Impfpflicht? Ja oder nein?So stehen Bundestagsabgeordnete des Rhein-Sieg-Kreises dazu

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Mit einer Impfung mehr Rechte, ohne Impfung mehr Einschränkungen: Zu dem Thema äußern sich die Bundestagsabgeordneten. 

Rhein-Sieg-Kreis – Äußerungen von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) haben eine Diskussion über mögliche Vorteile für vollständig Geimpfte in Gang gesetzt. Zugleich, so Braun, könnten Menschen ohne Impfung Einschränkungen beim Besuch etwa von Restaurants hinnehmen müssen. Wie die Bundestagsabgeordneten aus der Region dazu stehen, hat die Redaktion erfragt. Auch um ihre Meinung zur Steigerung der Impfquote wurden sie gebeten.

Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU)

Einschränkungen für Nichtgeimpfte sind für die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium „da zulässig, wo sie durch höhere Ansteckungsrisiken für sich und andere begründet werden, die auch nicht durch einen aktuellen Test ausgeschlossen werden können“. Derlei Einschränkungen „sollten aber keinen Sanktionscharakter bekommen“.

Für Beschäftigte im Gesundheitssektor müsse künftig bei Einstellung geklärt werden, ob von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlene Impfungen wahrgenommen würden. „Wenn dies dann nicht befolgt wird, müssen arbeitsrechtliche Konsequenzen möglich sein.“

Um die Impfbereitschaft zu heben, setzt die Siegburgerin auf Überzeugungsarbeit „gezielt auch auf bisher unterdurchschnittlich geimpfte Communities“ , auf unkomplizierte Angebote ohne Termin und eventuell kleine Anreize zum Impfen.

Dr. Norbert Röttgen (CDU)

Für den Christdemokraten geht es in der Debatte „nicht um Vorteile für Geimpfte, sondern darum, Einschränkungen grundrechtlicher Freiheiten zurückzunehmen, wenn der Grund für die Einschränkungen nicht mehr besteht“. Und das sei nach aktuellem Stand der Wissenschaft bei Menschen mit vollem Impfschutz der Fall.

Für „mindestens diskutabel, wenn nicht für geboten“ hält Röttgen eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen, die täglich Kontakt mit Patienten hätten. Eine generelle Impfpflicht lehnt Röttgen ab. Wer sich aber gegen eine Impfung entscheide, sollte die Kosten für Tests künftig selbst tragen. „Ich halte es nicht für vertretbar, diese Kosten weiterhin der Solidargemeinschaft aufzubürden.“

Sebastian Hartmann (SPD)

Der Bornheimer lehnt eine Impfpflicht ab. „Wir müssen stattdessen verstärkt für die Impfung werben, um die Bereitschaft weiter zu erhöhen.“ Die weitere Entwicklung hängt für Hartmann „eng mit dem Erfolg der Immunisierung möglichst aller Bürgerinnen und Bürger durch Impfungen ab“. Es brauche daher auch „Aufklärung und Gegenmaßnahmen gegen die Fake News Kampagnen, die sich gerade gegen Impfungen verbreiten“.

Im Gesundheitssektor werde es umgekehrt sein. „Menschen, die nicht geschützt sind, können bestimmte Bereiche ihrer Berufstätigkeit dann nicht mehr ausüben“, dabei gehe es auch um den Schutz der Patienten. Der Arbeitgeber müsse aber sicherstellen, dass jedem ein Impfangebot gemacht werde.

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Bereits im Januar hatte Hartmann sich hinter eine Position von Außenminister Heiko Maas (SPD) gestellt: Der Rechtsstaat gewähre Freiheits- und Grundrechte „nicht als Privilegien, sondern schützt diese und greift nur ausnahmsweise sowie begrenzt in diese ein“. Bei Geimpften entfalle ein wichtiger Grund für die Einschränkung, nämlich die Verhinderung der Überlastung des Gesundheitswesens.

Nicole Westig (FDP)

Wie ihre Partei lehnt auch Nicole Westig eine Impfpflicht ab. Die wäre „das falsche Signal“ gerade für Menschen in der Gesundheitsversorgung oder für Lehrkräfte, bei denen die Impfrate grundsätzlich hoch sei. Mit mehr Überzeugungsarbeit sollten Unentschlossene zur Impfung bewegt werden. Westig mahnt niedrigschwellige Impfangebote an, „die die Menschen dort abholen, wo sie sich aufhalten“. Mobile Impfteams, die etwa in Einkaufszentren, Innenstädten oder bei Veranstaltungen einen einfachen Zugang zu Information und Impfung ermöglichen, müssten stärker zum Einsatz kommen.

„Statt über eine Impfpflicht zu diskutieren, sollte die Bundesregierung alle Hebel in Bewegung setzen, um die Impfkampagne wieder in Fahrt zu bringen.“

Dr. Alexander S. Neu (Linke)

Der Linken-Abgeordnete sieht die Bundesregierung agieren „wie eine Drückerkolonne der Pharma-Industrie“. Das schaffe nun gerade kein Vertrauen in die Impfkampagne. Für Neu ist es „kein Wunder, dass unter Androhung von Zwang die Impfzahlen rückläufig sind“. Er lehne eine direkte allgemeine Impfpflicht ebenso ab wie einen indirekten Impfzwang auch nur für bestimmte Berufs- oder Bevölkerungsgruppen wie die Beschäftigten im Gesundheitswesen. „Wer allerdings einen Impftermin bucht und dann nicht wahrnimmt, braucht sich über Sanktionen nicht zu wundern.“

Es sollte bei der Freiwilligkeit des Impfens bleiben, sagt Neu – ob nun im Impfzentrum oder beim Hausarzt. Dazu gehöre auch eine umfassende und gesetzeskonforme Aufklärung der Impfwilligen und die Abklärung des individuellen Gesundheitsstatus. Nur informierte Einwilligung in eine medizinische Behandlung „kann Vertrauen und Rechtssicherheit schaffen, nicht aber Zwang“.

Die Bundesregierung müsse zu ihrem Wort stehen, dass es keine Impfpflicht geben wird. „Stattdessen sollte sie sich Impf-Anreize überlegen, die nicht diskriminierend sind oder wirken.“

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