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Paul Panzer in der Bonner OperSpießbürger 2.0 bemüht sich um den roten Faden

Lesezeit 4 Minuten
Comedian Paul Panzer bekennt sich als „Spießbürger 2.0“. An zwei Abenden unterhielt er das Bonner Publikum in der Reihe „Quatsch keine Oper“ mit seinem Programm „Glücksritter“.

Comedian Paul Panzer bekennt sich als „Spießbürger 2.0“. An zwei Abenden unterhielt er das Bonner Publikum in der Reihe „Quatsch keine Oper“ mit seinem Programm „Glücksritter“.

Bonn – Die überdimensionierte Ritterfigur aus Pappmaché auf der Bühne und die in Neon wie eine Leuchtreklame wirkenden Lettern „Glücksritter“ ließen Großes an den beiden Abenden im bestens besuchten Bonner Opernhaus erwarten. Eine martialische Stimme kündigte den Künstler an wie einen großen Herrscher, den vom Pech verfolgten Glücksritter mit dem Blümchenhemd und zerkratzter Brille.

Und dann spuckte ihn die Tür einer nachgebildeten Ritterburg auch schon auf die Bühne: Paul Panzer war am Rhein und unterhielt mit seiner aktuellen Show „Glücksritter … vom Pech verfolgt“ im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ sein Publikum im Opernhaus.

Panzer, der eigentlich Dieter Tappert heißt, philosophierte gut zwei Stunden lang über das kleine und große Glück und fragte erst mal sein Publikum, was Glück für sie bedeutet? „Schokolade“, „meine Frau“ und „Paul“ lauteten die Zurufe der Zuschauer. Klar, niemand würde abstreiten, dass ein hoher Lottogewinn Glück bedeutet, doch vielleicht sollte man vom Glück nicht zu viel erwarten, meinte der 47-jährige in Nörvenich geborene und aufgewachsene Comedian, der einst durch seine Radio-Scherzanrufe bekannt wurde: „Vielleicht ist Glück einfach, wenn man abends im Bett liegt und es ist nichts passiert! Niemand ist krank, keiner tot und die Tochter ist um 22 Uhr zu Hause und nicht schwanger.“

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Panzer sinniert über die Tücken des Alltags

Gemeint war seine pubertierende Tochter Susanka, die Panzer kurz nach zehn Uhr abends von der „Dizkothek“ – als Running Gag hat die Kunstfigur Panzer bekanntlich einen Sprachfehler, wie es in seiner Jugend hieß – abholen möchte und mit der „Chicoree“ (gemeint waren Securitymänner in ihren Konfirmationsanzügen, früher sagte man Türsteher) mächtig Ärger bekam und einen SEK-Einsatz auslöste. Und wenn Panzer was aufregt, dann würde nur noch die „Wutkneteule“ helfen, die er stets mit sich führt.

Oft verließ Panzer auch den „Glückspfad“ und sinnierte über die Tücken des Alltages, vor allem über seine pubertierenden Kinder –Sohn Bolle, „der Unnötige“, und Tochter Susanka, die sich als Frutarierin ernährt. Frutarier sind die, die ab April bis in den Herbst darauf warten, dass ein Baum den Apfel endlich freigibt, damit man ihn essen kann. Der Comedian brachte die „Suizidkartoffel“ ins Spiel, während seine Tochter Fischstäbchen am liebsten in den nächsten Fluss freilassen will. Warum nicht „Crashtarier“ werden? Diese Spezies isst nur Tiere, die von Autos angefahren und getötet worden sind . . .

In den besten Momenten erinnerte Panzer ein wenig an den Saarländer Gerd Dudenhöffer und dessen Bühnenfigur Heinz Becker in den 90er Jahren. Paul Panzer ist so etwas wie der Spießbürger 2.0, der mit dem digitalen Zeitalter zu kämpfen hat. Panzers Frau heißt übrigens auch Hilde, wie die von Becker. Ein Zufall? Mit Hilde ist Paul seit vielen Jahren zusammen, hier bediente er sich gerne althergebrachten Mann-Frau-Klischees, berichtete vom verhassten Mädelsabend seiner Frau, den genauso verhassten „Shopsing-Touren“ („Haben ist besser als brauchen“) und wenn seine Frau Tofu kocht, ist dies in seinen Augen wie „Lego ohne Noppen“.

Publikum feiert Gags – Zugabe als Höhepunkt

Immer wieder versuchte Paul Panzer den Bogen zum Thema Glück zu spannen, manchmal wirkte dies allerdings ein wenig bemüht, etwa wenn er Goethe zitiert („Leidenschaft geht, Liebe bleibt“). Doch das Publikum war, um im Bild zu bleiben, glücklich, ging mit, feierte die Gags und Paul Panzer. Den Höhepunkt gab’s allerdings zum Schluss als Zugabe. Der Comedian griff zur Gitarre und stimmte einige Akkorde an. Englisch, Französisch, Spanisch und Niederländisch beherrscht er nicht. So bediente er sich der Phonetik der Sprachen, reihte Fantasiewörter aneinander und baute einige Vokabeln auf Zuruf aus dem Publikum ein. „Love“ und vor allem „Luck“ inklusive.

Auch wenn Panzer hier und da den roten Faden zum Thema Glück ein wenig verlor, insgesamt war es ein humorvoller Abend mit jeder Menge Wortakrobatik und Witz und bisweilen sehr guten, subtilen Gags, die der heutigen digital- und konsumorientierten Gesellschaft einen wunderbaren Spiegel vorhielten.

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