Stromausfall„Zum Mond fliegen können alle, aber das bleibt uns nicht erspart“

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Aufgrund eines Brandes am Umspannwerk Hasenbach waren Zehntausende Menschen ohne Strom

Rhein-Sieg-Kreis – „Es geht alles manuell, es läuft und die Leute kommen trotzdem.“ Kaum weniger zu tun als sonst hatten Rabea Schröter (22) und Celine Weingärtner (18) in der Teststation am Rand des Rewe-Parklatzes in Neunkirchen-Seelscheid. Auf das digitale Testergebnis mussten ihre Testlinge indes am Samstag verzichten und stattdessen ein Papierformular ausfüllen. Auch sonst blieb es auf dem sonst so belebten Areal weitgehend leer.

Supermärkte, Tankstellen, Restaurants und Cafés blieben geschlossen. Straßenlaternen, Weihnachtsbeleuchtung auf Straßen und Plätzen in Much, Neunkirchen-Seelscheid und Ruppichteroth – nichts ging mehr nach dem Brand im Umspannwerk Hasenbach. „Stromausfall ist Stromausfall“, brachte es Neunkirchens Löschzugführer Roland Küpper auf den Punkt.

Einsatzwagen an neuralgischen Punkten

Für ihn sowie zahlreiche Kameraden hatte der Einsatz bereits am späten Freitagabend begonnen: Bei einem Brand war die Schaltanlage stark beschädigt worden, stundenlang waren rund 40 000 Menschen in den Gemeinden Much, Neunkirchen-Seelscheid und Ruppichteroth ohne Strom. Vielerorts kamen die Weihnachtskerzen unfreiwillig zum Einsatz.

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„Viele wollten einfach nur wissen, wann der Strom wiederkommt“, berichtete Manuel Odendahl. Der junge Feuerwehrmann schob im Einsatzwagen am Neunkirchener Rathaus Schicht, stand Passanten Rede und Antwort. Wie Much und Ruppichteroth hatte die Gemeinde ihre Feuerwehrhäuser umgehend besetzt und Einsatzwagen an neuralgischen Punkten postiert. Feuerwehren aus umliegenden Kommunen lieferten Notstromaggregate für Einrichtungen, die ohne Strom schnell in existenzielle Notsituationen hätten geraten können: Für Menschen etwa, die auf ein Beatmungsgerät angewiesen sind.

Energieversorgung über Notstromaggregat

THW-Einheiten und Feuerwehren aus der gesamten Region unterstützten die Gemeinden. So rückte die Feuerwehr Bad Honnef mit zwei Stromerzeuger-Anhängern an. Kameraden des Löschzuges Aegidienberg sicherten einen Melkbetrieb in Much, die Löschgruppe Rhöndorf eilte zu einem Lebensmittelmarkt in Neunkirchen-Seelscheid.

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Der Stromausfall legt große Teile des östlichen Rhein-Sieg-Kreises lahm.

„Alles gut gegangen“, berichtete Christine Kaufmann, Hausleiterin des Azurit-Seniorenzentrums in Much. Bereits in der Nacht hatte das Technische Hilfswerk ein acht Tonnen schweres Stromaggregat im Außenbereich eingerichtet; der dieselbetriebene Koloss liefert 200 Kilowattstunden und stellte so die Energieversorgung der Einrichtung sicher. Im Wohnpark „Am Wiedenhof“ in Neunkirchen indes blieben die Lichter aus.

„Das hier bleibt uns nicht erspart“

Gertrud Wirtz etwa wartete im Foyer bei offen stehenden Eingangstüren auf den Moment, in denen die Beleuchtung wieder funktioniert. „Zum Mond fliegen können alle, aber das hier bleibt uns nicht erspart“, so die 86-Jährige, die sich samt Rollator über dunkle Flure den Weg in den vom trüben Tageslicht erhellten Bereich gebahnt hatte.

Anders empfand Ursula Krumm (80) den energetischen Shutdown. Zehn Kerzen hatten die Seniorin und ihr Ehemann in der Nacht angezündet, „es war fast schon wie ein vorgezogener Weihnachtsabend.“ Am Morgen die Ernüchterung: kein Kaffee, keine Brötchen. Doch Krumm blieb fröhlich, wie sie selbst sagt, „Hauptsache nicht auch noch Wasser im Keller.“

„Mit Notstrom geht es nicht“

Aufatmen hieß es auch in der Schulaula. Medizinerin Dr. Birgit Axler und  Dr. Tobias-Paulus Brombach hatten dort zur Impfaktion aufgerufen, auch dort ratterte ein Stromerzeuger auf dem Schulhof, speiste Baulampen und Heizpilze. Rund 866 Menschen hatten sich bereits einen Termin für den „Pieks“ reserviert, darunter Erstimpflinge wie „Booster“. Und mit rund 1000 Impfwilligen rechnete das Team.

Noch in der Nacht hatte Axler die Impfdosen in Kühltaschen gepackt, rund 1000 von Neunkirchen-Seelscheid nach Hennef in Sicherheit gebracht und am Morgen wieder zurückgeholt. Gastronomenpaar Christoph und Anja Kappes stellte einen Kühlwagen bereit; so lagerten nicht etwa leckere Häppchen im Firmenfahrzeug auf dem Schulgelände, sondern rund 1000 Impfdosen. Ob der geplante Start eines Impfzentrums auf dem Firmengelände der Firma Thun am Montag realisiert werden könne, hinge von der Lage ab. Birgit Axler: „Mit Notstrom geht es nicht, wir brauchen eine normale Stromversorgung.“

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