Projekt bis zum Schluss umstrittenJa oder Nein zum neuen Bürgerbad in Bonn?

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Könnte Realität werden oder auch nicht: der geplante Schwimmbadneubau in Bonns geografischer Mitte mit Rutsche vor den Gebäuden.

Könnte Realität werden oder auch nicht: der geplante Schwimmbadneubau in Bonns geografischer Mitte mit Rutsche vor den Gebäuden.

Bonn – Sie dauert schon seit Monaten: Die Auseinandersetzung um das geplante Wasserlandbad in Dottendorf, das laut Ratsbeschluss vom September 2016 das Franken- und das Kurfürstenbad ersetzen soll, wird in den verschiedensten Gruppierungen teils scharf und nicht immer sachorientiert geführt.

Bis Donnerstagnachmittag haben nach Angaben des städtischen Presseamtes 86.615 von rund 250.000 Wahlberechtigten, das sind gut 34,6 Prozent, ihre Abstimmungsbriefe abgegeben. Geantwortet werden darf im Bürgerentscheid nur mit Ja oder Nein auf die Frage: „Soll der Neubau eines Schwimmbades in Bonn-Dottendorf gestoppt werden?“

Im Folgenden eine Zusammenfassung von Argumenten pro und contra Schwimmbadneubau, die vielfach im Abstimmungsheft der Stadt zum Bürgerentscheid zu finden sind:

Ja im Bürgerentscheid

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens, das nun im Bürgerentscheid mündet, sind die Bonner Bürgerinitiativen „Frankenbad bleibt Schwimmbad“ und „Kurfürstenbad bleibt!“ Sie werfen der Stadt vor, das „Bad-Eigentum“ der Bonner jahrzehntelang vernachlässigt zu haben. Die 60 Millionen Euro, die ein Neubau verschlinge, „würden bürgerfreundlicher und nachhaltiger in eine Modernisierung unserer Stadtteilbäder investiert“ – etwa unter dem Dach der Stadtwerke Bonn (die ja das Wasserlandbad bauen sollen).

Die Chronologie

Im April reichten die Initiatoren des Bürgerbegehrens zu der Frage „Soll der Neubau eines Schwimmbades in Bonn-Dottendorf gestoppt werden?“ laut Stadt 10 808 als gültig anerkannte Unterschriften ein. Der Stadtrat erklärte das Begehren im Mai für zulässig, lehnte es aber mehrheitlich ab. Damit kam es zum Bürgerentscheid; letzter Abstimmungstag ist Freitag, 3. August.

Einen Tag später findet im Stadthaus, Berliner Platz 1, ab 8 Uhr die Auszählung der Stimmen statt. Diese ist öffentlich. Der Bürgerentscheid ist erfolgreich, wenn mindestens zehn Prozent der Abstimmungsberechtigten die gestellte Frage mit Ja beantworten und die Ja-Stimmen die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen ergeben. Sollte das gelingen, hat der Entscheid die Wirkung eines Ratsbeschlusses. (kri)

Nachzulesen ist die Argumentation der Initiativen im Detail unter www.recht-auf-schwimmen.de. Auf der Website ist auch ein Video zu finden, mit dem Kabarettist Konrad Beikircher Werbung für ein Ja im Bürgerentscheid macht.

Die 20-köpfige SPD-Ratsfraktion will für jeden der vier Bonner Stadtbezirke ein öffentliches Hallenbad, „das auch für die Schulklassen und für weniger mobile Menschen gut erreichbar ist“.

Nach Meinung der Genossen ist die Finanzierung eines neuen Wasserlandbades „immer noch unklar“; die bestehenden und „dringend notwendigen“ Hallen- und Schulschwimmbäder gingen sukzessive in die Knie.

Im Übrigen seien die Freibäder trotz gegenteiliger Aussagen des Oberbürgermeisters in ihrem Bestand gefährdet.

Die Fraktion der Linken (fünf Ratsmitglieder) plädiert für in den Stadtvierteln verankerte Bäder für das Schulschwimmen und die Menschen vor Ort. Die Kosten für einen Neubau lägen mit rund 60 Millionen Euro „mehr als doppelt so hoch wie die Kosten der Sanierung von Frankenbad und Kurfürstenbad zusammen“. Investiert werden solle daher lieber in den „längst überfälligen“ Erhalt, die Pflege und Modernisierung der Stadtteilbäder.

Der Bürger Bund Bonn (BBB, vier Stadtverordnete) argumentiert bezüglich der Kosten wie die Linken. Ein neues „Zentralbad“ bedeute das Aus für die ortsnahen Stadtteilbäder und werde weitere Bäderschließungen nach sich ziehen. Das Kurfürstenbad muss nach Ansicht des BBB schnellstmöglich wieder betriebsbereit gemacht werden.

