Leiharbeit bei WillmsLinke kritisiert Arbeitsbedingungen

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Lange Namenslisten auf einem Briefkasten an der Felderhof

Lange Namenslisten auf einem Briefkasten an der Felderhof

Ruppichteroth – Wie sind die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte der Firma Willms aus Bröleck? Diese Frage will Die Linke zur Diskussion stellen. In einer Anfrage an das Fleischverarbeitungsunternehmen hatte Frank Kemper, Vertreter der Linken im Gemeinderat, einen umfangreichen Fragenkatalog aufgelistet. Unter anderem hatte sich Kemper nach Mitarbeiterzahlen erkundigt, nach Vertragsarten, dem Vorhandensein eines Betriebsrats, nach Lohnniveaus, Überstundenvergütungen und noch nach einigem mehr.

Die Antwort kam rasch: Die Branche, so Geschäftsführer Hubert Willms, sei „starken saisonalen Schwankungen unterworfen, die mit fest angestelltem Personal nicht aufgefangen werden“ könnten. Deshalb stocke die Firma aus Ruppichteroth den Stamm mit Leiharbeitern und Werkvertragsbeschäftigten auf. Man arbeite mit Leiharbeitsfirmen zusammen, die Arbeiter aus der Region vermittelten. „Die strengen Vorgaben für Werkverträge, zum Beispiel beim Weisungsrecht, werden regelmäßig vom Zoll und der Berufsgenossenschaft überprüft. Dabei hat es noch keinerlei Beanstandungen gegeben.“ Willms überprüfe regelmäßig, dass die Entsenderfirmen Sozialversicherungsbeiträge zahlen und dass Bescheinigungen der Krankenkassen vorliegen. Kemper lobt die Dialogbereitschaft des Unternehmens, hakte aber nach, ob er auf eine detaillierte Beantwortung seiner vielen Fragen zu einem späteren Zeitpunkt hoffen dürfe. „Darauf habe ich leider bislang keine Antwort erhalten.“

Leiharbeit an der Tagesordnung

Dass Leiharbeit und Werkverträge in der Fleischwarenindustrie an der Tagesordnung sind, bestätigt Ernst Busch, Geschäftsführer der Region Köln in der Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten. „Zwischen drei und fünf Euro kassieren die Arbeiter, die gerne aus Osteuropa angeworben werden.“ Dabei müsse allein ein ungelernter Helfer in der Verpackungsabteilung nach deutschem Tarif acht bis neun Euro erhalten, ein qualifizierter Metzger sogar zwölf bis 14. Aus der E-Mail eines ehemaligen deutschen Beschäftigten, die dem „Rhein-Sieg-Anzeiger“ vorliegt, wird deutlich, dass die unterschiedlichen Vergütungen auch innerhalb der Belegschaft Thema sind: „Ich habe einen ziemlichen Hungerlohn für die Arbeit bekommen, aber als ich gehört habe, dass die Rumänen nach Kilogramm, also was sie am Tag schaffen, bezahlt werden, wurde mir ganz anders“, heißt es darin. „Ich durfte natürlich auch nicht über meinen 7,10-Euro-Stundenlohn reden, schon gar nicht mit den ungarischen oder rumänischen Mitarbeitern.“

Laut Gewerkschaft schließen die deutschen Fleischerei-Unternehmen Verträge mit Partnern vor Ort. Diese Anbieter, nicht selten Briefkastenfirmen in Rumänien oder Bulgarien, fungierten als Sub- oder sogar Sub-Sub-Unternehmer. Dieses Vorgehen sei jedoch ordnungsgemäß und legal. Einen Vorwurf, so Busch, könne höchstens erheben, wer vom moralischen Standpunkt aus argumentiere. Denn nicht selten müssten Werkvertragsbeschäftigte von Stundenlöhnen von weniger als fünf Euro noch eine karge Unterbringung bezahlen.

„Hinweise für menschenunwürdige Bedingungen“

Ebensolche Verhältnisse wittert auch Die Linke: In den Hochhäusern an der Köttinger Hecke seien Willms-Mitarbeiter untergebracht. „Bis zu 34 Namen sind an einem Briefkasten. Das sind deutliche Hinweise für menschenunwürdige Verhältnisse“, findet Kemper. Betreten haben die Parteimitglieder die Wohnungen bislang allerdings nicht. Die Kontaktaufnahme gestalte sich schwierig, so Kemper, die Menschen seien zurückhaltend. Der Gemeindevertreter für die Linke hat deshalb eine Anfrage an den Bürgermeister eingereicht, die klären soll, inwieweit die Wohnverhältnisse etwa Verstöße gegen technische Regeln für Arbeitsstätten oder gegen Brandschutzvorschriften bedeuten könnten.

Laut Bürgermeister Mario Loskill sind Überbelegungen an der Köttinger Hecke bislang nicht bekannt. Die Häuser befänden sich im Privateigentum, aus der Umgebung seien keine nennenswerten Beschwerden verzeichnet geworden. Allein wegen Lärms habe das Ordnungsamt aktiv werden müssen – und das sei bereits Jahre her.

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