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Sex-Attacke in BonnAngeklagter glaubte Tat sei „okay“ – „sie hat sich nicht gewehrt“

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Die Staatsanwaltschaft Bonn. (Archivfoto)

Die Staatsanwaltschaft Bonn. (Archivfoto)

Bonn – Grüner Parka, die Kapuze übergestülpt, ein Stapel weißer Papiere schützend vor dem Gesicht: Als die Kameras gestern den Gerichtssaal 0.15 verließen, wurde ein junger Mann sichtbar, der sich furchtbar schämte. Denn dem 28-jährigen Syrer wird vorgeworfen, eine junge Kölnerin in der Nacht zum 11. Juni 2017 auf der Kennedybrücke sexuell überfallen zu haben.

Bei dem Angriff soll der syrische Abiturient mit Talent zum Mixen von antialkoholischen Cocktails sehr rabiat vorgegangen sein. Wegen sexueller Nötigung mit Gewalt muss sich der Mann, der 2012 aus seiner syrischen Heimat wegen des Krieges geflüchtet ist, jetzt verantworten. Die Tat entspricht einer Vergewaltigung.

Bedauern des Angeklagten

Die Scham des Angeklagten ließ am ersten Prozesstag kein „richtiges“ Geständnis zu. Zwar wurde durchaus deutlich, dass er einen großen Fehler gemacht hat, denn er bedauerte die Tat, auch dass die Frau so leiden müsse.

Aber im fast gleichen Atemzug erzählte er, es müsse wohl „Missverständnisse gegeben haben, die mich glauben ließen, sie sei mit Sex einverstanden“. Die Küsse, so sein Eindruck, seien freiwillig gewesen, auch der Versuch sie in einem Gebüsch zu vergewaltigen, schien „okay“ zu sein, „weil sie sich nicht richtig gewehrt hat“.

Richter reagieren fassungslos

Die Bonner Richter reagierten fassungslos auf diese seltsame Mischung aus Schuldeingeständnis und Schönfärberei. Kammervorsitzender Dr. Marc Eumann hielt dem Angeklagten schließlich vor: „Wenn nachts eine Frau um zwei Uhr schreit und um Hilfe ruft, dann ist wohl klar, dass sie nicht will.“

Ein ehrliches Bekenntnis falle seinem Mandanten sehr schwer, vielleicht auch „kulturell bedingt“, versuchte sein Verteidiger Carl Horst Schröder noch einzulenken und mehrfach nachzujustieren.

Tatsächlich muss die Sexattacke für Anja P. (Name geändert) ein Alptraum gewesen sein. Die 25-Jährige kam von einer Party und wollte zu ihren Eltern auf der anderen Rheinseite, als der Mann – so die Vorwürfe der Anklage – sie von hinten packte, ihr versicherte, er wolle ihr nichts tun, er wolle nur Sex haben, auch habe er Kondome dabei. Dann soll er sie einen Treppenabgang der Kennedybrücke heruntergezerrt, sie in ein Gebüsch geschubst, niedergedrückt, sich auf sie gelegt und versucht haben, sie auszuziehen. Als Anja P. schrie, soll er ihr den Mund zugehalten haben.

Ihre verzweifelten Schreie wurden dann aber schließlich doch oben auf der Kennedybrücke gehört. Eine Zeugin wählte den Notruf. Die Polizeibeamten kamen mit Sirenengeheul und noch rechtzeitig, um eine Vergewaltigung zu verhindern.

Unfreiwillig ausgerutscht 

Der Angeklagte flüchtete aus Angst vor einer Festnahme zum Rhein. Allerdings beteuerte der 28-Jährige, er sei nicht in den Fluss gesprungen, sondern unfreiwillig über einen glitschigen Stein reingerutscht. Auch seine Rettung – nach 600 Metern rheinabwärts – durch ein Feuerwehrboot aus den Fluten, will er nicht richtig wahrhaben: „Ich wollte nicht wegschwimmen. Ich war doch schon fast wieder am Ufer“, erzählte er. Schließlich habe er ja nichts getan, also habe es auch keinen Grund gegeben ihn festzunehmen.

Das sahen die Beamten anders: Seit dem Tag sitzt der Angeklagte in der Justizvollzugsanstalt Köln.

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