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Straßenmusik in BonnFür 25 Euro darf gefiedelt werden

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Straßenmusiker gibt es in vielen Städten. Dieser hier in Nürnberg hat eine Mülltonne in sein Schlagzeug einbezogen.

Straßenmusiker gibt es in vielen Städten. Dieser hier in Nürnberg hat eine Mülltonne in sein Schlagzeug einbezogen.

Bonn – Mag es regnen oder ein heftiger Wind wehen – beinahe jeden Tag steht ein Mann aus Russland in diesem Winter in der Bad Godesberger Fußgängerzone und singt. Opernarien zumeist, auch Lieder seiner Heimat, jüngst zur Weihnachtszeit auch deutsches Liedgut. Die Stimme, wahrscheinlich als Bariton ausgebildet, ist durch die Unbilden des Wetters brüchig geworden, manchmal nur krächzend kommen die Töne ans Ohr der Zuhörer. Wenn überhaupt einer stehen bleibt. Nur wenige Münzen liegen in der kleinen blauen Plastikschüssel zu Füßen des Sängers, der dennoch unverdrossen ins Leere schmettert.

Er gehört zu den Straßenmusikern, die das Stadtbild in den Bonner Einkaufsmeilen prägen. Vor allem natürlich in den Sommermonaten, wenn die Menschen in den Freiluftcafés sitzen.

Buntes Programm

Dann holen die Künstler Gitarre oder Blasinstrument aus Hüllen und Kästen, bauen sich vor einem Geschäft oder Lokal auf und spielen. Oft macht es Spaß, für einen Moment bei ihnen zu verweilen. Etwa wenn eine Bläsercombo von professionellen Orchestermusikern aus St. Petersburg zwischen Kaufhof und dem Textilkaufhaus Sinn steht und aus Trompeten und Hörnern das Lied des Escamillo („Auf in den Kampf, Torero“) aus der Oper „Carmen“ in die Menge schleudert. Mancher zuckt da nicht nur das Smartphone, um ein Video des Auftritts zu drehen, sondern gern auch das Portemonnaie. Ein paar Meter weiter fiedelt der Nächste auf seiner Geige; so wird an manchen Tagen die Remigiusstraße zwischen Münsterplatz und Marktbrücke zur Straße der Melodien.

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Gelegentlich nerven die Auftretenden aber auch. Etwa ein Flötist, der zur Sommerzeit auf dem Münsterplatz unentwegt auf dem kleinen Instrument spielte und den Takt mit dem Fuß schlug, um den er ein Bändchen kleiner Glocken gewickelt hatte. Für viele war das keine Musik mehr, sondern störender Lärm, der zu ahnden sei.

Standortwechsel ist Pflicht

Denn eigentlich verstoßen die Straßenmusiker gegen das Landesimmissionsschutzgesetz, können aber eine Ausnahme von der Regel beantragen. Das ist eine Bonner Besonderheit, wie die Stadtverwaltung jetzt in einer Mitteilungsvorlage für die Ratsgremien darlegt. Die Bürgerdienste im Stadthaus erteilen den Künstlern, die sich meistens spontan und nach Blick auf die Wetterkarte zum Auftritt in der Öffentlichkeit entschließen, für zwei Tage eine Spielerlaubnis, für die sie eine Gebühr von 25 Euro bezahlen müssen. Dann dürfen sie sich, ob allein oder als Gruppe, an den entsprechenden Daten von jeweils 9 bis 22 Uhr akustisch betätigen.

Aber es gilt zu beachten: Alle halbe Stunde muss der Standort gewechselt werden, der neue muss außerhalb der Sicht- und Hörweite des vorherigen liegen, und der darf erst wieder nach zwei Stunden in Anspruch genommen werden. Wer die Pflasterbühne nutzen will, um nicht nur Geld zu sammeln, sondern um auch Tonträger feilzubieten, darf nur eigenproduzierte CDs verkaufen.

Genehmigungen sind rar

Zum Schutz der Anwohner verboten sind Trommeln und Schlaginstrumente; hat einer einen Verstärker dabei, dem zieht das Ordnungsamt den Stecker. Pro Tag werden für jeden Stadtbezirk nur jeweils drei solcher Genehmigungen ausgestellt, während des Weihnachtsmarktes in Bonn nur eine, in Bad Godesberg zur Zeit des Nikolausmarktes überhaupt keine.

2016 wurden nach seinen Angaben 486 Genehmigungen erteilt, 534 in 2017 und im vergangenen Jahr 614. Es habe keine Klagen über Musiker gegeben, die sich ordnungsgemäß haben registrieren lassen, „allerdings kommt es vereinzelt zu Beschwerden gegen nicht erfasste und genehmigte Musikdarbietungen“, so Dick. Er stellt nach Gesprächen mit den Open-Air-Künstlern fest, dass „die Regelungen im Sinne der gegenseitigen Rücksichtnahme funktionieren“.

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