Erstes „Bürgergutachten“ der StadtgeschichteBonner entscheiden über Bäderlandschaft

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Schwimmbad

Im Schwimmbad. (Symbolbild)

Bonn – Kommt der politische Dauerbrenner Bonner Bäderlandschaft doch noch zu einem guten Abschluss? Nach den beiden Bürgerentscheiden von 2017 (Schließung Kurfürstenbad) und 2018 (Nein zu einem neuen Wasserlandbad) unternimmt die Stadt nun einen weiteren Versuch zur Neugestaltung der schwer sanierungsbedürftigen und kostenintensiven Bäder. „Bürgergutachten“ heißt dieser erneute Anlauf – das erste übrigens in der Stadtgeschichte.

Befragte per Zufall ausgewählt

Gemeint ist damit ein „hochintegrativer Prozess“ der Meinungsbildung, in dessen Kern sich 100 per Zufallsverfahren aus dem Einwohnermelderegister ausgewählte Bonner ab 14 Jahren vier Tage lang intensiv mit dem Thema befassen. Zuvor finden eine öffentliche Auftaktveranstaltung, eine Planungswerkstatt und ein Runder Tisch statt (siehe Infobox).

„Für uns ist das ein sehr, sehr wichtiges Thema. Wir wollen die Bürgerbeteiligung noch 2019 abschließen“, kündigte die Bonner Sport- und Kulturdezernentin Dr. Birgit Schneider-Bönninger bei der Vorstellung des neuen Verfahrens im Stadthaus an. Dafür sorgen soll die Münchener Gesellschaft für Bürgergutachten (gfb), die seit 2001 derartige Verfahren organisiert und die von der Stadt für eine niedrige sechsstellige Summe mit der Abwicklung der Bürgerbeteiligung beauftragt wurde. Sie arbeitet zusammen mit dem Institut für Demokratie- und Partizipationsforschung (IDPF) der Bergischen Universität Wuppertal.

Der Ablauf

Mai Auftakt: Zum Beginn der Bürgerbeteiligung findet am Mittwoch, 15. Mai, um 18.30 Uhr im Forum der Bundeskunsthalle eine öffentliche Informationsveranstaltung für alle Bonner statt. An Thementischen und -wänden können sie ihre Ideen und Wünsche einbringen. Diese werden außerdem bis zum 12. Juni auf www.bonn-macht-mit.de gesammelt.

Juni Planungswerkstatt: Hier tragen Akteure der Bäderlandschaft wie Sport- und Bädervereine, Bürgerinitiativen oder Schulen ihre Sichtweisen und Ideen bei.

Juli Runder Tisch: An diesem besprechen Experten aus Behörden und Organisationen ein Arbeitsprogramm für die Planungszellen. Dieses wurde zuvor von gfb und IDPF – ausgerüstet mit den Ergebnissen der offenen Beteiligung und der Planungswerkstatt – entwickelt.

September Planungszellen: Vier von ihnen tagen mit jeweils 25 Bürgern.

Im November wird das Bürgergutachten öffentlich vorgestellt, im Dezember soll es in den politischen Gremien beraten werden. (kri)

„Schweigende Mehrheit“ soll zu Wort kommen

„Bürgerbeteiligung ist bundesweit ein boomendes Thema. Auch in anderen Städten gibt es solche Verfahren zur Schwimmkultur. Dabei sollen nicht nur Bürger angesprochen werden, die sich schon engagieren. Wir wollen auch Stimmen einbeziehen, die sich nicht von sich aus melden“, sagte IDPF-Leiter Professor Dr. Hans J. Lietzmann. Quasi die „schweigende Mehrheit“, wie Professor Dr. Hilmar Sturm von der gfb es ausdrückte.

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Der „bunten Vielfalt“ des Verfahrens diene die Zufallsauswahl der Mitwirkenden. Diese 100 Bürger arbeiten schließlich in vier sogenannten Planungszellen vier Tage lang in wechselnd zusammengesetzten Kleingruppen zusammen. Dabei werden sie von Experten und Interessenvertretungen informiert, und zwar möglichst vielseitig bis kontrovers. Hier sollen auch die Ergebnisse der Auftaktveranstaltung und der Planungswerkstatt einfließen. Am dritten Tag ist eine Anhörung beziehungsweise Befragung der politischen Parteien vorgesehen. „Dabei entsteht auf beiden Seiten Verständnis füreinander“, schildert Sturm aus seinen Erfahrungen, „das ist wichtig für die politische Kultur.“

Resultat ist eine Prioritätenliste

Die Ergebnisse aller vier Planungszellen werden von der Gesellschaft für Bürgergutachten und dem Wuppertaler Institut „zusammengeführt und verdichtet“. Dieses „Bürgergutachten“ wird von Beauftragten der Planungszellen geprüft, dann gedruckt und veröffentlicht. Das Resultat werde eine „Prioritätenliste“ sein, sagte Lietzmann, kein Ja oder Nein zu einem bestimmten Projekt.

Bürgern, die ausgewählt wurden, aber mit den vier Tagen Zeitprobleme haben, wollen die Veranstalter helfen. „Wer keinen Bildungsurlaub bekommt“, so Sturm, „für den ist eine Aufwandsentschädigung möglich.“ Die Organisatoren wollen laut Lietzmann im Bedarfsfall auch Kinder- oder Familienbetreuung übernehmen, Fahrdienste einrichten oder Dolmetscher engagieren.

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