seit 2015 arbeitet er bei der Stadt Köln, als geschäftsführender Betriebsleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs.

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Eine Findungskommission, bestehend aus fünf Parteimitgliedern, hatte Kreitsch als Kandidat dem CDU-Vorstand vorgeschlagen. Allerdings stieß diese Empfehlung nicht bei allen Mitgliedern auf pure Freude, auch weil viele ihn nicht kennen. Hartnäckig fragten sie deswegen nach, wollten zum Beispiel von Kreitsch wissen, wann er in die CDU eingetreten ist? In wie vielen Vereinen er aktiv sei und ob andere Parteien zuvor bereits an ihn herangetreten waren, um ihn als Kandidat zu gewinnen. Das verneinte Kreitsch. Andere kritisierten, dass mit Krah an der Spitze schon zwei Bürgermeisterwahlen verloren wurden.

Gleichwohl möchte er geschlossen mit der CDU in die nächsten Monate gehen und mit voller Tatenkraft daran arbeiten, um im Oktober die Wahl zu gewinnen.

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