Unternehmen in Rhein-SiegThurn ist wieder insolvent – Umsatzeinbruch in der Pandemie

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In den Thurn-Werken in Neunkirchen wird unter anderem Waschmittel produziert. Der Umsatz ist in der Corona-Pandemie allerdings stark eingebrochen. 

Neunkirchen-Seelscheid – Thurn Germany, Lieferant von Spül- und Waschmitteln für große Einzelhandelsketten, hat erneut Insolvenz angemeldet. Diesmal durch die Pandemie bedingt. „Nach dramatischen Umsatzeinbrüchen wegen Corona mussten wir leider diesen Schritt tun“, so Peter Schoof, geschäftsführender Gesellschafter bei Thurn. Der Staat habe nicht mit finanziellen Mitteln geholfen, weil „wir nicht ins Raster gepasst haben“. Corona-Hilfen bekämen nur Betriebe, die direkt durch den staatlichen Eingriff betroffen seien, wie Hotels, denen durch die Schließung der Umsatz eingebrochen sei.

„Als Produzent von Waschmitteln konnten wir keinen klaren Zusammenhang darstellen“, so Schoof über den Versuch, vorübergehende Unterstützung zur Rettung der Arbeitsplätze zu finden. Elf Millionen Menschen würden in Deutschland mehrmals in der Woche ins Fitnessstudio gehen, sechs Millionen Freizeitfußballer bräuchten saubere Trainingskleidung und Trikots. Diese Kunden seien geradezu weggebrochen. Und auch der „Italiener um die Ecke mit seinen weißen Tischdecken wäscht regelmäßig“. 30 Prozent weniger Waschmittel wurde deswegen abgenommen. „Das konnten wir nicht mehr kompensieren“, so Schoof.

Die erste Insolvenz

Thurn war schon einmal insolvent. Im September 2017 wurde dies bekannt gegeben. Firmengründer Adolf Thurn musste seinen Schreibtisch räumen. Zuvor wollte er das Werk modernisieren, um es profitabler zu machen. Diese Pläne wurden durch die Insolvenz hinfällig. Die Unternehmensgruppe stand zum Verkauf.

Zwei Unternehmerfamilien aus der Region hatten im März 2018 den Zuschlag für den Standort in Neunkirchen erhalten. Allerdings fielen 140 Arbeitsplätze weg.

Das Standort von Thurn in Much wurde im Rahmen der Insolvenz dauerhaft geschlossen. (vr)

Alle Waschmittelhersteller hätten diesen Umsatzrückgang. „Die bekannten Marken haben mit verstärkten Werbekampagnen reagiert. Das hat zu Umsatzsteigerungen bei diesen Firmen geführt“, so Schoof. In den letzten Wochen seien zwar die Absätze langsam gestiegen. Doch „zu langsam und zu spät für uns.“ Hinzu kam, dass ab 1. Juni dieses Jahres die Rohstoffpreise dramatisch angestiegen sind. „Wir mussten teilweise bis zu 300 Prozent mehr zahlen für einzelne Komponenten“, berichtet Schoof. Die Margen beim Handel seien „knapp kalkuliert“. So käme „eins zum anderen.“

„Den ersten Lockdown konnten wir noch gut verkraften“, so Schoof. Aber als dann ein zweites Mal das gesellschaftliche Leben heruntergefahren wurde, habe das finanzielle Polster gefehlt. Deshalb blieb nur noch der Weg der Insolvenz.

Thurn: Noch unklar, ob alle Arbeitsplätze an den drei Standorten erhalten bleiben können

Die Produktion laufe jedoch „erst einmal weiter wie immer“. Bestellungen würden ausgeliefert. In Gesprächen mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Dr. Jens Schmidt von Runkel Rechtsanwälte müsse nun geklärt werden, wie es weiter ginge. So sei zum Beispiel das Geschäft mit den Tabs für Spülmaschinen „profitabel“. Hier gebe es konkrete Perspektiven. Ob allerdings alle 200 Arbeitsplätze an den drei Standorten im niederländischen Kerkrade, in Genthin und Neunkirchen erhalten bleiben könnten, müsse die Zukunft zeigen.

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Der vorläufige Insolvenzverwalter verschaffte sich mit seinem Team vor Ort einen Überblick und ist zuversichtlich. „Die Motivation der Mitarbeiter aus ersten Einzelgesprächen und den Betriebsversammlungen an den drei Standorten beeindruckt mich und verpflichtet uns gemeinsam, das Traditionsunternehmen zu retten“, so Dr. Jens Schmidt. Auch seien in den vergangenen Jahren professionelle Strukturen geschaffen worden. Nun gelte es einen Investor zu finden.

Das Grundstück, auf dem das Werk steht, ist nicht im Besitz der Firma. Aus politischen Kreisen wurde bekannt, dass die Gemeinde Interesse an dem Areal hat. Die Verhandlungen laufen zurzeit noch. Der ursprünglicher Plan war, auf dem Gelände kleinen Betrieben eine Heimat zu geben. Als die Firma Avon das Areal dann erwarb und eine große Produktionsstätte errichtete, waren diese Ideen vom Tisch. Sie könnten nun aber wieder aktuell werden.  

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