Die jeweils dreiköpfige Allianz für Bonn (AfB) und die Sozialliberalen Bonn werben ebenfalls für den Baustopp – unter anderem wegen „fraglicher Wirtschaftlichkeitsberechnungen“ fürs Wasserlandbad (AfB) und wegen der Notwendigkeit einer bürgernahen Infrastruktur mit kurzen Wegen in den Stadtteilen (Sozialliberale).

Nein im Bürgerentscheid

Zu den Befürwortern des Wasserlandbades gehört die CDU-Ratsfraktion (27 Mitglieder). Ein neues, barrierefreies, ganzjährig geöffnetes Familien-, Schul-, Sport- und Freizeitbad mit zehn Bahnen, drei Kurs- und jeweils einem Erlebnis-, Plansch- und Mehrzweckbecken erweitere die dezentrale Bäderlandschaft Bonns. Außerdem beende es die „unendlichen Diskussionen um Bäderschließungen“ und schaffe mehr Möglichkeiten für das Schulschwimmen.

Die Grünen (16 Ratsmitglieder) loben unter anderem die gute Erreichbarkeit des neuen Schwimmbads mit Fahrrad, Bus und Bahn, seine zentrale Lage und die Barrierefreiheit: „Das Wasserlandbad wird das einzige vollständig barrierefreie Schwimmbad in Bonn sein.“

Letzteres hält auch die siebenköpfige FDP-Ratsfraktion für einen großen Vorteil, zumal Senioren und Behinderte in die Planung einbezogen worden seien. Ohnehin sei der Neubau ein „Bad von Bürgern für Bürger“ – mehr als 2500 Bonner hätten ihre Wünsche und Anforderungen in den Planungsprozess eingebracht. 70 Kinder hätten Rutschen wie „Himmel und Hölle“ geplant.

Oberbürgermeister Ashok Sridharan hat alle Bürger aufgerufen, mit einem Nein im Bürgerentscheid den Weg frei zu machen für das neue Wasserlandbad (www.wasserlandbad.de) „und für eine zukunftsorientierte Bäderlandschaft“. Jetzt und in Zukunft verfüge Bonn über 14 Bäder, verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Denn neben der Dottendorfer Anlage blieben die Beueler Bütt, das Hardtbergbad, das Schul- und Vereinsschwimmbad im Sportpark Nord, fünf Schulschwimmbäder sowie die fünf Freibäder „Rüngsi“, „Friesi“, Ennert-, Melb- und Römerbad erhalten. Für die Nachnutzung des Frankenbades werde unter Beteiligung der Bürger ein Konzept erarbeitet, „das den beliebten Treffpunkt in der Nordstadt erhält“.

Die Kommunalgewerkschaft Komba ist ebenfalls für ein neues Bad. Die vorhandenen Anlagen orientierten sich am Bedarf der Menschen in den 60er und 70er Jahren, etwa 100 Personen arbeiteten in dieser „veralteten Bäderinfrastruktur“, sagt Komba-Chef Christoph Busch. Ein moderner Neubau an einem „attraktiven verkehrsgünstigen Standort“ in Dottendorf sichere auch die Arbeitsplätze der städtischen Mitarbeiter für die nächsten Jahre.

Keine Empfehlung

Die Frankenbadfreunde geben ausdrücklich keine Wahlempfehlung im Bürgerentscheid, sondern rufen stattdessen zu einem „fairen und sachlichen Wahlkampf“ auf. Der Verein sieht inzwischen den Erhalt des Frankenbads als Schwimmbad „aus vielfältigen Gründen nicht mehr als realistisch an“, da im Stadtrat dafür keine Mehrheiten zu erkennen seien und die Befürworter einer Sanierung des Bades zur Schwimmnutzung keine konkreten, umsetzbaren Vorschläge vorgelegt hätten.

Für die Frankenbadfreunde bleibt aber die wichtigste Funktion des Frankenbades als zentraler Begegnungsort erhalten, „wenn kostenlose andere Sportnutzungen und/oder kulturelle Angebote, Vereinsräume und Gastronomie Einzug in das Frankenbad finden“. Eine Nachnutzung hat der Stadtrat ja bereits ins Auge gefasst, falls das Wasserlandbad gebaut wird. Falls nicht, sieht der Verein die Oppositionsparteien, vor allem die SPD, in der Pflicht.

Denn es fehlten hinreichend konkrete Konzepte zur Ausgestaltung der Bestandsbäder. Die Frankenbadfreunde: „Es reicht nicht, einfach nur gegen das neue Schwimmbad und für den Erhalt der Bestandsbäder zu sein.“

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