Betrug im InternetMit diesen Tricks werden Kunden beim Onlinekauf abgezockt

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Weil viele Geschäfte geschlossen sind, kaufen Menschen vermehrt im Internet ein. Dort sind viele Betrüger unterwegs.

Weil viele Geschäfte geschlossen sind, kaufen Menschen vermehrt im Internet ein. Dort sind viele Betrüger unterwegs.

Rhein-Sieg-Kreis – In Zeiten des Lockdowns, wenn die meisten Geschäfte geschlossen sind, boomt der Internethandel. Doch nicht nur der: „Wenn sich der Handel ins Internet verlagert, verschiebt sich auch die Kriminalität“, erklärt Kriminalhauptkommissar Helmut Steffens, stellvertretender Leiter des Kriminalkommissariats 2 der Kreispolizei in Siegburg. Das beschäftigt sich mit Betrugsdelikten, die im Durchschnitt 18 bis 22 Prozent der Gesamtkriminalität ausmache, so der Pressesprecher, Polizeihauptkommissar Stefan Birk.

Die Schadenssumme ist hoch, 2018 waren es 4,6 Millionen Euro. Dabei sind international agierende Banden, die Senioren durch Telefonbetrügereien schädigen, gar nicht erfasst. Denn im weltweiten Netz müssen sich Täter und Opfer nicht mehr zwangsläufig persönlich begegnen. Für die Statistik zählt aber das Tatort-Prinzip.

Identitäten bleiben oft verschleiert

„Der klassische Betrug findet weit weniger statt“, sagt Steffens. Im Internet dagegen können Identitäten verschleiert werden, durch eine Anmeldung ohne Legitimation etwa. Bei zahlreichen Plattformen ist das mit einer gefälschten Internet-Adresse durchaus üblich.

Der Ermittler wünscht sich mehr gesunden Menschenverstand. Wer den einsetze, bei dem dürften bei bestimmten Reizen die Alarmglocken schrillen. „Ist ein Elektronikartikel, ein bestimmtes Smartphone oder eine Spielekonsole, kurz nach Markteinführung 20 Prozent unter Marktpreis zu bekommen, ist das schon verdächtig“, erklärt er. Wenn der Verkäufer dann nur über Vorkasse abrechnen und kein Treffen anbieten wolle, stimme meist etwas nicht.

Als Leiter des Kriminalkommissariats für Betrug hat Helmut Steffens schon viele Bürger beraten, die beim Kauf im Internet übers Ohr gehauen wurden.

Als Leiter des Kriminalkommissariats für Betrug hat Helmut Steffens schon viele Bürger beraten, die beim Kauf im Internet übers Ohr gehauen wurden.

Bei den Bezahlsystemen gibt es nicht abgesicherte Modalitäten für vermeintlich besonders vertrauenswürdige Partner, Freunde oder Familie etwa. Darüber würden auch Internetgeschäfte abgewickelt. Bei den Betrugsdelikten, die zur Anzeige kommen, hat sich aber herausgestellt, dass es in den seltensten Fällen engere Beziehungen zwischen Absender und Empfänger gegeben hat. Das Geld ist geflossen, die Ware kommt jedoch nicht. Und der Empfänger ist nicht ermittelbar.

Mit Tricks zum Passwort

Gehackte Accounts kommen nach Angaben von Kriminalhauptkommissar Helmut Steffens eher selten vor. „Die Passwörter werden meist per Phishing-Mails geholt.“ Oder die Geschädigten geben sie selbst preis, etwa, wenn angeblich Bankmitarbeiter am Telefon um TANs bitten, um das Konto zu überprüfen oder vermeintliche Mitarbeiter großer Softwareanbieter per Fernwartungsprogrammen auf dem Rechner angeblich einen Virus entfernen, ihn in Wirklichkeit aber nach entsprechenden Passwörtern durchsuchen.

Der Fachmann sagt: „Weder Banken noch Unternehmen fragen jemals nach PINs, TANs oder Codewörtern.“ Mittels dieser Daten können Betrüger Waren bestellen, umleiten oder abfangen.

„Jeden Morgen steht nicht nur ein Dummer auf, sondern zwei oder drei“, variiert Steffens einen gängigen Spruch. Denn er kennt Geschädigte, die auch zweimal ein Handy besonders billig bestellen wollten und beide Male auf die Nase gefallen seien. Aus seinen Erfahrungen weiß er, dass 400 bis 500 Euro eine Schmerzgrenze sind, darüber wird auch kaum noch etwas angeboten. Gehandelt wird hauptsächlich mit Elektronik und hochwertiger Kleidung.

Hohe Rechnung statt große Liebe

„Finanzagenten“, das ist ein weiteres Feld. Das sind die immer wieder auftauchenden Jobangebote, wo der Interessent 2000 Euro weiterleiten soll. 1000 Euro könne er für sich behalten. Da geht es aber um Geldwäsche, und für genau dieses Delikt werden die angeblich so gut alimentierten Nebenjobber zur Rechenschaft gezogen. Denn nur bis zu ihnen ist der Mittelfluss nachvollziehbar. Im Fall eines Dreiecksbetrugs, bei denen Ware und Bezahlung hin- und hergeschoben werden, müssen die Ermittler erst mal nachvollziehen, was für Straftaten tatsächlich stattgefunden haben. „Gier frisst Hirn“, formuliert Steffens. „Immer wenn es um Geld geht, muss ich alle Antennen aufrichten.“

Und wohl auch, wenn es um Gefühle geht. Auf Dating-Plattformen sind sogenannte Loverboys unterwegs, die sich Geld für Flüge, Kleidung oder Visa schicken lassen, einzig mit dem Versprechen, sie würden zur Heirat als amerikanischer Soldat aus Afghanistan kommen.

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„Der Internet-Betrug ist unheimlich dynamisch, der Modus operandi verändert sich ständig“, berichtet Steffens. Deshalb appelliert er an die Bürger, Passwörter stark zu machen, Vorsicht walten zu lassen, wenn ein Bezahlkonto eine andere als eine deutsche Länderkennung hat. „Die Leichtgläubigkeit wird ausgenutzt; jeden Tag werden im Kreis zehn Menschen übers Ohr gehauen“, so Steffens. Und die Dunkelziffer sei hoch.

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