Frau im KomaSchwangere verliert Kind nach Attacke – Mordversuchs-Anklage in Bonn

Lesezeit 3 Minuten
Mordprozess

Der Angeklagte (m.) mit einem Begleiter und seiner Anwältin während des Prozesses in Bonn

Bonn/Siegburg – Dieser Fall lässt keinen kalt: Vor genau einem halben Jahr, am Nachmittag des 10. Juli 2019, war eine 19-Jährige von ihrem Lebensgefährten und Vater von zwei gemeinsamen Kindern in Siegburg von hinten mit einem Messer angegriffen und anschließend so lange gewürgt worden, bis sie das Bewusstsein verloren hat. Die schwangere junge Frau erlitt einen Herzstillstand.

Zwar konnte sie reanimiert werden, doch aufgewacht ist sie nicht mehr: Bis heute liegt sie im Wachkoma; die Prognosen, dass sie je wieder aufwacht, stehen sehr schlecht. Ihr drittes Kind hat sie verloren.

Wegen des fast tödlichen Attentats muss sich seit gestern der 27-jährige Vater der Kinder und ehemaliger Lebensgefährte des Opfers wegen versuchten Mordes, gefährlicher, aber auch schwerer Körperverletzung vor dem Bonner Schwurgericht verantworten. Der bulgarische Staatsbürger, der 2011 zum Arbeiten nach Deutschland gekommen war, hat ein Geständnis abgelegt, das seine Verteidigerin vortrug.

Täter soll sich nach Jobverlust betrunken haben

Demnach war es zwei Monate vor der Tat zur Trennung gekommen. Nachdem er seinen Job im Supermarkt verloren hatte, habe er zu viel getrunken und zu viel Zeit in Spielhallen verbracht. Das habe Ärger mit der Familie der 19-Jährigen gegeben. Aber da gab es angeblich noch einen neuen „Freund aus der Türkei“. Am Tattag soll dieser fremde Mann sich bei ihm per Instagram gemeldet und ihm gedroht haben, ihn „aufzusuchen und umzubringen“.

Auch soll er ein Foto von sich und der 19-Jährigen gepostet haben. Daraufhin habe er, so der 27-Jährige, ein Messer eingesteckt, „ohne einen genauen Plan“ zu haben. Damit sei er zu der Adresse seiner ehemaligen Lebensgefährtin gefahren, wo die Übergabe des dreijährigen Sohnes verabredet gewesen war.

Als die junge Mutter die drei großen Taschen, gefüllt mit Spielzeug und Kinderkleidung, im Hauseingang abstellte und er ihren Rücken sah, habe ihn, so seine Aussage, „so eine Emotion überfallen“, dass er „aus Eifersucht über den Mann und Trauer über die Trennung“ das mitgebrachte Messer gezogen und zugestochen habe. „Es ging alles so schnell. Ich stand völlig neben mir.“ Anschließend würgte er seine Ex-Freundin mit den Kordeln einer Tasche, bis sie das Bewusstsein verlor.

Großmutter fand 19-Jährige im Treppenhaus

Als die Großmutter der 19-Jährigen im Treppenhaus erschien, war er geflüchtet. Die Anklage geht davon aus, dass er glaubte, die 19-Jährige sei bereits tot oder werde sterben. Der Mann wurde einen Tag nach seiner Flucht in Köln festgenommen. „Alles, was ich ihr angetan habe, tut mir unendlich leid. Ich bereue die Tat zutiefst “, erklärte der 27-Jährige gestern. „Ich wollte sie nicht töten. Ich wollte sie nur verletzen, ich hatte so viel Wut und Frust in mir.“ Dass sie schwanger war, das wusste er nicht. Das Kind wäre sein drittes gewesen.

Mit den furchtbaren Bildern von der Bluttat muss jetzt sein dreijähriger Sohn leben, der Augenzeuge der Bluttat war. Der Junge sei traumatisiert, berichtete gestern am Rande des Prozesses Anwältin Dagmar Schorn, die die im Koma liegende Mutter als Nebenklägerin vertritt.

Beide Söhne leben betreut vom Jugendamt jetzt bei den Eltern der jungen Frau, die nach dem Anschlag auf das Leben ihrer Tochter aus Mazedonien nach Deutschland gekommen sind. Fast täglich besuchen die beiden Kinder mit ihren Großeltern ihre an Schläuchen hängende Mutter in einer Spezialklinik. Für den Prozess hat das Landgericht noch weitere vier Verhandlungstage bis Ende Januar angesetzt.

KStA abonnieren