Auch im Fall Niklas P. angeklagtSechs Jahre Haft für Bonner Walid S. gefordert

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Walid S. und sein Anwalt Martin Kretschmer.

Walid S. und sein Anwalt Martin Kretschmer.

Bonn – Der Tod von Niklas P. vor drei Jahren hängt über diesem Verfahren. Und er wird den 23-jährigen Walid S., der sich zurzeit erneut wegen einer Gewalttat verantworten muss, sein Leben lang verfolgen. Trotz des eindeutigen Freispruchs der Bonner Richter vor zwei Jahren, die davon überzeugt waren, dass der gebürtige Italiener im Fall Niklas nicht der Täter war, nicht sein konnte und ihn deshalb freisprachen. Aber seiner Unschuld wird vielfach misstraut, da der 23-Jährige mit Gewaltausbrüchen nicht aufhört.

So auch am 10. Februar 2019, als er mit seinem beschuhten Fuß zweimal gegen den Kopf eines 26-Jährigen getreten hat, der bereits von anderen vor dem Alten Rathaus zu Boden geschlagen worden war und der – schwerbetrunken – wieder versucht hatte, hochzukommen. Walid S., Kampfsportler und Kickboxer, trat zu. Grundlos.

Diese brutale Szene hat ihm eine Anklage wegen versuchten Totschlags und damit einen Prozess vor dem Bonner Schwurgericht eingebracht. Nicht zuletzt in der Erinnerung an den Tod von Niklas P., der allein durch einen Faustschlag gegen den Kopf zu Boden gegangen war, ins Koma fiel und später in der Klinik starb. Am Donnerstag wurde der Fall Niklas kurz noch einmal durch Verlesen des Urteils aufgerollt und die Todesdiagnose des Rechtsmediziners in den Blick genommen: Der Schlag gegen Niklas’ Kopf hätte auch ohne eine Vorschädigung im Hirn tödlich sein können.

Tod billigend in Kauf genommen

Dass im aktuellen Fall der Angeklagte den Tod des 26-Jährigen billigend in Kauf genommen hat, davon ist Staatsanwalt Alexander Klingberg überzeugt. Er habe das Opfer „unschädlich machen“ wollen, hieß es gestern im Plädoyer. Klingberg: „Ob der Mann hierdurch stirbt, ist ihm schlichtweg egal gewesen.“

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Das stark betrunkene Opfer hat schwerste Verletzungen am Kopf erlitten, unter anderem einen doppelten Unterkieferbruch, und lag eine Woche im Krankenhaus. Als mehrfach vorbestrafter Gewalttäter wisse der Angeklagte, wie gefährlich Fußtritte oder auch Schläge gegen den Kopf sind, so der Staatsanwalt weiter. Und wie schnell sie zum Tod führen, das habe er im alten Prozess hautnah erleben können.

Sechs Jahre Haft forderte Klingberg schließlich wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung. Aber auch wegen einer Widerstandshandlung gegen Vollstreckungsbeamte sowie Angriff auf Polizisten, die am 12. Januar 2019 in einem Bonner Schnellrestaurant seinen Anfang nahmen: Weil Walid S. unzufrieden war, hatte er im Lokal mit Essen um sich geworfen. Gegen seine Festnahme wollte er sich durch Flucht und schließlich durch erhebliche Gegenwehr entziehen: Er griff die Polizeibeamten an, verletzte, beleidigte und bespuckte sie.

Viel zu hoch seien die Forderungen des Anklägers, argumentierte Verteidiger Martin Kretschmer am Donnerstag, der die Taten zwar als „vollkommen unschön und sinnfrei“ bezeichnete, aber keinerlei Tötungswillen bei den Tritten erkennen könne. Immerhin habe Walid S. sofort gestoppt, als ihm ein Kumpel sagte: „Hör auf damit!“ Entsprechend forderte Martin Kretschmer wegen gefährlicher Körperverletzung höchstens drei Jahre Haft. In seinem letzten Wort entschuldigte sich Walid S., der im Prozess vor dem Schwurgericht ein Geständnis abgelegt hatte, für die Taten: „Ich muss jetzt geradestehen, für das, was ich getan habe.“

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