Organisierter KokainverkaufBrüder aus Bonn sollen Anführer einer Drogen-Gang sein

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Kokain

Symbolbild.

Bonn – Das System der Kokainmafia im Tannenbusch schien perfekt: Nicht nur der Handel in den Straßen um das Einkaufscenter war klug durchorganisiert; vor allem hatte die gut vernetzte, weitläufige Bande ein funktionierendes Warnsystem installiert: Auf Dächern waren Posten stationiert, die bei anrückenden Streifenwagen oder drohenden Polizeikontrollen Pfiffe ausstießen. Wenn die Beamten zuschlagen wollten, war die Straße rein, die Drogen in Depots – meist in Grünanlagen – verschwunden. Doch bei einer überraschenden Großrazzia in Tannenbusch hatten die Ermittler doch Erfolg.

Fünf Monate später hat die Bonner Staatsanwaltschaft den mit sieben Mitgliedern harten Kern einer mutmaßlichen Kokainbande wegen gemeinschaftlichem illegalen Drogenhandels im großen Stil angeklagt. Bei der Großrazzia am 8. Mai 2018 waren 300 Polizeibeamte, Spürhunde und ein Hubschrauber im Einsatz. Das Wichtigste. Sie kamen gegen sechs Uhr am Morgen, als der Bonner Ortsteil noch schlief.

Anklage gegen sieben Mitglieder

Wie Landgerichtssprecher Tobias Gülich am Mittwoch bestätigte, sollen zwei in Bonn geborene Brüder mit marokkanischen Wurzeln Anführer der Tannenbuscher Drogengang sein: Den 31 und 25 Jahre alten Männern wirft die Staatsanwaltschaft den Handel mit 3,2 Kilo Kokain im Straßenverkaufswert von über 320.000 Euro vor. Die Brüder sollen das Rauschgift in Holland besorgt haben, ein 36-jähriger Mittäter wiederum war ausschließlich für die Organisation des Weiterverkaufs zuständig. Er soll den Stoff an die kleinen Dealer verteilt haben, die meist in der Nähe der Straßenbahnhaltestelle Tannenbusch-Mitte oder hinter einer Sparkasse ihre Kunden versorgten.

Die Verlobte des 36-Jährigen sitzt ebenfalls demnächst auf der Anklagebank des Landgerichts: Die 29-Jährige und ein weiterer Angeklagter sollen ihre Wohnungen als Drogenlager zur Verfügung gestellt haben, auch soll das Kokain hier in kleine Verkaufseinheiten verpackt worden sein. Weitere Mitangeklagte waren für die Bande als Dealer unterwegs und waren mit kleineren Mengen Kokain erwischt worden.

Angeklagte sind wiederholt vorbestraft

Alle sieben Angeklagte sind wiederholt vorbestraft, teilweise auch einschlägig, und stehen unter Bewährung. Bei einer Verurteilung müssen sie nicht nur wegen bandenmäßigen Drogenhandels mit einer Mindeststrafe von fünf Jahren rechnen, sondern auch mit dem Widerruf ihrer Bewährungsstrafen. Nach der Verhaftung der sechs Männer und einer Frau scheint das Bandensystem nicht mehr dicht zu sein: Einige sollen bereits geplaudert haben, einige sind auch wieder auf freien Fuß.

Nach der aufwendigen Razzia im Mai waren 23 Personen festgenommen worden. Damals waren zunächst 75 Gramm Kokain, ein Kilo Marihuana, mehrere Flaschen Anabolika und 60.000 Euro Bargeld, 41 Mobiltelefone und ein Samurai-Schwert gefunden worden; später wurden weitere Drogen sichergestellt. Auch hatten die Drogenfahnder die Bande monatelang observiert und schließlich ein detailliertes Bild gewonnen, wie der ausgeklügelte Kokainhandel im Tannenbusch organisiert war und ablief.

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